• 24.09.2015 10:35

  • von Dominik Sharaf

"Platz zehn haut mich nicht um": Jenson Button vor Rücktritt?

Der Ex-Weltmeister scheint frustriert von McLarens Dauerkrise und könnte nicht mehr Herr seine Schicksals sein - Kollegen würden ein Karriereende bedauern

(Motorsport-Total.com) - Schon im vergangenen Winter stand Jenson Button kurz davor, seine aktive Formel-1-Karriere zu beenden. Kritische Stimmen würden formulieren: Er stand kurz davor, sie beenden zu müssen. Im Herbst 2015 zeichnet sich erneut der Rücktritt des 35-Jährigen ab, zumal die sportliche Perspektive bei McLaren-Honda auf absehbare Zeit trübe ist. Seinen Charme hat Button nicht verloren: "Was ich heute noch vorhabe?", antwortet er lächelnd auf eine Zukunftsfrage in der FIA-PK. "Ich kann nichts Neues verkünden."

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button schaut etwas zerknirscht drein: Wirft er schon bald das Handtuch? Zoom

Der Rest sind Floskeln, die das ewig wiederkehrende Geduldsspiel befeuern, das es in Formel-1-Personalfragen gibt. "Wir werden uns noch etwas gedulden müssen, aber wir befinden uns in guten Gesprächen", wiegelt Button ab und lässt sich alle Optionen offen: "Es gibt viele Möglichkeiten für 2016." Gemeint scheinen ein Rücktritt vom Motorsport, ein Engagement in einer anderen Serie wie der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) oder ein weiteres Jahr in Woking, wie es im vertraglich zugesichert ist.

Fraglich aber, ob es nicht doch Klauseln gibt, die Button die alleinige Kontrolle bezüglich seiner Zukunft entziehen. Doch tut er sich die McLaren-Farce als verdienter Ex-Weltmeister wirklich an? Die Motivationskurve scheint längst einen Abwärtsknick genommen haben, weil der Bolide 2015 mit Honda-Power schleicht oder streikt. Freude am Fahren sieht in der Königsklasse anders aus: "Jeder Pilot hat Spaß daran, um Siege zu kämpfen. Deswegen machen wir das", unterstreicht der Brite.

Parallele Engagements zur Formel 1 kommen nicht infrage

"Ich mag nicht mehr auf den 14. Platz fahren, sondern Zehnter werden, aber das ist nicht das, was mich vom Hocker reißt oder was ich genießen würde", so Button weiter. Eine mögliche Formel-1-Zukunft müsse die Perspektive bieten, wieder bei der Vergabe der Pokale ein Wort mitzusprechen, stellt er klar. Button wagt es, sogar noch höhere Ziele anzudeuten, wenn er an die erfolgreichen Tage mit BAR und dem Honda-Werksteam zurückdenkt: "Um die WM zu kämpfen, haben wir nie geschafft."


Fotostrecke: Die Formel-1-Karriere des Jenson Button

Klappt das mit McLaren trotz des desolaten Starts in die Partnerschaft doch noch? "Jetzt zählt es für Honda und sie geben alles, um es zu schaffen. Hoffentlich erleben wir es eines Tages wieder." Klar scheint nur, dass in Buttons Karriere die Formel 1 ausschließlich als alleinige Verpflichtung infrage kommt. Das Modell Nico Hülkenberg mit parallelem WEC-Engagement schließt er aus: "Mit so einem Kalender gibt es nicht viele freie Wochenenden - gerade, wenn man eines ohne Motorsport genießen will."

Er schließt es aus, für Porsche, Audi, Toyota oder Nissan parallel LMP1-Einsätze, zum Beispiel bei den 24 Stunden von Le Mans, zu fahren: "Ich kann es mir nicht vorstellen, dafür ist der Zeitplan für die Piloten zu straff. Es würde nicht funktionieren." Fraglich, ob sich überhaupt die Möglichkeit bietet, schließlich handelte sich Button vor einigen Monaten bei einigen Herstellern trotz Interesse eine Absage ein. Andere Teams in der Formel 1 stehen ohnehin nicht zur Debatte, weil die guten Cockpits bezogen sind.

Marc Surer: "Ich hätte längst das Handtuch geworfen!"

Jenson Button

Wird aus dem McLaren-Honda eines Tages noch ein Siegerauto werden? Zoom

Im Paddock würde ein möglicher Button-Abschied mit Bedauern aufgenommen. Sebastian Vettel findet: "Es wäre sicher ein Verlust. Er ist ein Charakterkopf und schnell, ein Weltmeister und ein fairer Kerl auf sowie abseits der Strecke." Der Ferrari-Star traut es dem Mann aus Frome, dem vor seinem Titel häufig mangelnder Killer-Instinkt nachgesagt wurde, weiter zu, Topleistungen zu bringen: "Hat er das Paket, um zu gewinnen, würde er eine gewaltige Rolle spielen", ist sich Vettel sicher.

Marc Surer glaubt, dass Button bei McLaren der Geduldsfaden reißen könnte: "An seiner Stelle hätte ich längst das Handtuch geschmissen! Nach den guten Jahren hinterherzufahren, tut weh." Der 'Sky'-Experte erwähnt, dass nicht einmal ein dicker Gehaltsscheck ein Trost ist: "Es schmerzt, ihm in dieser Situation zu sehen. Bei Fernando Alonso kann man es noch verstehen. Er verdient bei McLaren wenigstens viele Millionen. Dass Jenson sich das noch antut... Ich würde verstehen, wenn er zurücktritt."

Für Kritik an einer immer farbloseren Generation der Formel-1-Piloten nutzt die Diskussion um einen Button-Rücktritt der frühere Grand-Prix-Sieger John Watson im Gespräch mit 'Sport360': "Das Paddock wäre ein noch weniger angenehmer Ort. Abgesehen von seinen Qualitäten als Rennfahrer bringt er weitere mit, die fehlen würden: Bescheidenheit und Persönlichkeit", lautet das dicke Lob für Button. Laut Watson gehört er zu einer bedrohten Spezies. "Es mangelt an etwas, dass man charismatische Charaktere nennen könnte."