• 08.09.2012 09:13

  • von Rencken, Nimmervoll, Ziegler & Hust

Pirelli hält Ein-Stopp-Strategie für realistisch

Pirelli und die Fahrer sind sich einig: In Monza ist ein Ein-Stopp-Rennen möglich, und die Reifen auf Temperatur zu bringen, ist nicht ganz einfach

(Motorsport-Total.com) - Im Gegensatz zum Dauerregen, der am vergangenen Freitag das Freie Training zum Großen Preis von Belgien prägte, herrschten am Freitag in Monza bereits Außentemperaturen von 28 Grad Celsius, als die Wagen erstmals auf die Strecke fuhren. Dort betrugen die Temperaturen sogar 40 Grad Celsius.

Titel-Bild zur News: Pirelli-Reifen

Pirelli achtet gerade beim Heimrennen penibel darauf, dass alles glatt läuft... Zoom

Für den harten P Zero Silver und den mittelharten P Zero White bedeutete dies schwere Arbeit auf dem schnellsten Circuit der Saison, auf dem im vergangenen Jahr eine Topgeschwindigkeit von 347 km/h erzielt worden war.

Die konstanten Witterungsbedingungen ermöglichten es den Fahrern, am Freitag beide Mischungen zu testen. In Vorbereitung auf das Qualifying und das Rennen sammelten sie für jede Slickmischung Daten bei hoher und geringer Tanklast. Diese Informationen sind entscheidend für das Festlegen der Rennstrategie, die wiederum maßgeblich für das erfolgreiche Abschneiden beim Rennen am Sonntag sein wird.

Am Morgen fuhren die Piloten ausschließlich den harten Slick. Michael Schumacher von Mercedes war mit 1:25.422 Minuten der Schnellste auf dem P Zero Silver. Damit lag er drei Zehntelsekunden vor dem Sieger des Großen Preises von Belgien, Jenson Button (McLaren).

Als es am Nachmittag noch wärmer wurde, wechselte das Caterham-Duo Heikki Kovalainen und Witali Petrow als erste auf die Medium-Slicks. Zur Hälfte der zweiten Trainings-Session folgte das Gros der führenden Teams ihrem Beispiel, um die Bedingungen während des Qualifyings zu simulieren.

Ferrari-Pilot Fernando Alonso war für einige Minuten Zeitschnellster, bevor er 40 Minuten vor Trainingsende von Button überflügelt wurde. Der wiederum musste sich am Ende seinem Teamkollegen Lewis Hamilton geschlagen geben. Mit den Medium-Slick P Zero White fuhr Hamilton mit 1:25.290 Minuten die Bestzeit der Session.

Zwei Premieren gab es beim Freien Training: Ma Qing Hua ist der erste chinesische Pilot, der an einem Formel-1-Rennwochenende teilnimmt. Er startet für HRT. Zudem gab Jerome d'Ambrosio sein Wettkampf-Debüt für Lotus. Beide hielten sich gut und kamen bei ihrem ersten freien Training mit Pirelli Reifen schnell auf hohe Geschwindigkeiten.

Reifenunterschied nur marginal

Pirellis Motorsport Direktor Paul Hembery kommentiert: "Trotz der für Monza typisch hohen Temperaturen boten unsere Reifen eine sehr gute Vorstellung. Bei höherer Haltbarkeit lieferte der harte Reifen fast die gleiche Performance wie der Medium-Slick. Es könnte also sein, dass wir im Qualifying verschiedene Taktiken sehen werden."

"Und beim Rennen mag sich der eine oder andere Fahrer sogar für eine Ein-Stopp-Strategie entscheiden. Das war vor einer Woche in Belgien bei gleicher Reifennominierung der Schlüssel zum Erfolg. Obwohl es auf der Strecke in Monza zahlreiche Passagen gibt, in der die Reifen enorm belastet werden, war die Verschleißrate heute insgesamt sehr gut. Etliche Fahrer erzielten daher ihre schnellsten Zeiten zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt."

Ein Stopp ist realistisch

Vettel pflichtet dem Reifenexperten bei: "Wir haben da noch nicht genug Arbeit verrichtet. Da ist noch etwas zu tun. Ich denke aber, die Reifen sollten gut genug sein, dass wir im Rennen mit einem Stopp durchkommen."

"Wir haben einige sehr lange Runs auf beiden Mischungen gesehen. Wir können daher von Anfang bis Ende Volldampf-Racing erwarten. Also das, wofür unser Heimrennen in Monza berühmt ist. Zumal erstmals seit langer Zeit ein komplett trockenes Rennwochenende prognostiziert wird. Diese Bedingungen geben allen Teams die Möglichkeit, mit einer Fülle wichtiger Daten ins Rennen zu gehen."

Aufwärmen der Reifen nicht ganz einfach

Hembery rechnet damit, dass im Qualifying die weicheren Gummis zum Einsatz kommen: "Wenn die weicheren Reifen einen Vorteil von nur einem Zehntel bieten werden, dann werden sie diese Pneus verwenden. Im Qualifying geht es schließlich so eng zu. Der Unterschied scheint zwischen 0,3 und maximal 0,5 Sekunden zu betragen. Du musst also schier die mittlere Mischung einsetzen."

Interessanter Aspekt am Rande: Die schnellste Runde kam nicht gleich beim ersten Versuch zustande: "Das war ziemlich interessant. Die Zeiten kamen erst in der zweiten oder dritten Runde. Das könnte interessant werden, wenn man die Benzinladung bedenkt, mit der die Fahrzeuge in die Qualifikation gehen."

"Hier ist es schwierig, die Reifen richtig anzuwärmen", untermauert Rosberg. "Vor allem beim harten Reifen gibt es da ziemliche Probleme, daher ist dieser Reifen in der ersten schnellen Runden viel langsamer. Die Reifen sind ziemlich am Limit. Dazu kommt, dass es sehr eng ist, auch das macht es schwierig. Das Aufwärmen der Reifen ist vor allem rechts vorne schwierig."

Die Mischungen nehmen sich nicht viel

"Recht wenig Unterschied" bescheinigt der Mercedes-Pilot den beiden Mischungen. "Die härtere Mischung ist schwieriger aufzuwärmen. Wir sind aber erst am Ende mit den härteren Mischungen die Zeiten gefahren, wo man wenig Sprit hat. Mit der weichen Mischung sind wir in Runde eins gefahren, und da besteht schon ein recht großer Unterschied."

Vorjahressieger Sebastian Vettel von Red Bull startete von der Pole-Position in den Grand Prix von Italien, den er mit einer Zwei-Stop-Strategie gewann. Auf dem ersten Startplatz zu stehen, ist in Monza ein großer Vorteil. So siegten seit 2000 neun Fahrer, die von der Pole gestartet waren.

Angst vor Blasen: Pirelli geht kein Risiko ein

Wie der Brite verrät, überlegte man im Vorfeld, dieses Jahr die zugeordneten Reifentypen zu ändern: "Wir hatten uns ein paar Sorgen gemacht, weil es in diesem Jahr schon ein, zwei Teams gab, die Probleme mit Blasenbildung hatten. Wir wollten daher einfach auf der sicheren Seite sein. Unser Büro befindet sich nur einen Steinwurf von der Strecke entfernt und wir haben hier richtig viele Gäste. Und bei deinem Heimrennen willst du auf keinen Fall Schwierigkeiten haben."

"Wir können uns hier in Monza halt keine Situation erlauben, in der manche Teams vielleicht nicht wissen, wie sie angesichts von Blasenbildung und dergleichen das Rennen bestreiten sollen. Und Monza ist nun einmal eine Strecke, die für Probleme bei den Reifen sorgt - in allen Rennklassen. Das wird jeder in diesem Geschäft bestätigen."

"Du bremst aus so hohen Geschwindigkeiten herab. Da überhitzen die Reifen rasch und werfen Blasen. Außerdem können wir nicht mit den Autos testen, wir konnten sie nicht vorab hierher bringen, wir konnten es auch nicht simulieren. Deshalb wählten wir eine eher vorsichtige Herangehensweise."