• 18.06.2014 12:19

  • von Stefan Ziegler

Österreich-Vorschau: Wie gut ist Red Bull auf der Hausstrecke?

Die Favoriten unter der Lupe: Mit einem Sieg im Rücken zum Heimrennen nach Spielberg, aber kann Red Bull Mercedes erneut eine Niederlage zufügen?

(Motorsport-Total.com) - Red Bull hat wieder gewonnen. Erstmals in dieser Formel-1-Saison. Und genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn eine bessere Werbung für das bevorstehende Red-Bull-Heimrennen in Spielberg hätten sich die Beteiligten nicht wünschen können. Die bisherige Dominanz von Mercedes ist gebrochen, Red Bull siegt wieder - aber was heißt das für das Comeback des Österreich-Grand-Prix'?

Titel-Bild zur News: Red-Bull-Ring, Spielberg

Im Zeichen des Bullen: Spielberg ist die Heimstrecke des Red-Bull-Rennstalls Zoom

Zunächst einmal nicht sehr viel. Denn in den Gesamtwertungen der Formel 1 hat sich durch den überraschenden Erfolg von Daniel Ricciardo (Red Bull) beim Großen Preis von Kanada in Montreal nichts Entscheidendes verändert: Mercedes führt mit 258 Punkten weiter souverän vor Red Bull (139) bei den Konstrukteuren, in der Fahrertabelle liegen Nico Rosberg (140) und Lewis Hamilton (118) klar vorn.

Auf Rang drei, mit nun 79 Punkten, folgt Ricciardo als bester Verfolger des Mercedes-Duos, dahinter komplettieren Fernando Alonso (Ferrari/69), WM-Titelverteidiger Sebastian Vettel (Red Bull/60), Nico Hülkenberg (Force India/57), Jenson Button (McLaren/43) und Valtteri Bottas (Williams/40) die Top 8. Adrian Sutil (Sauber), der vierte Deutsche in der Formel 1, belegt ohne Punkte den 17. Gesamtrang.

Hamilton nach zweitem Ausfall in Zugzwang

Im Gegensatz zu Hamilton kam Sutil in Kanada aber über die Distanz. Für Hamilton war es der zweite herbe Rückschlag in dieser Saison: Bei seinem Ausfall in Australien siegte Rosberg, dieses Mal wurde er Zweiter. Erneut hat Hamilton so wichtige Punkte verloren, liegt nun 22 Zähler zurück und steht noch mehr unter Druck. Und nicht vergessen: Auf Österreich folgt Großbritannien, sein Formel-1-Heimrennen.


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Doch das ist für die Akteure noch in weiter Ferne, wenngleich der WM-Zweikampf zwischen Hamilton und Rosberg bereits seit geraumer Zeit das bestimmende Thema im Fahrerlager ist. Wer macht denn am Ende das Rennen? 56 Prozent rechnen mit Rosberg, 44 Prozent mit Hamilton. Das ist zumindest das Ergebnis einer Umfrage von 'Motorsport-Total.com', bei der rund 3.000 Stimmen abgegeben wurden.

Und in der Tat scheint Rosberg das Heft wieder in die Hand genommen zu haben - mit seinem Sieg in Monaco und der Punktefahrt in Montreal. Doch Hamilton zeigt sich kämpferisch. "Ich habe schon vorher aufgeholt und ich kann es wieder schaffen", sagt der Mercedes-Fahrer. "Ich benötige aber erneut vier Siege, um den Rückstand aufzuholen (wenn Rosberg immer Zweiter wird; Anm. d. Red.)."

Beginnt in Spielberg wirklich jeder bei null?

Der nächste "Krieg der Sterne" scheint also vorprogrammiert zu sein: Hamilton muss gewinnen, um den Anschluss wieder herzustellen. Und auch Rosberg plant den nächsten Erfolg, nachdem er beim Kanada-Grand-Prix noch abgefangen wurde. "Ich freue mich auf das nächste Rennen in Österreich und eine Chance, wieder auf die Siegerstraße zurückzufinden", hält der deutsche Rennfahrer fest.

"Grundsätzlich", so Rosberg weiter, "beginnt dort aber jeder bei null." Doch das stimmt nicht ganz: Aus dem aktuellen Formel-1-Starterfeld haben schon vier Piloten Grands Prix in Österreich bestritten. Neben Alonso und Button sind dies Felipe Massa (Williams) und Kimi Räikkönen (Ferrari). Allerdings ist es keinem der Genannten bisher gelungen, sich in die Siegerlisten von Spielberg einzutragen.

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass das in diesem Jahr so bleibt. Denn die 4,326 Kilometer lange Strecke in der Steiermark scheint wie gemacht zu sein für Mercedes. Es gibt einige Geraden, dazu harte Bremszonen, und der Spritverbrauch wird als "hoch" eingestuft. All dies dürfte dem Mercedes-Antriebsstrang in die Karten spielen. Zumindest theoretisch, denn vor Defekten ist niemand gefeit.

Mercedes wähnt sich noch nicht am Ziel

Das hat Mercedes in Kanada erfahren, aber umgehend darauf reagiert, wie Sportchef Toto Wolff versichert: "Ein kleiner Defekt an einem in dieser Saison ansonsten extrem zuverlässigen Paket hat sich als äußerst schädlich erwiesen. Wir haben sofort Maßnahmen ergriffen, um dies zu analysieren, zu verstehen und sicherzustellen, dass dies nicht noch einmal passiert", erklärt der Österreicher.


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In jedem Fall wähne er sich und seine Mannschaft noch nicht am Ziel. "Es liegt noch ein langer Weg vor uns: Noch sind zwölf Rennen zu fahren - oder sogar dreizehn, wenn man das letzte Rennen mit der doppelten Punktevergabe einrechnet", meint Wolff. Der Titelkampf sei also "noch lange nicht" entschieden. "Das vergangene Rennen hat gezeigt, wie schnell sich die Dinge ändern können."

Doch für Red Bull wäre ein weiterer Sieg über Mercedes fast zu schön, um wahr zu sein - am Red-Bull-Ring, vor heimischer Kulisse, beim Grand Prix von Dietrich Mateschitz. Keine Frage: Da sind für Vettel und Co. viele Emotionen im Spiel. "Für mich und mein Team ist es eine Ehre, einen Grand Prix am Red-Bull-Ring fahren zu dürfen", sagt Vettel und merkt an: "Ich bin mir sicher, das beflügelt uns."

Ricciardo nicht erst seit Kanada in bestechender Form

Zumindest sein Teamkollege Ricciardo scheint in blendender Verfassung zu sein: drei Podestplätze in den jüngsten drei Rennen, darunter sein erster Sieg in der Formel 1. Und auch Vettel hat sich seit Platz sechs in Bahrain kontinuierlich gesteigert: Fünfter in China, Vierter in Spanien, Dritter in Kanada. Dazwischen, in Monaco, hat aber auch er - wie Hamilton - seinen zweiten Saisonausfall erlitten.

Ein Muster an Konstanz ist dagegen weiter Hülkenberg mit Force India: Der Deutsche ist einer von nur drei Piloten im Feld, die bisher in jedem der sieben Rennen gepunktet haben. Nur WM-Spitzenreiter Rosberg und Alonso haben das ebenfalls geschafft. Und nach insgesamt vier fünften Plätzen scheint Hülkenberg durchaus am Treppchen zu schnuppern, genau wie zuletzt McLaren-Pilot Button in Montreal.

Doch McLaren-Rennleiter Eric Boullier will dieses jüngste Ergebnis nicht überbewertet wissen: "Jensons vierter Platz in Kanada war eher das Resultat einer guten Strategie und seines hungrigen, opportunistischen Auftritts als eine Verbesserung der allgemeinen Leistung des Autos." Strategisch bietet sich beim Österreich-Comeback der Formel 1 aber voraussichtlich nicht sehr viel Spielraum.

Kaum Chancen für die Außenseiter im Trockenen

Reifenlieferant Pirelli stellt in Spielberg die Mischungen Soft und Supersoft zur Verfügung, also die weichsten Pneus, die das Sortiment zu bieten hat. "Nach unseren Analysen glauben wir, dass diese Mischungen den besten Kompromiss zwischen Leistung und Grip liefern werden", so Pirelli-Sportchef Paul Hembery. "Wir gehen im Rennen von zwei Boxenstopps aus." Sofern es trocken bleibt am Red-Bull-Ring.

Mit sommerlichen Temperaturen um 20 bis 25 Grad Celsius ist dort am Wochenende zu rechnen, vielleicht auch mit einem kurzen Regenschauer am Freitag. Große Wetterkapriolen sind indes nicht zu erwarten. Was die Aussichten für die Formel-1-Nachzügler um Lotus, Marussia, Sauber und Caterham nicht sehr zuversichtlich stimmen dürfte. Sie könnten in Spielberg wohl nur im Nassen überraschen.


Fotos: Formula Unas beim Fotoshooting


Berechtigte Chancen auf ein Topergebnis dürfen sich neben den Mercedes- und Red-Bull-Fahrern wohl am ehesten noch die Force-India-Piloten ausrechnen. "Wir sind in einer guten Position", meint Hülkenberg, der am Streckenverlauf in Spielberg Passagen ausmacht, "die uns entgegenkommen sollten. Und wir zählen darauf, dass wir das Beste aus den weichen Reifen herausholen können - wie in Kanada."

Dort lag Perez in der Schlussphase des Rennens auf Podestkurs, ehe es zu einem Techtelmechtel mit Williams-Fahrer Massa kam, was in einem heftigen Unfall mündete. Dergleichen ist auch in Spielberg nicht ausgeschlossen: Viele enge Kurven verleiten zu einem Angriff am Ende der Geraden. Und am Red-Bull-Ring gibt es auch noch Kiesbetten. Nicht nur die könnten am Sonntag für Spannung sorgen...