• 21.06.2015 13:00

  • von Ryk Fechner

Neuauflage des Mercedes-Juniorteams? Nicht in der Formel 1

Teamchef Toto Wolff kann sich kaum vorstellen, eine Formel-1-Juniormannschaft aufzubauen - es sei zu viel Risiko, das in der Königsklasse selbst zu tun

(Motorsport-Total.com) - Red Bull exerziert es schon seit Jahren vor: 2005 übernahm man das Minardi-Team und formte daraus das hauseigene Juniorteam Toro Rosso, das ab 2006 antrat. Das Prinzip ist bekannt: Junge, talentierte Fahrer werden an Bord geholt und fit gemacht für den Sprung ins A-Team, wo sie hoffentlich um die Formel-1-Weltmeisterschaft mitkämpfen. Wie das gehen kann, stellte Sebastian Vettel mit seinen vier Titeln von 2010 bis 2013 unter Beweis. Auch andere talentierte Fahrer gehen bei Toro Rosso - mal mehr und mal weniger erfolgreich - ein und aus. Doch das Juniorteam-Konzept haben die "Bullen" um Didi Mateschitz nicht erfunden.

Titel-Bild zur News: Toto Wolff

Die Mercedes-Führung rekrutiert für die Formel 1 lieber erfahrene Piloten Zoom

In den 1980er- und frühen 1990er-Jahren kooperierten Sauber und Mercedes in der Gruppe C und nahmen an der Sportwagen-Weltmeisterschaft teil. Die Boliden wurden genutzt, um junge Talente für die Formel 1 fit zu machen. Die prominenteste Fahrerbesetzung stammt aus den Jahren 1990 und 1991: Karl Wendlinger, Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher teilten sich das Cockpit. Wendlinger wurde später FIA-GT-Weltmeister, Frentzen gewann Formel-1-Rennen, Schumacher brach nahezu alle Rekorde in der Königsklasse.

Mercedes-Talentschmiede außerhalb der Königsklasse

Ähnliche Wege wie Red Bull zu gehen und gleich ein ganzes Formel-1-Team zu kaufen, kann sich Mercedes-Sportchef Toto Wolff derweil nicht vorstellen. "In der Formel 1 kann ich es mir nicht erlauben, Risiken einzugehen. Ich muss die schnellsten Jungs im Auto haben - und um die besten Jungs im Auto zu haben, brauchen sie Erfahrung. Also werde ich nie jemanden nehmen, der keine Erfahrung hat", führt der Österreicher gegenüber 'The Independent' aus.

Mit Fahrertalenten in den eigenen Reihen ist Mercedes derzeit ohnehin gesegnet: DTM-Pilot Pascal Wehrlein bestreitet Formel-1-Testfahrten und schrubbt fleißig Simulatorstunden. Auf Esteban Ocon, den Gesamtsieger der Formel-3-EM 2014 hat man eine Option. Das 33 Fahrer starke Feld sei für ihn ohnehin die Serie, in der sich Wolff nach Talenten umsehe.

Wolff: "Wollen nicht zu viele Kids in den Rennautos haben"

"Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass die besten aus der Formel 3 kommen und das ist vielleicht die Serie, die ich am ehesten verfolgen würde", findet er. Diese Einschätzung steht jedoch im Widerspruch zur Auffassung aktueller Piloten in der Königsklasse. Für Sebastian Vettel, Daniel Ricciardo und Carlos Sainz stellt die Formel Renault eine höher einzustufende Kategorie dar. Alle drei durchliefen die Formel Renault und empfanden sie als gute Vorbereitung auf die Formel 1.

Michael Schumacher, Peter Sauber, Karl Wendlinger

Das Gruppe-C-Juniorteam von Peter Sauber: Michael Schumacher, Karl Wendlinger und Frentzen Zoom

Wolff habe andere Pools, um sich talentierte Fahrer an Bord zu holen. Außerdem gibt es für den 43-Jährigen noch einen anderen Grund, die Formel 1 nicht mit Juniorfahrern zu bestücken. "Ein Formel-1-Fahrer sollte jemand sein, zu dem man aufschaut, ein Held, ein Gladiator. Und ich bin mir nicht sicher, ob wir eigentlich zu viele Kids in den Rennautos haben wollen, denn die sind nicht so inspirierend wie ältere, etabliertere Piloten", meint er damit die Verpflichtung des 17-jährigen Max Verstappen bei Toro Rosso.

"Nichtsdestotrotz glaube ich, dass ein außergewöhnliches Talent Zugang zur Formel 1 haben sollte. Ich denke, dass Max Verstappen ein absolut außergewöhnliches Talent ist, der es verdient hat, in der Formel 1 zu sein", zollt Wolff ihm dennoch Respekt.


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