• 08.05.2011 17:47

  • von Stefan Ziegler

Mercedes: "Wir haben uns verbessert"

Bestandsaufnahme bei Silber: In der Qualifikation kommt das Team besser zurecht als im Rennen - Nico Rosberg holt erneut zahlreiche WM-Punkte

(Motorsport-Total.com/Sky) - Licht und Schatten lagen bei Mercedes in Istanbul sehr eng beieinander, denn sowohl im Qualifying als auch im Rennen brachten die beiden Silberpfeil-Fahrer unterschiedliche Ergebnisse zustande. In beiden Fällen wusste Nico Rosberg zu überzeugen, wohingegen Michael Schumacher zweimal hinter den Erwartungen zurückblieb. Insgesamt darf Mercedes das Türkei-Wochenende aber positiv sehen.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg, Felipe Massa

Nico Rosberg mischte in der Türkei im Konzert der Großen mit und wurde Fünfter

Dies ist vor allem Rosberg und dessen fahrerischer Leistung zu verdanken, die Mercedes nicht nur den dritten Startplatz, sondern auch den fünften Rang im Rennen einbrachte. Schumacher, von Position acht aus losgefahren, kam nach einer früheren Kollision mit Witali Petrow (Renault) nicht über Platz zwölf hinaus und sammelte im vierten Formel-1-Rennen des Jahres keine weiteren Zähler.

Mercedes-Sportchef Norbert Haug sieht die Berührung mit Petrow allerdings als "Rennunfall" und beschreibt diese Szene folgendermaßen: "Petrow stach in die Lücke und das ist auch sein Recht. Michael hätte vielleicht ein bisschen aufmachen können. Da ging aber der Vollblut-Racer in ihm durch und er wollte sich einfach verteidigen. Das kann vorkommen", gibt der Deutsche zu Protokoll.

Schumacher schon früh gehandicapt

"Für Michaels Rennen war das sicherlich entscheidend. Im Anschluss büßte er zu viel an Zeit ein, weil er in dieser frühen Phase einen ungeplanten Stopp einlegen musste. Danach fuhr er längere Stints mit seinen Reifen. Ansonsten wäre ein Punkterang drin gewesen", meint Haug. "So kam er halt auf Rang zwölf ins Ziel." Was im Umkehrschluss bedeutete: Die silbernen Hoffnungen hingen an Rosberg.

"Da ging aber der Vollblut-Racer in ihm durch und er wollte sich einfach verteidigen." Norbert Haug

Dieser enttäuschte die Teamleitung nicht, sondern bot den Zuschauern eine gute Show. Den zweiten Platz, den sich Rosberg beim Start gegen Mark Webber (Red Bull) erkämpft hatte, konnte der 25-Jährige aber nicht ins Ziel retten. Position fünf und zehn weitere WM-Punkte wertet der deutsche Rennfahrer jedoch als Erfolg. Vor allem im Hinblick auf den jüngsten Aufwärtstrend seines Teams.

Im Rennen habe er nur bedingt etwas nach vorne ausrichten können, doch "im Qualifying ging es schon viel besser", findet Rosberg und stellt zufrieden fest: "Der Aufwärtstrend ist da." Mit einem fünften Platz hinter den Topteams "muss man jetzt schon leben können", auch wenn man sich insgeheim vielleicht ein bisschen mehr ausgerechnet hatte. Auch Haug zieht ein positives Fazit.¿pbvin|512|3653|inside|0|1pb¿

Haug sieht Silber auf dem Vormarsch

"Wer annimmt, dass man innerhalb von sechs Wochen aus dem Mittelfeld an die Spitze fährt, der hat einfach nicht richtig aufgepasst", sagt der Mercedes-Sportchef. "Wir müssen uns Schritt für Schritt annähern und wir haben uns verbessert. Das steht außer Frage. Wir sind sicher besser platziert als noch vor sechs Wochen." Zu den Kandidaten für den Sieg dürfe man die Silberpfeile nicht zählen.

"Daran war vor einem Monat noch gar nicht zu denken. Heute gelang es." Norbert Haug

"Natürlich werden Hoffnungen geweckt, wenn man am Start gleich einen Red Bull überholt. Daran war vor einem Monat noch gar nicht zu denken. Heute gelang es", meint Haug und merkt an: "Das Tempo der Konkurrenz war aber noch besser. Wir fahren noch nicht um die WM." Schon in Barcelona will das Team den Rivalen allerdings näher auf die Pelle rücken. Haug hofft dort auf einen "kleinen Schritt".

"Das braucht aber seine Zeit, denn die anderen verbessern sich ebenfalls", gibt der Deutsche zu bedenken. "Fakt ist: Wir waren schon 1,5 Sekunden von der Pole-Position weg. Jetzt war es etwas mehr als eine halbe Sekunde. Die Richtung stimmt also. Wer jetzt nicht die Ruhe bewahrt und nicht weiter hart arbeitet, der kommt nicht weiter nach vorne. Wir werden aber nach vorne gelangen."

Die Strategie war anders, aber richtig

Im Großen Preis der Türkei ging es für beide Mercedes-Fahrer jedoch hauptsächlich zurück. Für Schumacher, weil er schon früh einen Notstopp einlegen musste, für Rosberg, weil das Tempo im Rennen nicht ganz so gut war, wie erhofft. "Die Fahrer Vettel, Webber, Alonso und Hamilton waren für uns heute aber nicht zu schlagen", stellt Haug klar. "Man muss das schon richtig analysieren."

"Ich bin überzeugt davon, dass wir eine gute Strategie hatten." Nico Rosberg

Man habe bei Rosberg bewusst auf eine andere Taktik gesetzt und den 25-Jährigen zwischendurch mit harten Pneus auf die Strecke geschickt, während die Konkurrenz auf weichen Reifen fuhr. "Wir haben da richtig clevere Jungs, welche sich um die Strategie kümmern. Deswegen bin ich überzeugt davon, dass wir eine gute Strategie hatten", hält Mercedes-Pilot Rosberg rückblickend fest.


Fotos: Mercedes, Großer Preis der Türkei


"Wenn man bedenkt, dass ich knapp hinter Hamilton, aber vor Button ins Ziel kam, dann passt das schon." Zumal Teamchef Ross Brawn offenbar von Anfang an mit einem schwierigen Rennen gerechnet hatte, wie er der 'BBC' verrät: "Wir wussten, dass wir bei hoher Spritladung ein bisschen verwundbar sein würden." Es gelte daher, zu überlegen, wie die Prioritäten zu setzen seien.

Im Renntrimm gibt es noch Defizite

"Wir gingen ins Rennen und unsere Reifen warfen schon nach kurzer Zeit einige Blasen. Aus diesem Grund fielen wir etwas zurück. Als das Benzingewicht sank, wurde unser Tempo wieder besser. Im Training hatten wir dieses Problem nicht erkannt. Ich denke, klar ist: Das Qualifying ist nicht so entscheidend. Das Rennsetup und die Anzahl der frischen Reifensätze sind das wirklich Wichtige."

"An diesem Wochenende konnte man wirklich vieles lernen." Ross Brawn

"An diesem Wochenende konnte man wirklich vieles lernen", findet der Mercedes-Teamchef und Rosberg ergänzt: "Von der Blasenbildung habe ich nichts mitgekriegt. Mein erster Reifensatz baute allerdings extrem ab. Erst gingen meine Hinterreifen in die Knie, dann ließen die Vorderreifen nach. Die Reifen litten wirklich sehr. Insgesamt war es aber ein positives Wochenende für uns, denke ich."

"Wir kommen voran, werden stärker und wissen, dass wir uns noch immer steigern können", erklärt der junge Deutsche. "Wir hatten hier nicht viele Updates am Auto, also wird damit noch einmal ein gewisser Schub erfolgen. Wir wissen jetzt außerdem, wie wir das Rennen angehen müssen. Im Qualifying läuft es schon gut, doch im Rennen kämpfen wir noch. Daraus müssen wir lernen."