• 26.10.2008 12:03

Massa: Der Druck lastet auf Hamilton

Felipe Massa spricht ausführlich über das WM-Duell bei seinem Heimrennen, seinen Vorbereitungen und das Überholmanöver gegen Kimi Räikkönen in China

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton vs. Felipe Massa - einmal mehr wird die Formel-1-Meisterschaft erst auf der Zielgeraden entschieden und der McLarenpilot reist als klarer Favorit in die brasilianische Großstadt. Doch Massa und Ferrari lauern auf ihre Chance, denn die "Roten" waren in den letzten Jahren in Interlagos sehr stark und für den aktuellen WM-Zweiten dürfte der Auftritt vor den heimischen Fans wie ein Turboantrieb wirken. Massa spricht über das möglicherweise wichtigste Rennen seiner gesamten Karriere.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton vor Felipe Massa

Massa vs. Hamilton - das Titelduell geht in Brasilien auf die Zielgerade

"Über die Jahre hinweg habe ich mich daran gewöhnt, dass ich mich bei dem letzten Rennen der Saison auf mein Heimrennen hier in Sao Paolo vorbereite und ich werde das Meiste daraus machen, auch wenn es nächstes Jahr noch einen Grand Prix nach Interlagos geben wird. Ich bin nach dem Rennen in Shanghai, welches aus Teamsicht gut war, weil Ferrari dort 14 Punkte sammeln und seine Führung in der Konstrukteursmeisterschaft ausbauen konnte, sofort nach Hause zurückgekehrt," erklärt der Ferraripilot.#w1#

Ferrari konnte seine Stärken nicht nutzen

"Aus meiner Perspektive hat sich das Titelrennen aber verschärft, weil Lewis gewonnen hat und ich so zusätzlich zwei Punkte auf ihn verloren habe. In Shanghai war es bereits vom Freitagstraining her offensichtlich, dass McLaren sehr schwer zu schlagen sein würden. Wir haben gesehen, dass sie sehr konkurrenzfähig waren, aber man kann sich nie sicher sein, welches Programm sie gerade abspulen. Das Beste ist es daher, sich auf seine eigene Arbeit zu konzentrieren, das eigene Auto auszusortieren und sich über die Konkurrenz keine Gedanken zu machen," so Massa.

"Das Problem ist, dass wir es nicht geschafft haben, aus diesen Rennen die maximale Punktzahl mitzunehmen." Felipe Massa

Die McLarendominanz von China hat sich früh abgezeichnet: "Am Samstag haben wir gesehen, dass sich dieser Trend fortsetzt, von da an wussten wir, dass das Qualifying und das Rennen sehr schwer sein würden. Wir müssen zugeben, dass unser Auto, der F2008 in Sachen Performance sehr unbeständig war. Unter gewissen Umständen war er extrem konkurrenzfähig und unter anderen Bedingungen weniger. Das liegt an einer Reihe Faktoren, die man mitberücksichtigen muss, ebenso wie das Streckenlayout, die Asphaltbeschaffenheit und wie die Reifen arbeiten."

"Aber wenn man sich das ganze Feld so ansieht, betrifft das auch andere Teams. Man sehe sich mal beispielsweise unsere direkten Rivalen an: In China waren sie schneller, aber in Singapur und Japan war unsere Pace wesentlich besser. Das Problem ist, dass wir es nicht geschafft haben, aus diesen Rennen die maximale Punktzahl mitzunehmen," ärgert sich der Brasilianer über die liegengelassenen Zähler.

Massa: die Formel 1 ist ein Teamsport

"Es ist ein Teamsport und sowohl ich, als auch Kimi wissen beide, was wir tun müssen, was das Beste für das Team wäre." Felipe Massa

Apropos China, da war doch noch was: "Ich weiß, dass über mein Überholmanöver gegen Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) in den letzten Runden des Shanghai-Rennens viel geredet wurde, aber diese Kommentare kamen von Leuten, die nicht wirklich wissen, wie der Sport funktioniert. Es ist ein Teamsport und sowohl ich, als auch Kimi wissen beide, was wir tun müssen, was das Beste für das Team ist. Natürlich möchte ein Rennfahrer vom psychologischen Standpunkt her ein Rennen immer ganz vorne beenden, immer gewinnen. Da ist es gleich, ob man gegen einen Freund am Computer spielt oder einen Formel 1 fährt."

"Aber alle Fahrer haben einen Vertrag mit ihrem Team und so kann man eben nicht völlig unabhängig fahren. Wenn man um die Meisterschaft kämpft und nur noch ein Fahrer hat mathematische Chancen, noch Champion zu werden, dann würde alle Rennställe in der Boxengasse genauso handeln, nämlich den Fahrer in die Position zu setzen, von wo aus er die besten Chancen zum Gewinnen hat. Das ist ein Teil dieses Sports."

Massa sieht sich im psychologischen Vorteil

"Um noch mal auf das letzte Rennen zurückzukommen: Ja, ich habe in Sachen Punktestand nun einen schwierigeren Job vor mir, als Lewis. Aber mein persönliches Ziel für dieses Wochenende ist weitereichender, als seins. Ich muss mich nur auf den Sieg am Sonntag Nachmittag konzentrieren, wobei mein Teamkollege hoffentlich Zweiter wird. Ich spreche nur über das Siegen. Alles andere liegt nicht in meiner Hand und wir müssen abwarten und sehen, was und wie viel wir gewonnen haben", spricht Massa über seine "Mission Impossible".

"Ein weiteres Plus für mich ist eine riesige Fangemeinschaft in meiner Heimatstadt, die mich anfeuern wird. Die Brasilianer lieben die Formel 1 und Motorsport, für sie ist es eine echte Leidenschaft. Ich liebe es, daheim zu fahren und ich glaube, ich fahre hier besser, als sonst wo. Muss ich es noch extra betonen, wie motiviert ich bin?"

Kimi Räikkönen und Felipe Massa

Massa: "Die Formel 1 ist ein Teamsport" Zoom

"Ich liebe diese Strecke, ich bin hier aufgewachsen und ich kenne all ihre kleinen Tricks und Geheimnisse. Ich bin hier zum ersten Mal in einem Go-Kart gefahren, als ich acht war. Die Kartbahn befindet sich in der Mitte des Streckenkomplexes. Das erste Mal, dass ich auf der großen Strecke gefahren bin, war 1998 im Rahmen eines Forme-Opel-Rennens."

"Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, auf welcher Platzierung ich ins Ziel gekommen war. Die Piste ist nicht mehr so bucklig, die Leute hier haben einen tollen Job erledigt, die Strecke zu verbessern. Das ganze Event ist meiner Meinung nach eines der besten im gesamten Rennkalender", so Massa.

"Seit ich in Brasilien angekommen bin, habe ich mich meiner üblichen physischen Vorbereitung unterzogen und Zeit mit meiner Familie verbracht, aber ab Montag beginnt das Rennwochenende mit vielen PR-Terminen für die Sponsoren. Montag werde ich eine Schule im Rahmen meiner Rolle als Botschafter für UNICEF besuchen. Ich liebe diese Art von Arbeit, weil es immer wunderschön ist, Leuten zu helfen, die diese Hilfe wirklich nötig haben und zweitens empfinde ich es für mich als sehr motivierend."

Der Druck lastet auf Hamilton

"Am Dienstag und Mittwoch stehen Sponsorentermine an, wie etwa die Enthüllung des Ferrari California auf der Sao Paolo Motorshow. Donnerstagmorgen findet die traditionelle Shell-Pressekonferenz im Hotel Transamerica statt, bevor es zur Strecke geht und dort das Rennwochenende wirklich beginnt", schildert der Brasilianer den Ablauf der nächsten Tage.

"Ich habe nichts zu verlieren." Felipe Massa

"Es ist unmöglich, vorherzusagen, was beim brasilianischen Grand Prix passieren wird, aber ich denke, dass unser Auto auf dieser Strecke schon immer sehr gut war, auch wenn ich nicht genau erklären kann, warum. Wir sind hier schon immer sehr gut zurechtgekommen und genau das erwarte ich auch bei diesem Wochenende, was auch immer die Bedingungen sind, egal ob nass oder trocken, egal ob Rennen oder Qualifying."

"Lewis wird mit Sicherheit versuchen, viel Druck auf mich auszuüben, aber ich selbst verspüre keinen Druck, weil ich nichts zu verlieren habe. Ich habe die Leute hinter mir stehen und der ganze Druck wird auf ihm lasten, besonders, wenn man daran denkt, was hier beim letztjährigen Rennen war. Ich kann den finalen Sonntag der Saison kaum erwarten."