• 13.06.2017 09:00

  • von Dieter Rencken & Daniel Halder

Marihuana: Warum plötzlich alle wie Daniel Ricciardo lachen

Der Red-Bull-Pilot hat seine eigene Theorie, weshalb die Formel 1 unter Liberty Media offener und freundlicher wirkt - Harsche Kritik an schlecht gelaunten Fahrern

(Motorsport-Total.com) - Das Formel-1-Rennen von Kanada am vergangenen Wochenende bot einige Action auf der Strecke. Mehr noch als das lieferte es den Fans aber eine gute Show abseits des Renngeschehens. Das begann schon beim wieder ins Leben gerufenen Ruder-Rennen der Teams am Samstagabend im olympischen Regattabecken der Sommerspiele 1976. Und es gipfelte in den äußerst unterhaltsamen Podium-Interviews nach dem Grand Prix, die Schauspieler Patrick Stewart charismatisch und witzig gestaltete.

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo

Daniel Ricciardo brachte Patrick Stewart in Kanada dazu, aus seinem Schuh zu trinken Zoom

Im Mittelpunkt stand dabei wieder einmal Sonnyboy Daniel Ricciardo, der die Star-Trek-Legende sogar zu einem "Shoey" verleitete. Der Drittplatzierte grinste über beide Ohren, die Fans unten auf der Strecke johlten, als der 76-Jährige Champagner aus dem Schuh des Australiers schlürfte. Und die neuen Formel-1-Verantwortlichen von Liberty Media dürften sich die Hände gerieben haben ob der Bilder, die sie aus Montreal in die ganze Welt ausstrahlten.

Schon bei den Rennen zuvor war deutlich zu erkennen, dass ein frischer Wind durch die Königsklasse weht - man erinnere sich nur an die rührenden Bilder aus Barcelona, als Ferrari-Star Kimi Räikkönen einen weinenden Jungen wieder glücklich machte. Nach den Jahren der Ecclestone-Ära scheinen sich alle Beteiligten Mühe zu geben, ein besseres Bild der Formel 1 vermitteln zu wollen. Auch die Piloten geben sich mit wenigen Ausnahmen weniger verschlossen als in den letzten Jahren: Bei Interviews wird gescherzt und gelacht, Ex-Weltmeister Fernando Alonso nimmt ein Bad in der Menge und aus dem Paddock wird fleißig via Instagram und Facebook geteilt.

Ricciardo über Miesmacher: "Sucht euch einen anderen Job"

Die neue Offenheit ist auch Red-Bull-Pilot Ricciardo aufgefallen - der ohnehin schon immer ein Vorreiter in Sachen Freundlichkeit und Fannähe war. Mit seinem typischen Humor entwickelt er seine ganz eigene Theorie, warum in der runderneuerten Formel 1 unter den Liberty-Eignern plötzlich alle gute Laune haben: "Sie haben alle mit einer stattlichen Dosis Marihuana ausgestattet", sagt der 27-Jährige unter dem Lachen der anwesenden Journalisten in Montreal. "Ich bin ja von Natur aus so, aber...", scherzt er weiter, um kurz darauf ernst zu werden. Denn die Griesgrämigkeit mancher Kollegen ging ihm in der Vergangenheit schon öfter auf den Zeiger.


Fotostrecke: GP Kanada, Highlights 2017

"Ich sage das schon lange: Bei einigen Fahrern habe ich das Gefühl, dass sie sich nicht darüber freuen, dass sie hier sein können. Ich weiß nicht, ob ich es langweilig oder undankbar nennen soll", übt er offene Kritik am Verhalten mancher Piloten. Der stets mit sonnigem Gemüt ausgestattete Australier kann das so gar nicht abhaben. "Ich denke mir dann immer: Boah, such? dir doch einen anderen Job. Denn für uns alle ist das hier doch unser Traumjob", so seine klare Meinung.

"Bei einigen Fahrern habe ich das Gefühl, dass sie sich nicht darüber freuen, dass sie hier sein können." Daniel Ricciardo

Dabei kann es Ricciardo durchaus nachvollziehen, dass Rennfahrer nach einem schlechten Rennen oder in einer schwierigen Phase mal Dampf ablassen müssen. Ähnlich erging es ihm in der vergangenen Saison, als er sich nach verpassten Siegen in Barcelona und Monaco von seinem Red-Bull-Rennstall "verarscht" fühlte. "Klar ist es manchmal hart, aber man muss trotzdem versuchen, glücklich zu sein und Spaß zu haben", beschreibt er seine Lebensphilosophie. "Außerdem ist das doch toll für die Fans, wenn sie mehr von der Persönlichkeit der Fahrer sehen können", fordert er seine Kollegen auf, sich weniger verschlossen zu geben.

Der australische 'Honigdachs' will weiter mit gutem Beispiel vorangehen, wie bei der Siegerehrung nach dem Kanada-Rennen zu beobachten war. "Ich bin einfach so - aber es ist gut, wenn sich jetzt auch andere Piloten etwas entspannter und cool geben." Und Ricciardo wäre nicht Ricciardo, wenn er zum Schluss nicht noch einen Gag drauflegen würde: Manche seiner Kollegen würden wohl nie "too cool for school" im Sinne von beeindruckend cool sein, und wären deshalb "besser in der Schule geblieben", sagt er mit einem Augenzwinkern. Doch wenn sich jeder ab sofort ein wenig mehr Mühe gäbe, sei ein Anfang gemacht. Im Sinne der Fans...