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Mallya: "Ich wollte eigentlich nie ein Formel-1-Team"
Force-India-Boss Vijay Mallya über seine Formel-1-Leidenschaft, den Weg zum Teambesitzer und die Aussichten für Indien 2011
(Motorsport-Total.com) - Innerhalb weniger Jahre wurde aus dem ehemals erfolgreichen Jordan-Team zunächst Midland, dann Spyker und schließlich Force India. Seit Ende 2007 besitzt der indische Milliardär Vijay Mallya 50 Prozent des Team mit Sitz im britischen Silverstone. Die andere Hälfte von Force India liegt in Händen der niederländischen Brüder Michiel und Jan Mol, die sich aber weitestgehend aus dem Tagesgeschäft heraushalten.
© xpb.cc
Vijay Mallya genießt im Fahrerlager mittlerweile ein hohes Ansehen
"Meine Mutter behauptet, dass ich als Kleinkind 'Auto' als erstes Wort artikulieren konnte", lacht Mallya, der seine Leidenschaft für Motorsport schon sehr früh entdeckte, damit allerdings in Indien recht allein dastand. "Ich bin selbst Rennen gefahren. Zuerst mit Eigenbauten, dann Formel 3 und Formel 5000. Später habe ich einen Ensign-Formel-1-Wagen gekauft und bin damit zum Spaß gefahren", berichtet der Inder in der 'New York Times'.
"Ich hatte das Auto mit der Chassisnummer MN-08. Ich bin also selbst eines dieser Biester gefahren", sagt Mallya mit leuchtenden Augen. Sein berufliches Leben begann allerdings nicht mit Profisport hinter dem Steuer eines Rennwagens, sondern als Industriekapitän an der Spitze von erfolgreichen Unternehmen wie Kingfisher-Airlines und der United Brewery Group.
"Wenn man sich für Motorsport interessiert, dann gibt es an der Spitze immer nur eines: Formel 1", sagt der 54-Jährige, der sein Kerngeschäft immer mehr verließ, um sich der Leidenschaft zu widmen. "Ich habe Leute, die seit 25 Jahren meine verschiedenen Geschäfte führen und an mich berichten. Das läuft also quasi im 'Autopilot-Modus'. Ich muss niemandem Woche für Woche über die Schulter schauen. Ich gebe meinen Leuten viele Freiheiten. Solange die Geschäfte laufen, bin ich glücklich."
© Force India
Die "Indian Empress" ist nur eines der schönen Spielzeuge von Vijay Mallya Zoom
"Im vergangenen Jahr war ich bei jedem Rennen. Aber in diesem Jahr wurde ich für eine zweite Amtperiode ins Parlament gewählt, daher konnte ich nicht überall dabei sein", berichtet der Krösus aus Bantwal nahe Bangalore. Mallya genießt die Vorzüge seines Reichtums. Ganz nach dem Motto: Geld schenkt Freiheiten. "Mit einem eigenen Flugzeug kann man kurzfristig überall hin", sagt der Force-India-Teamchef, der sich zusätzlich mit der "Indian Empress" eine Megayacht leistet.
Anfangs wurde der Inder in der Königsklasse belächelt, doch mittlerweile ist er als leidenschaftlicher Fachmann anerkannt. "Es ist ein Haifischbecken - ohne Zweifel. Jeder will den anderen ausstechen", sagt er. "Das ist aber Ausdruck dieses extremen Wettbewerbs. Obwohl es sich in den vergangenen zwei Jahren mit der Teamvereinigung FOTA etwas gebessert hat. Wir finden oft einen Konsens und sprechen mit einer Stimme. Das ist gut für den Sport."
Seit 1995 ist Mallya in der Königsklasse involviert. Zunächst als Sponsor, seit Ende 2007 als Teamteilhaber, nunmehr auch als Teamchef an der Boxenmauer. "Ich wollte nie ein Formel-1-Team kaufen, aber dann rief mich die Familie Mol an und fragte, ob wir gemeinsam Spyker übernehmen wollen", berichtet der Milliardär. Mallya ließ sich das Angebot durch den Kopf gehen, entschied aber nicht aus einer Laune heraus, sondern auf Grundlage von guten Voraussetzungen.
"Man muss sich einmal die Demografie in Indien anschauen", sagt er über seine 1,2 Milliarden Landsleute im siebtgrößten Land der Erde. "Wir haben 500 Millionen Einwohner unter 20 Jahre. Diese jungen Leute wachsen heran, sie bekommen eine bessere Ausbildung, verdienen mehr Geld und leben einen viel westlicheren Lifestyle als ihre Eltern und Großeltern. Die lechzen geradezu nach Dingen wie der Formel 1."
"Wir haben eine Studie anfertigen lassen, die zum Ergebnis hatte, dass wir in Indien ein Zuschauerpotentzial von 100 Millionen Menschen haben", sagt Mallya und unterstreicht den ernsthaften Hintergrund seines Einstiegs. "Vor diesem Hintergrund habe ich mich damals für den Kauf entschieden, weil ich auch das wirtschaftliche Potenzial erkannte. Somit hatten wir erst einmal ein indisches Team. Dass nun ein Rennen in Indien hinzukommt, ist das Tüpfelchen auf dem I."
"Die Formel 1 geht seit Jahren in Richtung Asien. Man zeigt sich auf den Wachstumsmärkten. Das finde ich absolut richtig", meint der 54-Jährige. In Indien werde die Formel 1 im kommenden Jahr auf fruchtbaren Boden fallen. Selbst die Wirtschaftkrise der vergangenen zwei Jahre habe der Ökonomie seines Landes kaum etwas anhaben können. "Wir beschweren uns in Indien immer ganz gern", sagt Mallya mit einem herzhaften Lachen.
"Wir hatten das Glück, dass unsere Banken ungeschoren davonkamen", so Mallya über die mageren Jahre. "Es stimmt, dass das Wachstum eingebremst wurde. Es sank von einer Steigerung um 8,5 Prozent auf nur noch fünf Prozent Wachstum. Aber welche anderen Nationen hatten denn in den Krisenjahren 2008 und 2009 noch fünf Prozent Zuwachs? Im ersten Quartal dieses Jahres waren wir schon wieder bei 8,7 Prozent. Indien boomt wie nie zuvor."
"Dass wir im Oktober 2011 das erste Rennen in Indien haben werden, ist das Beste, was Force India passieren kann", meint der Teamboss, um dessen Mannschaft sich immer wieder Verkaufsgerüchte ranken.
"Im Bereich der Vermarktung kann man noch mehr machen, um mehr Interesse zu erzeugen", meint er, verspricht sich im Gegenzug aber sehr viel von den Rennen in Indien und den USA. "In welchem anderen Sport hat man Glamour gepaart mit extremem Wettbewerb und technischer Kompetenz in unvergleichlichem Maße? Es ist die perfekte Plattform", so die Zusammenfassung des Inders.