• 13.02.2008 15:27

  • von Michael Noir Trawniczek

Liuzzi: "Kann der Formel 1 noch viel geben"

Force-India-Testfahrer Vitantonio Liuzzi erklärt im Interview, warum er für Amerika noch zu jung ist und dass er mit Red Bull nicht abgeschlossen hat

(Motorsport-Total.com) - Die Force-India-Transporter sind bei den derzeit laufenden Tests in Jerez de la Frontera noch im Grau des Vorbesitzers Spyker gehalten, keinerlei Schriftzug deutet auf Force India hin - lediglich auf der Fahrerseite steht klein geschrieben: "Formula One Team". Die Hospitality ist ein weißes Zelt, in dem meistens keine Menschen zu sehen sind...

Titel-Bild zur News: Vitantonio Liuzzi

Vitantonio Liuzzi hat als Testfahrer beim schlechtesten Formel-1-Team angedockt

Doch halt - da sitzt Vitantonio Liuzzi ganz alleine an einem der Tische. Bei Toro Rosso war kein Platz mehr für ihn, so hat er sich dem Shootout des neuen Force-India-Teams gestellt und den Job als Testpilot angenommen. Der Italiener belegte am Dienstag mit 2,4 Sekunden Rückstand den vorletzten Platz und wird diese Woche nicht mehr zum Einsatz kommen - bevor er zum Flughafen fuhr, stellte er sich spontan einem kurzen Gespräch.#w1#

Neues Bremssystem am F8-VII-B

Frage: "Tonio, in der Schikane hattest du ziemliche Bremsprobleme, du hast mehrmals den Notausgang benutzt."
Vitantonio Liuzzi: "Wir testen gerade ein neues Bremssystem, außerdem gab es sehr starken Wind auf der Strecke - da leidet dann die Fahrzeugstabilität beim Bremsen, ich hatte oftmals blockierende Vorderräder. Doch das ist ein Problem, das wir nicht verhindern konnten - wir wussten, warum es passiert, weil wir eben auch ein brandneues Bremssystem im Auto haben."

"Der Force India ist nicht so schlecht im Vergleich zum Toro Rosso." Vitantonio Liuzzi

Frage: "Spürst du einen großen Unterschied zwischen deinem Vorjahres-Toro-Rosso und dem Boliden von Force India?"
Liuzzi: "Ja, der Unterschied liegt vor allem an einem anderen Weg, das Auto abzustimmen. Der Force India ist nicht so schlecht im Vergleich zum Toro Rosso aus dem vorigen Jahr. Es gibt noch einiges zu tun an diesem Auto - aber was die Balance anbelangt, sind die Autos einander sehr ähnlich. Zugleich ist es dennoch eine andere Technologie, an die ich mich erst noch gewöhnen muss."

Frage: "Hast du mit Red Bull komplett gebrochen?"
Liuzzi: "Nicht komplett. Ich habe noch Verbindungen zu Red Bull, ich spreche immer noch mit Didi Mateschitz - er fand es okay, dass ich Toro Rosso verlasse. Wir wollen eine Art von Kooperation weiterführen, denn wir hatten bislang eine großartige Partnerschaft. Wir wissen einfach noch nicht, wie diese Partnerschaft künftig beschaffen sein wird, aber wir werden sehen."

Frage: "Von einigen der früheren Red-Bull-Piloten, beispielsweise von jenen aus dem Juniorenprogramm, ist zu vernehmen, dass Helmut Marko ziemlich strikt mit den Fahrern umgeht, ein bisschen so wie beim Militär. Hattest du damit Probleme? Ist das der richtige Weg, um mit einem Formel-1-Fahrer umzugehen?"
Liuzzi: "Das ist unterschiedlich und hängt vom Fahrer ab - jeder Fahrer ist anders. Manche können damit auf eine positive Art und Weise umgehen, für andere wiederum ist es eine negative Erfahrung. Das ist schwer zu sagen. Sicher ist Dr. Marko eine strikte Person, aber er hatte auch eine große Verantwortung. Er war für alle Juniorenpiloten von Red Bull verantwortlich - und da musst du auch hart sein. Ich kann verstehen, dass du dann hart sein musst. Sicher, als Fahrer unter dieser Art von Befehlsgewalt zu leben, ist nicht leicht, aber du musst stark sein, wenn du ein Sieger werden willst."

Neue Herausforderung bei Force India

Frage: "Glaubst du, dass du hier, bei Force India, ein Sieger werden kannst? In deiner Formel-3000-Zeit warst du ja bereits einer, aber ich stelle es mir nicht gerade leicht vor, von hier aus auf die Siegerstraße zurückzukehren..."
Liuzzi: "Ja, ich habe einige Formel-3000-Rennen gewonnen, aber in die Formel 1 kam ich als Rookie, bei Red Bull. Ich habe meine Formel-1-Karriere nicht in einem Spitzenteam wie McLaren, Renault oder Ferrari begonnen - ich habe am Beginn meiner Karriere also gewusst, dass ich am Anfang keine Rennen gewinnen werde."

"Ich wollte eine neue Herausorderung." Vitantonio Liuzzi

"Jetzt habe ich diese neue Möglichkeit bei Force India - ich glaube, dass dieses Team eine große Zukunft vor sich hat. Die Stimmung ist wirklich positiv, was die kommenden Jahre anbelangt. Ich wollte auch eine neue Herausorderung - deshalb habe ich auch Toro Rosso verlassen."

Frage: "Ist es möglich, dass du irgendwann zu Red Bull Racing zurückkehrst?"
Liuzzi: "In der Formel 1 kannst du das niemals wissen, es ist immer alles möglich. Ich stehe wie gesagt immer noch in Verbindung mit Herrn Mateschitz, mit dem ich ein Gespräch über meine Zukunft führen werde. Wir werden sehen, was die Zukunft ergibt. Es ist natürlich nicht sicher, dass ich zurückkehren werde, aber vielleicht ergibt sich ja einmal die Chance."

Frage: "Ähnlich wie Christian Klien möchtest du lieber als Testfahrer weiter in der Formel 1 bleiben, als beispielsweise in Amerika ChampCar-Rennen zu bestreiten. Warum?"
Liuzzi: "Ich denke, dass ich noch zu jung bin, um die Formel 1 zu verlassen. Die Formel 1 ist immer noch der wichtigste Sport auf der ganzen Welt. Ich habe auch das Gefühl, dass ich der Formel 1 noch sehr viel geben kann. Ich möchte schon noch die nächsten Jahre über versuchen, wieder zurückzukehren und meine wirkliche Karriere fortzusetzen, mit guten Resultaten, mit Spitzenplätzen - die Karriere also, die ich meiner Meinung nach auch verdient habe."