• 22.12.2008 07:48

  • von Pete Fink

Leute mit Biz: Rainer Krüger - 'Premiere'-Motorsportchef

Neu in unserer Businessreihe: 'Premiere'-Motorsportchef Rainer Krüger, der im Hintergrund die Formel-1-Fäden fest in der Hand hat

(Motorsport-Total.com) - "Die Formel 1 ist alle zwei Wochen für zwei Stunden Sport, aber dazwischen knallhartes Business", hat der große Frank Williams einmal gesagt. Für 'Motorsport-Total.com' Grund genug, eine Artikelserie ins Leben zu rufen, die sich mit dem Businessaspekt des Motorsports beschäftigt. In dieser stellen wir Persönlichkeiten vor, die sich im Motorsportbusiness durchgesetzt haben und mit Biss an ihre Sache herangehen - "Leute mit Biz" eben. In der siebten Edition: Rainer Krüger, Senior Manager Motorsport bei 'Premiere'.

Titel-Bild zur News: Rainer Krüger

Chef vom Dienst: Rainer Krüger reist mit der Formel 1 um den gesamten Globus

Wenn der Münchner Pay-TV-Sender 'Premiere' eine Formel-1-Übertragung durchführt, dann stehen normalerweise Leute wie Jacques Schulz, Marc Surer, Peter Lauterbach, Tanja Bauer oder Keke Rosberg im Mittelpunkt. Doch die eigentlichen Fäden der Übertragung zieht im Hintergrund Rainer Krüger.#w1#

Seine exakte Berufsbezeichnung lautet Senior Manager Motorsport. "Eigentlich bin ich der Chef vom Dienst, wie man meine Tätigkeit auf Deutsch wahrscheinlich nennen würde", klärt der 46-jährige gebürtige Gelsenkirchener auf.

Als Leiter der Sendung sitzt Krüger während der Übertragungen in der Regie und gibt dort die Richtung vor. Inklusive Technik und Redaktion sind bei einem Formel-1-Rennen etwa 25 'Premiere'-Leute vor Ort. "Über weite Teile des Jahres bist du immer mit den gleichen Leuten unterwegs, für die ich letztlich alle verantwortlich bin."

Seit vielen Jahren bei der Formel 1

Monaco Hafen 1999

In Monaco machte Rainer Krüger 1998 seine erste Bekanntschaft mit der Formel 1 Zoom

Seine Karriere begann der studierte Diplom-Journalist 1987 beim Augsburger Lokalsender 'Radio Skyline', der heute als 'Radio Fantasy' eine feste Größe ist. Direkt nach seinem Studium ging Krüger 1994 zum 'DSF', wo er zunächst für die Sportnachrichten arbeitete. Motorsport-Moderator Wolfgang Rother brachte ihn anschließend - noch zu 'DF1'-Zeiten - zur Formel 1.

Sein erstes Formel-1-Rennen in Monaco 1998 wird Krüger nie vergessen: "Damals war unser Container zwischen dem Ausgang am Schwimmbad und der Rascasse-Kurve. Wir saßen also direkt hinter den Leitplanken und es war ein irrer Lärm - aber einfach sensationell. Ab da wusste ich: Das ist genau meins."

Ein Traumjob also? "Wenn man als Journalist ein klein wenig Affinität zu Autos hat, dann ist das nach wie vor der beste Job, den man machen kann." Den großen Haken kennt Vielflieger Krüger nach mittlerweile elf Formel-1-Saisons auch: "Ganz oben steht dabei die Trennung von der Familie."

"Das war noch nicht so schlimm, als wir noch keinen Nachwuchs hatten. Aber als 2002 meine Tochter zur Welt kam, musste ich bemerken, dass ich bestimmte Meilensteine in ihrer Entwicklung einfach verpasse." Deswegen war Krüger in der Saison 2008 nur bei 13 Rennen vor Ort. "Glücklicherweise kann ich mich mit meinem Chef abwechseln."

Montréal-Verlust schmerzt sehr

Start in Singapur 2008

Singapur war für die 'Premiere'-Crew 2008 das beste Formel-1-Rennen Zoom

Ein zweiter Punkt ist das Thema Zeitumstellung: "Ich habe da Glück, ich bin diesbezüglich sehr robust und kann damit gut umgehen. Es gibt auch bestimmte Tricks, wie etwa in Australien. Wenn du nachmittags um 17:00 Uhr todmüde in Melbourne ankommst, dann darfst du dich halt nicht hinlegen. Das ist tödlich."

Melbourne ist neben Montréal auch Krügers Lieblingsrennen: "Beide Städte sind einfach toll und die Rennstrecke liegt auch sehr zentral. Das Besondere an diesen Orten ist auch, dass die Einwohner ihren Grand Prix wirklich verehren. Sowohl die Australier als auch die Kanadier lieben Sport und erst recht die Formel 1."

Diese Einschätzung decke sich mit den Meinungen von "90 Prozent der Leute im Paddock" und deswegen war die Konsequenz logisch: "Es war eine ganz bittere Nachricht, als wir erfahren mussten, dass wir 2009 ausgerechnet nach Kanada nicht fahren werden."

Anders in Melbourne: "Da kommt noch dazu, dass du aus unserem Winter in den australischen Sommer kommst - und du hörst nach langer Zeit endlich wieder den Formel-1-Sound." 2008 hat sich neben Kanada und Australien übrigens noch ein drittes Rennen in seinem Gedächtnis fest gebrannt: Singapur.

Für das Flutlicht-Wochenende findet Krüger nur ein Wort: "Sensationell." Bei 'Premiere' ist es keine Frage, wer dieses Jahr den Preis des besten Formel-1-Rennens bekommen sollte: "Da liegt Singapur ganz oben. Man hat aus dem Stand eine Topübertragung gemacht, auch die Organisation war super. Und aus unserer Sicht waren es ab dem ersten freien Training einfach nur tolle Bilder."

Wo steht bei 'Premiere' die Formel 1?

Formel-1-Flagge

Die Formel 1 ist eine der großen Kernkompetenzen von 'Premiere' Zoom

Derzeit ist Formel-1-Winterpause, was aber noch lange nicht bedeutet, dass bei 'Premiere' gerade Urlaubszeit angesagt ist. "Wir schauen uns noch mal alle Übertragungen an, und überlegen, wo wir uns für 2009 weiter verbessern können."

Im 'Premiere'-Gesamtgefüge ist die Formel 1 hinter der Bundesliga gemeinsam mit der Champions League die Nummer zwei. Krüger erklärt: "Unser Sportchef hat einmal von drei Leuchttürmen gesprochen: Bundesliga, Champions League und die Formel 1. Zu diesen großen Drei gesellen sich dann die verwandten Sportarten - also zur Bundesliga die Zweite Liga und zur Champions League die internationalen Fußballligen."

"Und zur Formel 1 gehören eben die anderen Motorsportserien, die zwar in Deutschland vielleicht weniger Bedeutung haben, aber unser Angebot wunderbar ergänzen." Daher ist die Formel 1 für Krüger auch eine der "unverrückbaren Kernkompetenzen" von 'Premiere Sport'. "Das sieht man zum Beispiel auch an der mehr-feedigen Übertragung, wofür 'Premiere' schon seit 1996 steht."

Formel 1 bis Ende 2010 sicher

Bis Ende 2010 sind die Formel-1-Übertragungen definitiv sicher Zoom

Das Konzept, über die Fernbedienung zwischen mehreren Kameraperspektiven wählen zu können, wird beibehalten. Darüber hinaus kann er noch keine Details verlautbaren. Immerhin: "Die Formel 1 ist bis Ende 2010 sicher und hat eine Option für 2011." Dieser Vertrag umfasst auch die GP2, den Porsche-Supercup, sowie die Läufe der Formel BMW Europa, die im Rahmen eines Formel-1-Wochenendes ausgetragen werden.

Wie genau die Übertragungen über den Äther laufen werden, das steht zur Stunde also noch nicht fest: "Das hat natürlich mit unserer internen Überprüfung zu tun. Wie lief es in dieser Saison? Was haben wir für neue Ideen für nächstes Jahr? Welche neuen Techniken gibt es? Oder auch: Was bietet das Formula One Management an?"

Diesen Planungsprozess erwartet Krüger Ende Januar 2009 als "abgeschlossen. Danach geht es ganz konkret um die Umsetzung." Ein weiterer Grund: "Während der Saison hast du mit den Live-Übertragungen soviel zu tun, dass du das große Ganze immer nur häppchenweise bearbeiten kannst."

Zum Beispiel dann, wenn ein neuer Ablauf der Rennwochenenden umgesetzt werden muss: "Als vor zwei Jahren das neue Qualifikationssystem mit den drei Abschnitten Q1, Q2 und Q3 eingeführt wurde, hatte das natürlich auch Auswirkungen auf die Programmgestaltung. Oder wenn es - wie schon einmal angedacht - plötzlich einen WM-Punkt für die Pole-Position geben würde, dann hätte das Konsequenzen für die Bedeutung des Samstages."

Der Motorsport-Sonntag bleibt

GP2 Start

Auch die GP2 bleibt weiterhin ein Baustein des Motorsport-Sonntags Zoom

So etwas kann man auch während der Saison "schrittweise vorantreiben, aber gerade wenn die Überseerennen anstehen und du permanent unterwegs bist, dann hast du für solch strukturelle Themen keine Zeit. Deswegen ist eine Formel-1-Saison zweigeteilt, denn die eigentliche Ruhepause im Winter ist mit zwei Wochen sehr kurz bemessen. Ansonsten wird im Winter geplant."

Der Grundrahmen soll jedoch bleiben: erst die GP2, dann der Porsche-Supercup und später als Höhepunkt die Formel 1. "Das sind alles Zutaten für einen schönen Motorsport-Sonntag und damit sind wir schon sehr zufrieden."

Denn auch der Unterbau unter der Formel 1 wird "mehr als akzeptiert. Klar war die GP2-Saison besser, als Nico Rosberg den Titel geholt oder als Timo Glock gegen Lewis Hamilton gekämpft hat. 2008 hatten wir leider keinen deutschen Fahrer dabei, der vorne mitgefahren ist, und das merkt man schon."

Trotzdem wird der gebotene "gute Motorsport angenommen. Dafür, dass es ja am Samstagnachmittag und am Sonntagvormittag läuft, sind die Quoten aller Ehren wert. Auch der Porsche-Supercup passt in dieses Schema perfekt hinein, damit sind wir absolut zufrieden." Konkrete Zahlen wollte Krüger jedoch keine verraten: "Uns geht es vor allem um die Zufriedenheit der Kunden, Quoten haben für uns nicht die Bedeutung wie für die werbetreibenden Kollegen."

'Premiere' nach wie vor der Motorsport-Sender

Mikrofon

'Premiere' ist bereits am Formel-1-Freitag live auf Sendung Zoom

Wie ist denn eigentlich das Verhältnis zum zweiten deutschen Formel-1-Anbieter 'RTL'? "Klar, sie machen einen guten Job", versichert der Motorsportchef. "Sie sind genau wie wir nah dran und auch für die Masse attraktiv." Aber 'RTL' bietet eben nur die Formel 1 an, und so ist Krügers Selbstverständnis klar: "Wenn man den gesamten Motorsport betrachtet, dann liegt das größere Angebot sicher bei uns."

'Premiere' bietet im Vergleich mit 'RTL' natürlich einen wesentlich größeren Übertragungsumfang an. Schon am Freitag übertragen die Münchner die beiden Trainingssessions, die im kommenden Jahr durch das selbstauferlegte Testverbot der Formel-1-Teams stark an Bedeutung gewinnen.

Und neben dem gewünschten Spezialistentum betont Krüger vor allem die Vielzahl an Hintergrundinformationen. Als Paradebeispiel nennt er Marc Surers 'Im Visier'. "Vor jedem Rennen gibt es einen Film, der sich ganz speziell mit einem Technikthema auseinandersetzt. Da geht es dann zum Beispiel um abgerissene Tankschläuche, wie so eine Tankanlage en Detail funktioniert und warum Dinge wie bei Felipe Massa in Singapur geschehen konnten."

Vorteil Schulz/Surer

Surer

Keine Diskussionen um Marc Surer: "Das Wichtigste ist auf dem Platz" Zoom

Solche Themen versteht Krüger als "Service speziell für unsere Zuschauer, der bei 'RTL' vermutlich nicht laufen würde. Wir wissen aus Zuschriften, Umfragen und Erfahrungswerten, dass unsere Zuschauer noch intensivere Formel-1-Fans sind und mehr von der Materie verstehen als der 'RTL'-Zuschauer."

Beim Thema Kommentatoren hat Krüger ebenfalls eine glasklare Meinung: "Jacques Schulz und Marc Surer sind top. Es gibt kein besseres Duo. Gerade auch weil die beiden ein so unterschiedliches Temperament haben und so unterschiedliche Typen sind."

"Denn über eines müssen wir uns - bei aller Vorberichterstattung - klar sein: Im Fußball würde man sagen: Das Wichtigste ist auf dem Platz und in der Formel 1 geht es dann los, wenn die rote Ampel ausgeht. Das ist das, was den Zuschauer letzten Endes interessiert." Daher wird es an dieser Position 2009 auch keine Veränderungen geben.

Hoffnung für die NASCAR-Fans

Start Indianapolis NASCAR

Klare Aussage: Auch die NASCAR wird irgendwann wieder Live zu sehen sein Zoom

Neben der Formel 1 und dem Fußball hat der Bayern-München-Fan ("Eigentlich müsste ich von Geburtswegen ja Schalke-Fan sein") noch ein drittes großes Faible: Ein Modell des Chevrolets von Jeff Gordon auf seinem Schreibtisch verrät dieses deutlich: die NASCAR. Krügers Begründung: "Deren Konzept ist klasse, die Fahrertypen sind super und die Show ist fast perfekt."

Ab Mitte 2006 stieg 'Premiere' in die Live-Übertragungen der zweitpopulärsten Sportart in den USA ein und schickte teilweise sogar seine Kommentatoren Jacques Schulz, Christian Kuhn und Klaus Graf vor Ort. "Wir hatten da einen ganz besonderen Auftritt, weil wir die ersten waren, die von außerhalb kamen und die ihre Kommentatoren 2007 nach Daytona geschickt haben", muss Krüger schmunzeln.

"Darauf war die NASCAR überhaupt nicht vorbereitet. Es muss für ausländische Kommentatoren ja schließlich auch Kommentatorenboxen geben. Man hat uns zwar angeschaut wie Außerirdische, hat uns danach aber alle Türen aufgemacht."

'Premiere' leistete also NASCAR-Entwicklungsarbeit und auf die Frage, ob die immer zahlreicher werdenden deutschen NASCAR-Fans bald wieder in den Genuss von Live-Übertragungen kommen werden, gab Krüger eine sehr hoffnungsvolle Auskunft.

"Ich lehne mich jetzt einmal aus dem Fenster", meint er. "Ich bin mir sicher, dass es NASCAR wieder irgendwann live geben wird. Ich weiß nur noch nicht, ob das schon 2009 wieder der Fall sein wird. Wir von der Motorsportredaktion werden uns jedenfalls mit allen Mitteln dafür einsetzen."

Rainer Krüger im Kreuzverhör:

Geburtsdatum: 28.08.1962

Geburtsort: Gelsenkirchen

Wohnhaft in: Mering, eine Tochter

Familienstand: Verheiratet

Erstes Fahrzeug: VW Käfer vom Schrottplatz für DM 150,-

Aktuelles Fahrzeug: Mercedes CLK

Erlernter Beruf: Diplom-Journalist

Im Motorsport involviert seit: 1998

Größter beruflicher Erfolg: Dahin zu kommen, wo ich jetzt bin

Größtes Ziel: Solange wie möglich auf der Skipiste schneller sein als meine sechsjährige Tochter

Lieblingsfahrer und -team: Marc Surer im Renntaxi auf dem "Ring" und das Premiere-Kart-Team beim Journalisten-GP in Barcelona

Online oder Print? Das Netz für die Schlagzeilen, die gute alte Zeitung für die Hintergründe

Business- oder Economy-Class? Hauptsache Notausgang

Boulevard oder Feuilleton? Hübsche Schauspielerinnen oder schwere Literatur?

Festgeld oder Optionsschein? Bargeld!

T-Shirt oder Sakko? Im T-Shirt fühle ich mich wohler, im Sakko sehe ich besser aus

Opernball oder Oktoberfest? Oktoberfest

Arbeit oder Hobby? Mit meinen Hobbies Fußball und Autos bin ich bei Premiere bestens aufgehoben

Lebensmotto: Mein Glas ist immer halbvoll, nie halbleer

Lieblingslektüre: Der Spiegel

Person, die ich am meisten bewundere: Alle Ärzte und Krankenschwestern auf Kinder-Intensivstationen

Person, mit der ich mal auf ein Bier gehen möchte: Uma Thurman

Geld bedeutet für mich... Sicherheit

Motorsport fasziniert mich, weil... es nichts Spannenderes gibt als Highspeed, brüllende Motoren und ein Finale wie in Sao Paulo!