Lauda über Wunderkind: Druck für Vettel wird größer

Gibt es bald einen Generationenwechsel in der Formel 1? Niki Lauda über Verstappen und "Computerkids" - Lob von Horner, Villeneuve skeptisch

(Motorsport-Total.com) - Daniel Ricciardo, Daniil Kwjat und nun auch Max Verstappen. Der Nachwuchs aus der Dose drängt sich im Weltmeisterteam auf. Dies könnte ein Problem für Sebastian Vettel werden, meint Niki Lauda.

"Das ist ein tolles Experiment", kommentiert Lauda den Verstappen-Toro-Rosso-Deal gegenüber 'auto motor und sport'. "Wenn die Rechnung aufgeht, dass einer ohne Führerschein Formel 1 fahren kann." Denn Verstappen wird bei seinem Formel-1-Debüt im März 2015 noch keine 18 Jahre alt sein, noch keinen Führerschein besitzen und auch noch zur Schule gehen.

"Wenn Verstappen sich durchsetzt, heißt das, dass die neuen Computer-Kids für die Formel 1 geeignet sind. Kwjat zeigt ja schon, dass es geht", so der Österreicher. Er meint, dass sich bald ein Generationenwechsel anbahnen wird. "Im nächsten Jahr sind die zwei Toro-Rosso-Fahrer zusammengerechnet kaum älter als Alonso. Das muss man sich mal vorstellen."

Jünger und billiger - der Nachwuchs kommt!

Der Mercedes-Aufsichtsratschef ortet dadurch ein Problem bei Sebastian Vettel. Denn: "Da gibt es mit Ricciardo, Kwjat und Verstappen drei Kids, die zusammen wahrscheinlich nicht mal zehn Prozent von Sebastian verdienen." Durch den Nachwuchs verspricht sich Lauda auch neue Zuseher vor den Fernsehgeräten zu Hause: "Jetzt werden alle Schüler Formel 1 schauen. Weil einer aus ihrer Altersgruppe dabei ist."

Dass Verstappen nun in der Red-Bull-Familie untergekommen ist, stört den Österreicher nicht. "Wir haben mit Max und seinem Vater Jos gesprochen, konnten ihnen aber nicht das bieten wie Red Bull. Mercedes hat kein zweites Team für Junioren und deshalb 2015 auch keinen Platz für Verstappen." Durch die gesetzte Fahrerpaarung Rosberg/Hamilton 2015 ist eben kein Platz für Verstappen.

Verstappen selbst spricht ebenfalls über Gespräche mit Mercedes: "Ich hatte ein paar Unterhaltungen mit Mercedes, nette Gespräche mit Toto und Niki. Aber ich hatte Kontakt mit Red Bull seit 2010." Seit seinen Erfolgen - sieben Siege - in der Formel 3 in diesem Jahr begann man mit Red Bull ernsthaft zu sprechen, so der 16-Jährige.

Verstappen wird noch einmal Vater

Vielleicht bekommt Mercedes in Zukunft noch eine Chance, denn Vater Jos Verstappen wird laut Informationen des 'Blick' noch einmal Vater. "Dann müssen wir wohl schon bei der Geburt mit einem Vertrag vorbeikommen", scherzt Lauda.

Christian Horner kommentiert den Neuzugang bei 'Sky Sports F1': "Ich denke, dass es großartig ist. Er ist ein außergewöhnliches Talent und Red Bull gibt eine Chance, wie sie es auch mit Sebastian, Daniel und Kwjat getan haben." Das junge Alter seines Rookies stört den Briten nicht: "Es gab ein paar Diskussionen über sein Alter, aber wenn du schnell genug bist, dann bist du auch alt genug. So läuft es in diesem Geschäft."

Christian Horner

Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist begeistert von Verstappen Zoom

Ob mit der Verstappen-Verpflichtung die Chancen von anderen Fahrern, wie zum Beispiel Alex Lynn, der derzeit in der GP3-Serie fährt, gesunken sind? "Nicht unbedingt. Verschiedene Fahrer wählen verschiedene Wege. Alex hat eine Menge Rennen absolviert, um es auf dieses Level zu schaffen. Er macht einen Superjob", so Horner.

Villeneuve wenig begeistert von Verstappen-Deal

"Max ist ein außergewöhnliches Talent. Was er im Gokart und in seinem ersten Jahr im Autorennsport erreicht hat, ist sehr speziell. Er ist einer dieser Typen, die nur sehr selten auftauchen", streut ihm Horner Rosen. Kann ein Verstappen auch einem Vettel gefährlich werden?

"Wir sind überglücklich, dass wir Sebastian haben", beruhigt Horner. "Sebastian hat das gleiche Programm durchlaufen und es ist gut, Optionen zu haben. Als wir eine Option brauchten, als Mark zurückgetreten ist, war Daniel da, um die Lücke zu schließen."

Ganz anderer Meinung ist Ex-Formel-1-Pilot Jacques Villeneuve. Der Kanadier glaubt, dass die Formel 1 nur ein Ort für richtige Männer ist. "Die Formel 1 ist der Gipfel des Sports. Es ist nicht der Ort, an dem man lernen und Fehler machen sollte", so Villeneuve gegenüber 'Sky Sports F1'.

Villeneuve: Formel 1 nur etwas für richtige Männer

"Man sollte ein Mann sein, bevor man es in die Formel 1 schafft und man sollte es sich verdient haben. Es ist nicht die Frage, ob man schnell ist oder nicht. Er ist möglicherweise superschnell, wer weiß, aber er muss noch erwachsen werden und das ist das Hauptproblem", so der Weltmeister von 1997.

Er sorgt sich um Verstappen: "Vielleicht funktioniert es nicht und er wird zerstört - und dann hat er sogar die Schule abgebrochen. Was macht er dann mit seinem Leben? Aber wenn es funktioniert, was sagt das dann über die Formel 1 aus? Es gibt dabei keine Win-win-Situation. Ich finde die ganze Situation etwas falsch." Vielleicht liegt seine Einstellung auch daran, dass Villeneuve selbst vierfacher Vater ist - "Ich will, dass meine Kinder aufwachsen und Männer werden und die verschiedenen Schritte des Erwachsenwerdens erleben."

"Man sollte ein Mann sein, bevor man es in die Formel 1 schafft." Jacques Villeneuve

Verstappen selbst versteht all die Aufregung um seine Person nicht. Er beantwortet die Fragen der Journalisten in Spa sehr gelassen und entspannt. "Wenn du eine Chance bekommst in der Formel 1, dann musst du sie ergreifen", so der junge Holländer bei 'Sky Sports F1'. "Wie viele Chancen bekommt man schon? Dieser Tage nicht mehr viele, denke ich."

Verstappen: "Immer schon große Schritte gemacht"

Sein Alter sieht er nicht als Problem an: "Ich denke, dass ich bereit bin. 17 ist nicht zuletzt nur eine Zahl. Ich denke das Fahrerische sollte kein Problem sein. Eher alles drumherum. Aber was am Wichtigsten ist, dass man auf der Strecke schnell ist."

Er glaubt, dass der schnelle Weg in die Formel 1 auch der bessere für ihn ist. "Wenn man sich die GP2-Serie ansieht, dort gibt es einen harten Kampf. Manche Fahrer sind dort für vier oder fünf Jahre, die haben viel Erfahrung. Wenn du von der Formel-3-Serie nun in die GP2-Serie wechselst und dort eine harte Zeit hast, kann es sehr schnell vorbei sein."

Max Verstappen, Jos Verstappen

Das neue Dreamteam in der Formel 1: Papa Jos und Max Verstappen Zoom

Verstappen habe eben immer schon große Schritte gemacht, daher ist für ihn auch sein schneller Aufstieg in die Königsklasse nicht verwunderlich. "Vom Kart in die Formel 3 war ein großer Schritt. Durch meinen Dad hatte ich immer schon eine andere Umgebung. Er war ein Formel-1-Fahrer, ich war ihm immer sehr nahe und wir haben alles zusammen gemacht." Zumindest sei es besser so zu starten, als es sein Vater Jos gemacht hat, meint Verstappen.

Papa Jos als Mentor

Die Beziehung zu seinem Vater ist sehr eng. Jos Verstappen war selbst ein Formel-1-Pilot, er fuhr von 1994 bis 2003 in insgesamt sieben verschiedenen Teams. "Er hat mir schon im Kart geholfen, bis hierher. Er ist nicht nur ein normaler Vater, er ist auch ein Freund, ein Trainer, er ist alles für mich."

Verstappen scheint auch keine Angst davor zu haben ein ähnliches Schicksal wie andere Red-Bull-Nachwuchsfahrer zu erleiden: "Darüber denke ich gar nicht nach, schaut euch Dani an. Er war wirklich schnell und hat seine Chance bei Red Bull bekommen. Ich denke, ich muss mein Bestes geben und schnell sein, dann sollte das kein Problem sein." Denn irgendwann spekuliert auch er auf ein Red-Bull-Cockpit.