• 27.10.2008 11:13

  • von Stefan Ziegler

Kubica: "Ich habe alles Mögliche versucht"

Robert Kubica im Interview über seine bisher beste Formel-1-Saison, die Schwierigkeiten bei der Weiterentwicklung und die Erwartungen für 2009

(Motorsport-Total.com) - Robert Kubica und das BMW Sauber F1 Team sind in dieser Saison einen weiteren Schritt voran gekommen. Das Team war - zumindest in der ersten Saisonhälfte - ein ernsthafter Konkurrent für die Topteams Ferrari und McLaren-Mercedes und der Pole stellte seinen erfahrenen Teamkollegen Nick Heidfeld oftmals in den Schatten. Highlights für Kubica und die Mannschaft: Erste Pole-Position in Bahrain und erster gemeinsamer Sieg in Montréal. Beim Fanevent des BMW Sauber F1 Teams in München ließ Kubica die Saison Revue passieren und blickte voraus auf 2009.

Titel-Bild zur News: Robert Kubica

Regeln für 2009: Robert Kubica hält viel von Slicks, aber nur wenig von KERS

Frage: "Robert, wie zufrieden bist du mit deiner Saison? Haben wir den bestmöglichen Robert Kubica gesehen?"
Robert Kubica: "Die Saison ist ja noch nicht vorüber, es steht noch ein Rennen aus. Für mich ist dieser Grand Prix natürlich sehr wichtig, denn ich kämpfe noch um den dritten Platz in der Meisterschaft. Meiner Meinung nach wäre das eine tolle Belohnung für eine prima Saison. Zu Beginn des Jahres waren wir ziemlich stark und konnten es mit McLaren und Ferrari aufnehmen."#w1#

Das wurde langsamer schneller

"Ich bin in Malaysia und Bahrain auf dem Podium gestanden und war nach sieben Rennen sogar WM-Führender. Das verschafft einem natürlich ein tolles Gefühl und zeigt, dass wir es drauf haben. Wir konnten bei der Entwicklung leider nicht mit den Topteams mithalten. Wir hatten einige Schwierigkeiten mit neuen Teilen, deren Resultate nicht unseren Vorstellungen entsprachen. Das Auto wurde also nicht so weiterentwickelt, wie wir uns das gedacht hatten. Das hat uns das Leben etwas schwerer gemacht und so konnten wir nicht bis ganz zum Schluss im WM-Kampf bleiben."

"Das Auto wurde nicht so weiterentwickelt, wie wir uns das gedacht hatten." Robert Kubica

"Dennoch denke ich, dass die Saison sehr positiv verlaufen ist. Dieses Jahr war sehr wichtig für mich, zumal das Jahr davor nicht wirklich toll für mich lief. Damals hatte ich viele Probleme und die Dinge hatten sich für mich nicht in die richtige Richtung entwickelt. Diese Saison hat gezeigt, wie sehr ich im Vorjahr zu kämpfen hatte und welches wirkliche Potential in mir als Fahrer steckt."

Frage: "Glaubst du, dass BMW sich in der Entwicklung zu sehr auf 2009 konzentriert hat?"
Kubica: "Keine Ahnung. Um ehrlich zu sein, fehlen mir die nötigen Informationen, um das einschätzen zu können. In irgendeiner Form konzentrieren sich aber alle auf den neuen Wagen, denn die Regeländerungen sind ja ziemlich umfangreich. Da will niemand zurückfallen und alle wollen für diese neuen Herausforderungen bereit sein und pushen kräftig. Die Änderungen betreffen gleich mehrere Bereiche wie Aerodynamik, Mechanik und KERS. Es gibt also jede Menge Baustellen für die Ingenieure und Designer. Ich kann aber nicht sagen, ob diese Faktoren unsere diesjährige Performance beeinflusst haben."

Frage: "In Monza warst du allerdings ziemlich kritisch, was die Herangehensweise des Teams anbelangt..."
Kubica: "Ich war nicht unbedingt kritisch, sondern habe einfach nur angemerkt, dass es meiner Meinung nach schwierig ist, schon Vorhersagen für die kommende Meisterschaft zu machen. Schließlich hatten wir die Chancen, schon in diesem Jahr um den Titel zu fahren. Jeder würde wohl zustimmen, dass ich mich noch im WM-Kampf befinden würde, hätte unsere Entwicklung so stattgefunden wie in den vergangenen beiden Jahren. Aber so ist das nun einmal."

"Für mich war sehr wichtig, alles zu geben und zu kämpfen. Ich wollte es zumindest versuchen, denn niemand kann mir garantieren, dass ich in den kommenden fünf Jahren noch einmal die Gelegenheit dazu bekommen werde. Für mich ist es vergebliche Mühe, wenn man nicht das Maximum gibt."

Mit Risiko in den vergangenen Rennen

Frage: "Hast du das Gefühl, dass das Team alles dafür gegeben hat? Wie steht's um deinen persönlichen Einsatz?"
Kubica: "Das will ich doch schwer hoffen! Ich habe jedenfalls alles Mögliche versucht. Bei den jüngsten Rennen war es mein Ansatzpunkt, das Maximale herauszuholen und sogar einige Risiken dabei einzugehen. Manchmal habe ich eher extreme Setupvarianten gewählt, um noch mehr aus dem Wagen herauszuholen. Das hat in der einen Situation gut geklappt, in anderen nicht. Ich musste es aber probieren. Gelegentlich habe ich mir gedacht, dass da noch irgendwo einige Zehntel zu finden sein müssen. Es war auf alle Fälle sehr schwierig. Ich denke, in den letzten Rennen war unsere Leistung das maximal Mögliche."


Fotos: Robert Kubica, Großer Preis von China


Frage: "Was sind die positivsten Elemente deiner Saison bislang?"
Kubica: "In dieser Saison dreht sich alles um Zuverlässigkeit und da ist unser Auto einfach gigantisch gut. Im Vergleich zum Vorjahr, wo ich viele aussichtsreiche Positionen aufgrund von technischen Problemen nicht erreichen konnte, ist diese Saison einfach zu 100 Prozent perfekt. Deswegen waren wir bis China auch noch im WM-Fight und sind nach wie vor sehr nahe an Ferrari und McLaren in der Konstrukteursmeisterschaft dran. Wenn man sich nur die Pace des Wagens anschaut, dann sind wir sicherlich noch nicht auf dem Niveau von Ferrari und McLaren - was die Punkte anbelangt, allerdings ganz sicher."

"Sie haben richtig viele Fehler gemacht und auf unserer Seite hat einfach die Zuverlässigkeit hervorragend gepasst. Die Jungs haben über den Winter ganz ausgezeichnete Arbeit geleistet und tolle Fortschritte erzielt. Das war nämlich die Crux im Vorjahr. Du brauchst nicht nur ein schnelles Auto sondern ein schnelles Auto und die Zuverlässigkeit. Das hatten wir in diesem Jahr. So gesehen war diese Saison richtig klasse."

Frage: "Was sind deine Pläne für die Winterpause? Wirst du nach Polen fahren?"
Kubica: "Die Ferien werden nicht sonderlich lange dauern, da wir zwei Wochen nach Saisonende schon wieder mit der Testarbeit beginnen. Wahrscheinlich werde ich mich also in diesen 14 Tagen einfach mal aus dem Alltag ausklinken und gar nichts machen. Nach ungefähr einer Woche möchte ich dann auch schon wieder mit meinen Vorbereitungen für die kommende Saison beginnen."

"Während der Saison kann man nur schwer richtig hart trainieren und seinen Körper stählen. Das passt im Winter eigentlich immer ganz gut, weil man da für gewöhnlich mehr Zeit hat. Ich werde also hauptsächlich trainieren und mich auf 2009 vorbereiten. Ich plane übrigens nicht, einen Besuch in Polen zu machen. Selbst wenn ich dorthin fahren sollte, würde ich es wahrscheinlich eher für mich behalten. Ich mach das, wonach mir der Sinn steht und das muss nicht immer die ganze Welt erfahren."

Kritik an KERS

Frage: "Es gab während der Saison einige Gerüchte, die dich mit Ferrari in Verbindung gebracht haben. Denkst du, BMW Sauber ist der richtige Platz, um deine WM-Träume zu verwirklichen?"
Kubica: "Das kann man vorher nur schwerlich wissen. Für mich war das BMW Sauber F1 Team sicherlich die beste Option für die kommende Saison. Die Entscheidung wurde zwar ziemlich spät gefällt, doch da gab es keinen Grund zur Eile - nicht von meiner Seite und auch nicht vom Team aus. Ich kenne den Rennstall und weiß, dass diese Jungs hervorragende Arbeit leisten können. Wenn man sich die vergangenen drei Jahre ansieht, dann waren sie wirklich topp."

"Bei KERS sehe ich wirklich nicht, warum es den Rennsport verbessern sollte." Robert Kubica

"Natürlich gibt es überall noch etwas Luft für Verbesserungen, denn wenn wir gewinnen wollen, dann müssen wir schließlich besser sein als alle anderen. Wenn man nur eine Winzigkeit langsamer ist, dann wird man vermutlich auch nicht siegen. Diese Saison war wirklich seltsam. Es gab viele Fehler und eine ganze Reihe technischer Defekte bei den Topteams. Ich glaube kaum, dass es noch einmal so ein Jahr geben wird. So etwas kommt einmal in zehn Jahren vor. Wir müssen einfach sicherstellen, dass wir einen schnellen und zuverlässigen Wagen bauen. Dann stürzen wir uns damit in den Kampf und werden sehen, was schlussendlich passiert."

Frage: "Wie denkst du über die neuen Regeln und die Zukunft der Formel 1?"
Kubica: "Ich als Fahrer möchte natürlich immer ein so schnelles Auto fahren, wie nur irgend möglich. Ich würde daher niemals die Aerodynamik beschneiden, aber offensichtlich verspricht man sich dadurch eine bessere Show und mehr Überholmanöver. Die Kurvengeschwindigkeiten der Formel 1 sind ebenfalls recht hoch geworden und diese werden durch die neuen Regeln sicherlich auch deutlich gesenkt, denn der Abtrieb wird wohl um etwa 40 Prozent reduziert werden."

"Das ist schon ein erheblicher Eingriff - und einer der wichtigsten Bereiche in der Formel 1 ist nun einmal die Aerodynamik. Es gibt da zwei mögliche Wege und man hat sich eben für diesen entschieden. Wir müssen also einmal abwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Etwas an Grip werden wir ja zurückbekommen, da wir endlich wieder Slicks aufziehen dürfen. Ich denke, darauf freuen sich alle Piloten. Als kleiner Junge war mir schon klar, dass ein echter Rennwagen Slicks haben musste. Sonst ist es doch, wie wenn man ohne Schuhe durch die Stadt läuft. Es sieht einfach seltsam aus, einen Rennwagen mit Rillenreifen zu haben."

"Den Verlust der Aerodynamik werden wir ein Stück weit also durch die Reifen zurückgewinnen. Bei KERS sehe ich wirklich nicht, warum es den Rennsport verbessern sollte. Ich glaube nicht, dass der Sport dadurch bereichert wird. Das wird nur einen Haufen Geld verschlingen. Es ist für einen Hersteller allerdings eine große Herausforderung und daher sehe ich es als positiv an für BMW. Als Fahrer muss ich aber sagen, dass ich es nicht für möglich halte, dass dadurch die Show der Formel 1 verbessert wird."

Den Fans so nah

Robert Kubica

Robert Kubica hat in Polen eine große Formel-1-Fangmeinde aktiviert Zoom

Frage: "Wie fühlst du dich hier in München, in der Heimatstadt von BMW?"
Kubica: "Ich bin eigentlich relativ oft in München, meistens aber für irgendwelche Aktivitäten wie den Fan Event oder Sponsorentermine. Ich bin auch ab und an in der Fabrik und arbeite mit den Ingenieuren. Dieser Tag ist jedenfalls großartig, denn wir können den Fans endlich einmal nahe kommen. Die Formel 1 ist in diesem Punkt sehr zugeknöpft, die Fans gelangen einfach nicht sehr nahe an uns heran. Das ist also eine tolle Möglichkeit und ich denke, es ist wie der Pitlane Park, nur eine Nummer größer. Für Fans und Team gleichermaßen ist es großartig, diese Atmosphäre zu genießen."

Frage: "Wie wichtig ist es für dich - an einem Tag wie diesem - die Unterstützung der Fans zu spüren?"
Kubica: "Es ist einfach fantastisch, wie viele Leute heute gekommen sind - dabei ist das noch nicht mal eine öffentliche Veranstaltung. Wenn dieser Tag der breiten Masse zugänglich wäre, dann würden sicherlich noch deutlich mehr Menschen kommen. Das haben wir mit dem Pitlane Park in vielen verschiedenen Ländern gesehen."

"Als wir in Polen waren, sind etwa 150.000 Zuschauer gekommen. Es ist prima, die Unterstützung der Menschen zu fühlen und nicht nur die deiner eigenen Landsleute. Es ist ja klar, dass Polen eher einen polnischen Fahrer anfeuern werden und Deutsche eher einen deutschen Piloten bevorzugen. Die BMW Fans sind aber absolut spitze und viele der Menschen sind schon seit Sauber-Zeiten dabei. Die sind wirklich Feuer und Flamme für dieses Team. Sie lieben die Formel 1 einfach und sind stolz darauf, hier zu sein."