• 01.10.2007 14:10

  • von Fabian Hust

Kovalainen: Fliegender Finne entkam dem Regen-Absturz

Der Anfang der Saison in der Kritik stehende Renault-Pilot spricht ausführlich über seinen starken zweiten Rang von Fuji und Kuriositäten am Rande

(Motorsport-Total.com) - Erst die Kritik, dann das Vergnügen. Heikki Kovalainen stand zu Saisonbeginn in der Kritik, weil er viele gute Ergebnisse durch Ausrutscher neben die Strecke vergab - in Fuji fuhr er unter widrigen Bedingungen ein tolles und fehlerfreies Rennen, das er auf dem zweiten Rang beendete. Für den Finnen war dies die erste Podiumsplatzierung seiner noch jungen Formel-1-Karriere.

Titel-Bild zur News: Heikki Kovalainen

Heikki Kovalainen jubelt über seine erste Podiumsplatzierung in der Formel 1

"Am glücklichsten bin ich in der Saison über die Tatsache, dass ich das Blatt gewendet habe", so Kovalainen. "Zu Beginn waren die Leute meiner Meinung nach sowohl überrascht und etwas besorgt über mich, weil ich viele Fehler machte. Aber ich blieb konzentriert, arbeitete mit dem Team, nahm ihre Ratschläge ins Rennen mit und blieb zuversichtlich, dass schlussendlich alles gut werden wird."#w1#

"Und nun befinde ich mich in einer normalen Situation, die Ergebnisse kommen und das ist eine große Befriedigung. Ich hoffe, dass dies meine Stärken zeigt und beweist, dass ich mental und körperlich stark genug bin, um eine Chance auf einen Podiumsplatz zu nutzen, wenn ich diese an einem Wochenende erhalte."

"Eine große Befriedigung." Heikki Kovalainen

"Ich war mit der Hoffnung in das Jahr gegangen, regelmäßiger auf dem Podium zu sehen, und ich wollte dies seit Melbourne", so der Renault-Pilot. "Ich denke, dass es ein gute Art war, um es endlich zu schaffen: die Bedingungen waren schwierig, es war ein kniffliges Rennen und ich kämpfte die ganze Zeit bis zum Schluss und schlug Ferrari fair und direkt. Ich bin mit meinem Rennen sehr zufrieden."

Auch für Renault war das Rennen ein Erfolg. Man konnte zwar in diesem Jahr in jedem Rennen punkten, aber 12 Zähler auf einen Schlag - das schaffte man nicht: "Ich bin für das Team sehr glücklich. Sie verdienen dieses Ergebnis: Sie waren es gewohnt, in den vergangenen zwei Jahren Meisterschaften zu gewinnen. Es war aus diesem Grund eine harte Saison, aber alle haben unglaublich hart gearbeitet. Ich bin für all die Jungs wirklich froh."

"Sie verdienen dieses Ergebnis." Heikki Kovalainen

Seinen zweiten Rang wird er "mit einer Nachbesprechung und etwas Zeit im Trainingsraum vor Shanghai" verbringen, wie er verrät: "Wir fahren am Sonntag erneut, wir müssen aus diesem Grund so gut wie möglich von diesem Wochenende lernen und erneut loslegen."

"Das klingt verdammt langweilig, ich weiß, aber ich möchte mich ordentlich vorbereiten, mir kommende Woche selbst die beste Chance verschaffen und sicher stellen, dass wir erneut denselben Vorteil haben können, wenn wir es mit denselben Bedingungen zu tun bekommen", so Kovalainen, der das Rennen als eines der regnerischsten Rennen seiner Karriere bezeichnete: "Aber es waren Bedingungen, in denen man Rennen fahren konnte."

Weil seine Seitenspiegel beschlagen waren, musste er Kimi Räikkönen zum Schluss "blind" hinter sich lassen: "Ich konnte meine Position nicht verteidigen, musste einfach mein eigenes Rennen fahren. Rückblickend war das vielleicht sogar besser, denn das zwang ihn, Risiken einzugehen, anstatt mich dazu, meine Position allzu sehr zu verteidigen und einen Fehler zu machen."

"Ich konnte meine Position nicht verteidigen." Heikki Kovalainen

So war der Überholversuch des Ferrari-Piloten in der letzten Runde für ihn "eine komplette Überraschung": "Er hat da mit Sicherheit zu spät gebremst. Er verpasste dann den Scheitelpunkt, ich konnte ihn mir aus diesem Grund am Kurvenausgang wieder schnappen und blieb bis zur Kurve zehn voll auf dem Gas. Für den Rest der Runde war ich sehr zuversichtlich."

Erstmals in der Geschichte der Formel 1 standen zwei Finnen auf dem Podium. Was hat Räikkönen zu ihm auf dem Podest gesagt? "Er sagte einfach zu mir 'Gut gemacht', gratulierte mir zu einem guten Rennen. Dann sprachen wir über sein Rennen, er war enttäuscht, nicht mehr Punkte geholt zu haben."

Und wusste er, dass zuvor noch nie zwei Finnen auf einem Formel-1-Podium standen? "Das war schön, ja. Ich dachte daran in dem Moment gar nicht, aber es war ein Moment voller Stolz, dort oben zu stehen. Vor allem mit Kimi, denn er ist einer jener der Top-Kerle, vor denen ich eine Menge Respekt habe - und am Sonntag habe ich ihn geschlagen."

Kurios: Es war nicht der einzige Sieg der Familie Kovalainen gegen die Familie Räikkönen. "Mein Vater Seppo rief mich nach dem Rennen an und sagte mir, dass er das Rennen zusammen mit Kimis Vater in seinem Motorraum angeschaut hat. Sie nahmen an diesem Wochenende beide am Finnish Legends-Rennen Teil und mein Vater hat Kimis Vater in diesem Rennen wohl auch geschlagen - allerdings glaube ich, dass er irgendwo zwischen Platz 14 und Platz 17 ins Ziel kam."

"Mein Vater hat Kimis Vater in diesem Rennen wohl auch geschlagen." Heikki Kovalainen

Trotz seines Erfolges in Fuji hebt der 25-Jährige nicht ab, wie er versichert: "Das Ergebnis hatte ich natürlich auch den Bedingungen zu verdanken. Bei trockenen Rennen wie in Monza und Spa sieht man das volle Potenzial des Autos nicht. Wir können im Trockenen nicht um Podiumsplatzierungen fahren, dazu brauchen wir Regen. Wir können in den letzten beiden Rennen gegen BMW fahren. Hoffentlich beenden wir das Jahr mit ein paar starken Resultaten."

Unterdessen ist Kovalainen überzeugt, dass Hamilton ein verdienter Weltmeister sein würde: "Ich denke, dass er sie wirklich verdient hat - und er ist ihr ja nun wirklich nahe", so der Finne gegenüber der 'BBC. "Ich bin mir sicher, dass Fernando und Kimi kämpfen werden, bis es mathematisch vorbei ist, aber Lewis ist nun im Spiel. Er kann es sich leisten, vorsichtig zu sein anstatt große Risiken einzugehen."

"Lewis ist nun im Spiel. Er kann es sich leisten, vorsichtig zu sein anstatt große Risiken einzugehen." Heikki Kovalainen

Kovalainen - vergangenes Jahr bei Renault als Testfahrer Teamkollege von Alonso - erklärt, dass man den Einfluss Alonsos auf die Leistungen Hamiltons nicht unterschätzen dürfe: "Ich bin mir sicher, dass er von Fernando eine Menge gelernt hat. Er war immer in der Lage, seine Daten mit jenen von Fernando zu vergleichen. Wenn man seine Daten mit Fernandos Runde vergleicht, dann liegt die Messlatte wirklich hoch."

"Ich bin mir sicher, dass er von Fernando eine Menge gelernt hat." Heikki Kovalainen

"Wenn du siehst, dass du irgendwo verlierst, und wenn du in der Lage bist, deinen Fahrstil an seinen Standard anzupassen und deine Rundenzeiten an seine, dann wirst du immer vorn liegen. Er ist nun einer der besten Fahrer dort draußen. Ich denke, dass es Lewis geholfen hat, mit ihm zu arbeiten, von ihm zu lernen. Er hat daraus den vollen Vorteil gezogen."

Kovalainen selbst wurde als "neuer Alonso" gefeiert, hat aber noch keinen Vertrag mit dem Team für 2008 in der Tasche: "Es ist sehr wichtig, dieses gute Ergebnis zu haben, aber ich denke nicht, dass davon meine Zukunft abhängt. Ich denke, dass meine Zukunft seit den vergangenen sechs oder sieben Rennen gut aussieht. Ich muss mir darüber keine allzu großen Sorgen machen. Ich habe gezeigt, was ich kann."

"Ich denke nicht, dass davon meine Zukunft abhängt." Heikki Kovalainen

Ausgerechnet in Fuji musste Teamchef Flavio Briatore die Rennstrecke vor dem Ende des Rennens verlassen, aber er gratulierte per Telefon: "Er sagte 'Sehr gut gemacht!'", verrät Kovalainen auf 'formula1.com'. "In den letzten paar Rennen war ich sehr gut und er scheint über meine Leistung ganz glücklich zu sein - trotz des schwierigen Stars. Er sagte, dass dieses Ergebnis für mich und das gesamte Team wichtig war."