• 06.02.2012 11:43

Kaltenborn: "Unterschätzt zu werden, ist auch ein Vorteil"

Sauber-Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn fällt in der Männerdomäne Formel 1 auf - Ein Rückblick auf ihren Weg in den Motorsport

(Motorsport-Total.com) - Als Kind wollte sie Astronautin werden, nach der ersten Bekanntschaft mit dem Motorsport die Rallye Paris-Dakar bestreiten. Es waren nie die kleinen Aufgaben, die Monisha Kaltenborn reizten. Beruflich richtete sie sich früh klar aus: Die Rechtswissenschaften hatten es ihr angetan, und sie hatte auch das Bild vor Augen, damit in eine Management-Position zu wollen. Der Weg der heute 40-Jährigen führte sie ab ihrer Tätigkeit für die Fritz Kaiser Gruppe auf geradem Weg in die Formel 1. 2010 wurde sie die erste Frau, die die Geschäfte eines Formel-1-Teams führt.

Titel-Bild zur News: Monisha Kaltenborn

Monisha Kaltenborn ist die Geschäftsführerin des Sauber-Formel-1-Teams

Sie war acht Jahre alt, als sich die Familie entschloss, die Heimat Indien zu verlassen, um die Zelte anderswo in der Welt aufzuschlagen. "Das geschah damals ohne Not, mehr aus Interesse", erinnert sie sich, "und schließlich entschieden sich meine Eltern für Wien." Dort absolvierte Kaltenborn ihr Jurastudium, und sie wurde österreichische Staatsbürgerin.

Der Weg nach Hinwil

Nach dem Abschluss setzte sie ihre Studien noch an weiteren international renommierten Hochschulen fort, arbeitete bei den Vereinten Nationen sowie für Kanzleien in Deutschland und Österreich. Als sie 1998 zur Fritz Kaiser Gruppe wechselte, war Kaiser Teilhaber des Sauber-Teams.

Die Rechts- und Unternehmensangelegenheiten wurden Kaltenborns Projekt. Als Kaiser seine Teamanteile damals veräußerte, bezog sie zur Jahrtausendwende Quartier in Hinwil und leitete fortan die Rechtsabteilung der Sauber-Gruppe. Seit 2001 gehört sie der Geschäftsführung an, der sie seit 2010 als CEO vorsteht.


Fotos: Präsentation des Sauber-Ferrari C31


Verträge mit Fahrern, Sponsoren und Lieferanten wasserdicht zu verhandeln, gehörte über all die Jahre zu ihrem Tagesgeschäft. Sie pflegte auch die Kontakte mit der FIA und dem kommerziellen Rechtehalter FOM. Öffentlich trat sie vor 2010 wenig in Erscheinung. Unternehmensvorstände und Schlüsselfiguren wie Bernie Ecclestone oder Jean Todt hingegen kannten sie sehr wohl und wussten sie auch richtig einzuordnen.

Anders ein ehemaliger Teamchef: "Er hielt mich ein volles Jahr lang für Peter Saubers Übersetzerin", erzählt Kaltenborn lachend. Es ist für sie kein Problem, einen Mann in der Männerwelt ganz charmant glauben zu lassen, was er glauben will. Sie leistet es sich, ihren messerscharfen Verstand schon mal hinter einem Lächeln zu verbergen. "Unterschätzt zu werden", sagt sie, "ist manchmal auch ein Vorteil."

Eine Frau in der Formel 1

Sie engagiert sich in der im April 2010 gegründeten und von Michele Mouton geleiteten Women and Motorsport Commission der FIA. 2010 saß Kaltenborn in Hockenheim als erste Frau in der FIA-Pressekonferenz für das Top-Management der Teams und vertrat in Suzuka Peter Sauber am Kommandostand.

Peter Sauber und Monisha Kaltenborn

Teamchef Peter Sauber hält viel von der Arbeit seiner Mitarbeiterin Zoom

Beides generierte viel Aufmerksamkeit. Vieles ist inzwischen Routine. Anlässlich des ersten Großen Preises in ihrer Heimat Indien rückte sie noch mehr ins Rampenlicht. Ihre Medienpräsenz bewertet sie schlicht nach deren Wert für das Team. Aber ihre Sachlichkeit steht keineswegs der Freude an ihrem Job im Wege, den sie dann auch mal in erfrischender Offenherzigkeit "richtig cool" finden kann.

"Aber das wirklich Spannende an meiner Aufgabe", stellt sie klar, "findet hinter den Kulissen statt."
Strukturiertes Management ist auch in ihrem Privatleben gefragt. Zusammen mit ihrem deutschen Mann Jens, dem neunjährigen Sohn und der sechsjährigen Tochter lebt sie in Küsnacht, 20 Fahrminuten von der Fabrik entfernt. Und wenn bei all dem ein Zeitfenster für Hobbys aufspringt, dann fühlt sie sich wohl auf der Yogamatte, einem Tennisplatz oder bei einem seltenen Opernbesuch.