• 08.05.2008 16:43

  • von Dieter Rencken

Heidfeld: "Würde mir mal Regen wünschen"

Nick Heidfeld über die Istanbul-Strecke, die Aussichten für Wetter und Rennen und das teaminterne Duell: "Ich kann das noch hinbiegen"

(Motorsport-Total.com) - Nick Heidfeld geht in Istanbul mit einem Handicap an den Start. Der Mönchengladbacher leidet an Heuschnupfen, ständiges Niesen und tränende Augen sind die Konsequenz. Die Aussichten für das Rennen beschrieb der Pilot im BMW Sauber F1 Team als gut, beim Wetter hofft Heidfeld eher auf dunkle Wolken und Regen. In der Interviewrunde mit Journalisten bezog der Deutsche auch zu aktuellen Stärke der Ferrari und dem Kampf gegen Robert Kubica Stellung.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld erwartet auch in Istanbul eine erneute Dominanz von Ferrari

Frage: "Nick, wie schätzt du euer Potenzial mit den neuen Teilen am Auto ein?"
Nick Heidfeld: "Wir haben nicht viele neue Teile dabei. Es sind nur kleine Anpassungen, die zum gewünschten Downforce-Level hier passen. Ich kann nur für mich sprechen. Ich schätze, dass wir eine ähnliche Situation erleben werden, wie in den vergangenen Wochen auch schon. Ferrari wird etwas vorne sein und Mercedes und das BMW Sauber F1 Team kämpfen dahinter gegeneinander."#w1

Erst kommt Ferrari, dann die anderen

Frage: "Was erwartest du für dich generell von diesem Wochenende?"
Heidfeld: "Ich wünsche mir, dass wir auf dem Level sind, den wir schon in den vergangenen Rennen hatten. Ich hoffe außerdem, dass uns die kleinen Änderungen am Auto einen Vorteil verschaffen werden. Speziell gegenüber McLaren-Mercedes wäre das wichtig, weil die zurzeit unser erster Gegner sind. Es wäre natürlich schön, wenn wir ein bisschen näher an Ferrari herankommen könnten, aber die scheinen im Moment ein ganzes Stückchen vorne weg zu sein."

"Ferrari scheint im Moment ein ganzes Stückchen vorne weg zu sein." Nick Heidfeld

Frage: "Übt die Stadt Istanbul auf nach vielen Jahren noch Faszination auf dich aus, oder wird das normal?"
Heidfeld: "Nein, sie ist immer noch faszinierend. Ich bin gestern noch einmal mit einem Boot auf dem Bosporus unterwegs gewesen. Leider war das Wetter schlecht, da sieht es dann natürlich nicht mehr so schön aus wie bei Sonne. Heute morgen waren wir noch einmal dort und da sah es schon viel besser aus, als in diesem grau in grau."

Frage: "Du hat das Wetter angesprochen. Es gibt einige Taxifahrer in Istanbul, die für das Wochenende Regen vorhersagen. Welche Informationen hast du?"
Heidfeld: "Ich habe gehört, dass es Freitag regnen kann. Samstag und Sonntag soll es wohl trocken bleiben, wenn auch das Wetter nicht allzu schön werden soll. Hier an der Strecke habe ich aber noch nicht die Wettervorhersage gecheckt."

Heidfeld hofft auf Regen

Frage: "Würdest du dir denn Regen wünschen? Oder würde das auf dieser Strecke ohne Traktionskontrolle Probleme bringen?"
Heidfeld: "Ich würde mir das mal wünschen. Ich hatte im Winter richtig viel Spaß beim Fahren ohne die Traktionskontrolle. Ich glaube, seitdem sie abgeschafft wurde, hatten wir in noch keiner einzigen Session Regen. Es würde mit Sicherheit nicht nur für die Zuschauer, sondern für uns alle interessant sein zu sehen, wie es denn jetzt im Regen geht. Die Strecke wird dann nicht so einfach sein. Es sind schnelle Ecken dabei und einige lang gezogene Kurven. Bei Regenverhältnissen ist die Strecke hier recht selektiv."

"Bei Regenverhältnissen ist die Strecke hier recht selektiv." Nick Heidfeld

Frage: "Es ist im Vergleich zu den früheren Grands Prix hier ein ganzes Stück weniger warm. Wie wirkt sich das auf die Arbeit mit den Reifen aus?"
Heidfeld: "Das ist eine ganz wichtige Frage, die auch wir jetzt zunächst einmal klären müssen. Das ist kaum vorherzusagen. Es ist gut möglich, dass es schwieriger sein wird, die Reifen auf Temperatur zu bringen - speziell die harten Reifen. Das ist wirklich eine Frage, die mich auch sehr interessiert. Ich kann sie aber jetzt eben noch nicht beantworten."

Frage: "Aber ihr habt doch sicherlich schon Erfahrung gemacht, wie es ist, wenn ihr irgendwo hinkommt und es ist plötzlich etwas kühler, oder?"
Heidfeld: "Ja. Die Erfahrung zeigt, dass es teilweise ein Problem ist und manchmal eben nicht. Man kann es ganz schlecht einschätzen."

Frage: "Was ist so faszinierend an der Kurve acht?"
Heidfeld: "Sie ist einfach einzigartig. Das gibt es auch keiner Strecke der Welt. Zumindest nicht auf denen, die ich kenne. Im Kalender gibt es keine vergleichbare Kurve, die so schnell ist, so lang und eigentlich vier Scheitelpunkte hat. Man fährt sie aber nicht mit vier Apex, sondern - zumindest wenn es geht - in ein oder zwei Zügen durch. Die macht sehr viel Spaß. In den vergangenen Jahren wurde sie immer schwieriger, weil es immer welliger dort wurde. Aber das ist ja auch eine Herausforderung. Wir wollen mal sehen, wie es in diesem Jahr ohne Traktionskontrolle geht. Eigentlich ist eher bei langsamen Kurven das Fehlen der Traktionskontrolle ein Problem, aber wenn man Bodenwellen hat und kurz den Grip verliert, dann könnte das auch etwas schwierig werden."

Kurve acht - Achterbahn von Istanbul

Frage: "Ist die Kurve in irgendeiner Art gefährlich?"
Heidfeld: "Nein. Die Auslaufzonen sind an der Stelle sehr groß. Wir haben da schon einige Abflüge gesehen, wegen technischer Dinge oder wegen eines Fahrfehlers. Ich glaube aber, dass da noch nie einer eingeschlagen ist."

"Man merkt das linksherum fahren schon deutlich." Nick Heidfeld

Frage: "Der Kurs hier wird linksherum befahren. Hast du deshalb dein Training intensiviert?"
Heidfeld: "Ja, ich habe mein Nackentraining etwas intensiviert. Ich habe das früher auch immer in Suzuka und ganz speziell in Interlagos so gemacht. Man merkt das linksherum fahren schon deutlich. Es ist zwar möglich, das in gewissem Sinne zu trainieren, aber das beste Training ist immer noch das Rennen. Manchmal geht es ganz gut, wenn man viel getestet hat, aber es gibt eben sonst nirgends eine solche Ecke wie die Kurve acht hier. Das geht schon auf den Nacken."

Frage: "Wie wichtig ist es für dich, vor dem Teamkollegen zu liegen?"
Heidfeld: "Das ist immer gleich. Das ist immer wichtig. Allerdings ist das im Moment etwas schwieriger für mich als in etlichen Jahren zuvor. Robert scheint gut mit dem Auto klar zu kommen. Er ist momentan schnell, aber ich denke, dass ich das noch hinbiegen kann."

Frage: "Heikki Kovalainen darf an diesem Wochenende fahren. Deinen Teamkollegen Robert Kubica hat die FIA im vergangenen Jahr davon abgehalten. Überrascht dich die Entscheidung?"
Heidfeld: "Wenn man die Zahlen gesehen hat, dann muss man ja sagen, dass der Unfall gar nicht so schlimm war. Er hat zwar brutal ausgesehen, aber war nicht so heftig. Deswegen hat mich diese Entscheidung nicht überrascht."

Mehr Leistung aus dem Motor

Frage: "Es war zu hören, dass man bei Ferrari auf irgendwelchen Wegen Leistungssteigerungen beim Motor erreicht hat. Wie geht so etwas?"
Heidfeld: "Das bin ich nicht gut genug informiert. Ich weiß, dass wir auch ständig daran arbeiten. Wir wollen dort auch Verbesserungen finden, zumindest in dem Rahmen, in dem man das darf. Es ist schon sehr beschnitten, aber wir haben unsere Motorleistung auch verbessert über den Winter. Wir arbeiten jetzt auch immer noch daran. Es geht um die Leistung auf der einen Seite, aber mit dem neuen Reglement geht es auch um die Fahrbarkeit. Wir sind auch immer im Bereich Spritverbrauch dran. Es ist nicht so, dass man da gar nichts macht, weil in dem Bereich das Reglement eingefroren ist. Es gibt immer noch in einem gewissen Rahmen Möglichkeiten, die man ausschöpfen kann."

"Es war wahrscheinlich schon vor Saisonbeginn vielen klar, dass Ferrari am stärksten ist." Nick Heidfeld

Frage: "Wie seht ihr den aktuellen Vorsprung von Ferrari?"
Heidfeld: "Es war wahrscheinlich schon vor Saisonbeginn vielen klar, dass Ferrari am stärksten ist. Im ersten Rennen hat es eben nicht so geklappt, aber danach ist es so gekommen, wie man es erwartet hatte. Bei uns war nie Thema, warum die auf einmal so schnell sind. Ich hatte eigentlich gedacht, dass wir sogar noch weiter weg sind. Das war im Winter auch schwierig einzuschätzen, weil wir nie dabei waren. Man hörte immer nur von Fabelzeiten. So ist es dann zum Glück doch nicht."

Frage: "Jarno Trulli hat im Laufe der Woche erneut alle Fahrer aufgefordert, sich in der Fahrergewerkschaft GPDA zu engagieren. Wie ist deine Haltung dazu?"
Heidfeld: "Ich denke, je mehr Fahrer sich engagieren, umso stärker ist die GPDA. Wir haben ja schon viele Leute an Bord, es fehlen ja nur ein paar Leute. Es ist überhaupt gut, eine solche Einrichtung zu haben. Wir sind jetzt nicht so aktiv, wie wir einmal waren. Es gab Zeiten, da haben wir uns jedes Wochenende zusammengesetzt."

Frage: "Nach dem Unfall von Heikki Kovalainen in Barcelona gab es kritische Stimmen, weil es so lange gedauert hat, bis man ihn aus dem Auto herausgeholt hatte. Wird das Thema in der GPDA sein?"
Heidfeld: "Wir wollen erst einmal abwarten und mehr Hintergrundwissen beziehen. Wir werden Informationen vom Team und von Charlie (Whiting; Anm. d. Red.) bekommen und dann können wir diskutieren. Wenn man das jetzt ohne Hintergrundwissen betrachtet, erscheint es natürlich schon so, als hätte das alles viel zu lang gedauert. Aber wir wollen mal abwarten."

Lange Diskussion um Safety-Car-Regeln

Frage: "Du hast nach dem vergangenen Rennen die Safety-Car-Regeln kritisiert. Sprecht ihr zurzeit über die möglichen Konsequenzen?"
Heidfeld: "Ja, wir sprechen über mögliche Veränderungen der Regeln. Bisher gab es keinen Vorschlag, der perfekt war. Wenn es nach mir ginge, würden wir die alten Regeln einfach wieder einführen. Aber der allgemeine Gedanke ist wohl, dass es dann wieder zu gefährlich würde. Es ist ja immerhin im Sinne der Sicherheit unterwegs. Es soll nicht wieder zu diesen schnellen Fahrten in Richtung Boxengasse kommen und wir wollen auch nicht, dass auf dem Weg dorthin einer einen Unfall hat, wie es Fernando Alonso mal passiert ist."

"Wenn es nach mir ginge, würden wir die alten Regeln einfach wieder einführen." Nick Heidfeld

Frage: "Werden die Regeln denn schon zum Rennen in Monaco geändert werden?"
Heidfeld: "Ich weiß es nicht. Wir reden ja schon seit Monaten darüber und nicht erst seitdem ich in Barcelona Pech mit den Regeln hatte. Ich kenne im Augenblick niemanden, der diese aktuellen Regeln mag."

Frage: "Nach dem Rennen hier in der Türkei geht es in Monaco weiter. Was macht für dich die Besonderheit dieses Grand Prix aus?"
Heidfeld: "Es ist nicht nur die Strecke, das ganze Wochenende mit den ganzen Sachen darum herum ist verrückt. Es ist total überfüllt dort. Da sind jede Menge Leute mit viel Geld. Es ist ganz lustig, sich das mal anzuschauen. Eine Szenerie, die man im normalen Leben nicht sieht. Außerdem kommst du als Zuschauer so nah an die Autos wie sonst nirgends. Wenn mich ein Zuschauer fragen würde, zu welchem Rennen er gehen soll, dann würde ich ihm allein schon wegen der Atmosphäre Monaco empfehlen."

Frage: "Magst du die Strecke?"
Heidfeld: "Ja, denn es ist für uns Fahrer eine außergewöhnliche Strecke. Man kann das mit keiner anderen Strecke vergleichen. Die neuen Stadtkurse werden auch anders sein, auch Melbourne ist ja völlig anders. Es gibt auf allen Strecke überall Reifenstapel, in Monaco macht man da eine Ausnahme. Es gibt dort keine Zeit zum Verschnaufen, keine Gerade. Es geht immer nur um Kurven und es ist auch ein wenig gefährlicher als anderswo. Wir fahren am Ende des Tunnel rund 300 km/h und das ist Wahnsinn. Man darf sich das eigentlich gar nicht vorstellen. Es ist eine meiner Lieblingsstrecken. Erst kommt Suzuka und dann Monaco."

Frage: "Wird euer Auto in Monaco besser sein?"
Heidfeld: "Ich glaube nicht wirklich. Robert (Kubica; Anm. d. Red.) meint zwar, dass unser Auto vor allem in den langsamen Ecken besonders gut sei, aber ich glaube nicht, dass wir dort besser sein werden als anderswo. Da können eben mehr Dinge passieren. Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt kaum sagen, wo wir in Monaco landen werden. Es gibt dort auch nicht die großen Möglichkeiten mit der Strategie. Man kann da höchstens etwas zocken."

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