• 25.05.2012 14:34

"Hassliebe" Monaco: Ein Rennen voller Widersprüche

Monaco ist ein Rennen wie kein anderes in der Formel 1 - Nicht jeder findet das gut, kalt lässt das Spektakel in den Häuserschluchten aber in jedem Fall niemanden

(Motorsport-Total.com/SID) - Eine Autofahrt im Supermarkt, ein Helikopterflug im Wohnzimmer oder einfach nur ein großer Zirkus: Wenn die Fahrer und Funktionäre die Besonderheit des Formel-1-Rennens von Monaco beschreiben sollen, greifen sie zu den blumigsten Vergleichen. Die einen lieben das ungewöhnlichste Rennen des Jahres, die anderen hassen es. Kalt lässt das Spektakel in den Häuserschluchten von Monaco aber niemanden.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Einmalige Atmosphäre: Nur wenige Meter neben den Jachten dröhnen die Motoren

Das Ambiente mit den Luxusyachten im noblen Hafen hat schon ohne die vielen Schönen und Reichen, die am Formel-1-Wochenende die Bühne suchen, unglaubliches Flair. Und zwar ein so großes, dass sogar der überbordende Ehrgeiz von Sebastian Vettel da nicht mithalten kann. Der Weltmeister der vergangenen beiden Jahre erinnert sich noch lebhaft an sein erstes Rennen in Monte Carlo, das er als Zwölfjähriger erlebte.

2000: Vettels erstes Mal

"Das war 2000 beim Monaco Kart Cup", erinnert er sich: "Es war ein tolles Erlebnis - obwohl ich rausgeflogen bin." Eine bemerkenswerte Aussage für jemanden, der vier Jahre später 18 von 20 Rennen der Formel BMW gewann - und sich maßlos über die beiden verpassten Siege ärgerte.

"Das Faszinierende in der Formel 1 ist die Verbindung von Sport und Zirkus. Hier überwiegt eben der Zirkus", erklärt Peter Sauber, Teamchef des Sauber-Rennstalls und seit mehr als 40 Jahren im Geschäft: "Viele pflegen eine innige Hassliebe zu Monaco. Das ist etwas Lotterie, etwas Roulette, manche mögen das, andere nicht." Das Straßenrennen im Fürstentum erinnert den Schweizer an ein Bergrennen: "Man braucht hier Selbstvertrauen, Überwindung - und eine Prise Leichtsinn."

Ein Rennen voller Widersprüche

Saubers Pilot Sergio Perez hatte im Vorjahr mit einem heftigen Unfall schockiert. Und obwohl die Veranstalter jene Stelle für 2012 überarbeitet haben, bleiben das Risiko und der Nervenkitzel in Monaco größer als anderswo. "Einerseits setzen wir Fahrer uns seit vielen Jahren erfolgreich für mehr Sicherheit an den Strecken ein, andererseits fahren wir freiwillig in Monaco", erklärt Rekordweltmeister Michael Schumacher.

Nico Rosberg

Der enge Leitplankenkanal bringt die Piloten in Monaco an die Grenzen Zoom

Auf Monaco verzichten will er deshalb aber noch lange nicht. "Aus meiner Sicht ist das einmal im Jahr durchaus zu vertreten", sagt der 43-Jährige. "Besonders, weil das Fahren dort so wahnsinnig viel Spaß macht." Vettel ergänzt: "Man merkt das Kribbeln hier an jeder Stelle."

Warum die Motoren am Freitag ruhig bleiben


Fotos: Großer Preis von Monaco


Weniger Spaß macht den Piloten der freie Freitag. Der wurde einst zur Tradition, weil das Rennwochenende stets um Christi Himmelfahrt herum ausgetragen wurde, um die Straßensperren für Training und Rennen nicht an normalen Geschäftstagen errichten zu müssen. Jetzt bleibt es bei dem Donnerstag-Training, auch wenn Christi Himmelfahrt wie beispielsweise in diesem Jahr weit entfernt ist.

"Jeder meint, du hättest frei, und fragt, ob du nicht dieses oder jenes machen kannst", meint Vettel. "Das macht das Wochenende nicht leichter." Statt eines Sonnenbads auf einer Jacht, einer Shopping-Tour durch die exklusiven Läden oder einer rauschenden Party in einem Nobelklub stehen für die Piloten nämlich im Endeffekt Sponsorentermine und Technikmeetings auf dem Programm.

Ricciardos eigenwilliges Monaco-Training

Das stört nach dem Freien Training am Donnerstag eigentlich die Konzentrationsphase, doch selbst das kann die Freude bei einigen Fahrern nicht schmälern. "Hier ist es so, als müsstest du das Auto durch einen Supermarkt steuern", sagt der Australier Daniel Ricciardo, der fürs Red-Bull-Schwesterteam Toro Rosso unterwegs ist. "Mir gefällt das. Als Kind bin ich auch immer mit meinem Fahrrad zu Hause gefahren, weil es so schwieriger war."

Für den deutschen Marussia-Piloten Timo Glock fühlt es sich eher an, "wie mit dem Helikopter im Wohnzimmer rumzufliegen. Das ist ein Tanz an der Leitplanke entlang, und das macht es auch so speziell." Und selbst für erfahrene Piloten wie Glock ist Monaco eines der Lieblingsrennen. "Alle anderen laufen immer im gleichen Schema ab", sagt der Hesse. "Hier und in Singapur läuft alles ein bisschen aus dem Ruder. Und das macht extrem Spaß."