• 17.04.2009 15:44

  • von Fabian Hust & Dieter Rencken

Hamashima: "In Melbourne lagen wir etwas daneben"

Bridgestones Entwicklungschef Hirohide Hamashima über die Kritik der Fahrer an der Reifenwahl, die Charakteristik der Autos und die Arbeit für 2010

(Motorsport-Total.com) - In den vergangenen Tagen musste sich Reifen-Ausrüster Bridgestone mehr als nur einmal harsche Worte der Kritik anhören, denn die Japaner entschieden sich, nach China erneut die weichste Mischung mitzunehmen. Und die führte im Rennen in Melbourne bei allen Fahrern zu großen Problemen, da die Abnutzung zu groß war.

Titel-Bild zur News: Hirohide Hamashima

Hirohide Hamashima erklärt, warum die Reifen 2010 anders werden

Fernando Alonso bezeichnete die Reifenwahl von Bridgestone im Vorfeld des Rennwochenendes in Schanghai sogar als "lächerlich": "Heute sagte dieser frühere Formel-1-Weltmeister, dass die Situation nicht allzu schlecht ist. Wir sind über diesen Kommentar natürlich sehr glücklich", lacht Bridgestones Entwicklungschef Hirohide Hamashima.#w1#

In Australien irrte sich Bridgestone

"In Melbourne lagen wir mit unserer Vorhersage etwas daneben. Wir hatten erwartet, dass sich die Strecke aufgrund der Temperaturen stärker verbessern würde. Aber selbst im Rennen sahen wir solche Verbesserungen nicht. Aus diesem Grund war das Graining so stark und der Einfluss auf die Rundenzeit. Das veranlasste Fernando zu dieser Aussage."

Besonders nach dem 1. Freien Training erneuerten einige Fahrer ihre Kritik an der Reifenwahl, doch den Japaner lässt dies gelassen: "Viele Fahrer haben gesagt, dass die Haftung der Strecke viel schlechter war als im vergangenen Jahr. Aber die Strecke verbesserte sich im zweiten Training deutlich stärker. Ich denke jedoch, dass wir im Rennen im Zielkorridor sind und der weiche Reifen zehn Runden halten kann. Heute konnten Rubens und Jenson, die natürlich auf ihre weichen Reifen achten, zehn Runden fahren."

Weiterhin "unpassende" Reifen

Die Taktik von Bridgestone heißt in Absprache mit dem Automobilweltverband FIA dieses Jahr, immer einen Reifen mitzubringen, die nicht ganz optimal zur Strecke passt, dies soll spannendere Rennen und mehr Überholmanöver bescheren: "In Melbourne hat der Unterschied sechs Sekunden betragen, hier gehen wir von einer Sekunde aus. Aber im Moment rechnen wir nur hoch, morgen kann ich dies genauer sagen." In Australien war man also über das Ziel hinaus geschossen, in Schanghai soll man wieder im gewohnten Korridor liegen.

Zudem erwartet Hamashima, dass sich die Strecke im Vergleich zu Melbourne im Verlauf des Rennens deutlich verbessern wird: "Dieser Kurs kommt einer dauerhaft benutzen Rennstrecke schon sehr nahe. Ich gehe davon aus, dass wir im Verlauf des Rennens eine Verbesserung um eine Sekunde pro Runde sehen werden. Hier hilft uns natürlich auch die Temperatur."

Von der neuen Strategie der Reifen-Zuordnung möchte man jedenfalls nicht abrücken: "Wir werden bei den kommenden Rennen dieselbe Philosophie anwenden. Wenn wir natürlich in China Probleme haben, dann müssen wir die Zuordnung für die kommenden Rennen überdenken. Aber im Moment sind wir zuversichtlich, dass dies nicht notwendig ist." Dies heißt jedoch nicht, dass man offen sei für Diskussionen mit den Fahrern.

BMW Sauber F1 Team nimmt die Reifen zu hart ran

Auffällig war, dass die Teams unterschiedlich gut mit der super-weichen Mischung zurecht kamen: "Brawn und Toyota hatten kein Graining, die beiden liegen vorne, sie haben genügend Abtrieb. BMW hatte sehr ernsthaftes Graining. Abtrieb hilft sehr, vor allem in Bezug auf Graining. Ferrari scheint nicht so viel Abtrieb zu haben, weswegen sie rutschen, was für die Reifen hart ist. Die Brawn-Autos rutschen überhaupt nicht, das ist ihre Charakteristik. Der BMW nimmt den Reifen einfach zu hart ran, ist zu aggressiv."

Dass Robert Kubica erstmals im Rennen KERS einsetzen kann - der Pole hatte das System zur Rückgewinnung von Energie am Freitag erstmals im Rahmen eines Rennwochenendes ausprobiert -, glaubt Hamashima aus diesem Grund nicht: "Bei ihm war die Abnutzung der Reifen etwas groß. Ich denke nicht, dass er mit KERS fahren kann."

Schmalere Reifen für 2010

Kommendes Jahr sollen die Reifen wieder verändert werden, die Vorderreifen sollen schmaler werden: "Darüber unterhalten wir uns im Moment mit der FIA. Das ist also noch nicht entschieden. Vielleicht werden die vorderen Reifen schmaler. Die Hinterräder werden wohl dieselbe Breite haben. Wenn wir die Hinterräder breiter machen würden, dann müssten wir alle Maschinen zur Produktion anpassen. Die schmaleren Reifen hatten wir schon 1997, da verfügen wir also über Produktionsmaschinen."

"Alle Teams wollen natürlich von Bridgestone haben, dass wir ihr Auto ausbalancieren. Schon 2008 schlugen wir schmaleren Reifen für das 2009er-Auto vor. Aber alle lehnten unseren Vorschlag ab, weil sie das Auto schon entwickelt hatten. Im Winter testeten wir dann den Prototyp-Reifen für 2010. Die Balance der Autos war damit sogar etwas besser als jene mit den aktuellen Reifen. Aber da 2010 alle mit KERS fahren wollen, reicht dies noch nicht aus, weswegen wir einen noch schmaleren Vorderreifen vorgeschlagen haben."

Auch die Mischungen muss der Monopol-Ausstatter der "Königsklasse des Motorsports" vor dem kommenden Jahr überarbeiten: "Die Mischungen werden verändert, weil die Reifenwärmer verboten werden." Der Gummi muss dann in der Lage sein, innerhalb von kurzer Zeit sein Arbeitsfenster zu erreichen.