Fittipaldi: Alles begann auf zwei Rädern

Emerson Fittipaldi blickt auf den Beginn seiner Karriere zurück: Von ersten Runden auf einem Motorrad bis zum ersten Formel-1-Sieg unter schwierigen Umständen

(Motorsport-Total.com) - Obwohl er seine aktive Karriere inzwischen beendet hat, kommt Emerson Fittipaldi vom Rennsport nicht los. "Auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach meinem ersten Rennen liebe ich den Rennsport noch immer. Wo auch immer ich mich gerade auf der Welt befinde, ich denke stets an den Rennsport. Er ist mein Leben", beteuert der mittlerweile 66-jährige, aber im Herzen jung gebliebene Brasilianer, der es in seiner langen und erfolgreichen Karriere auf zwei WM-Titel in der Formel 1 (1972 und 1974), einen IndyCar-Titel (1989) sowie zwei Siege beim legendären Indy 500 (1989 und 1993) brachte.

Titel-Bild zur News: Emerson Fittipaldi

Emerson Fittipaldi wurde 1972 und 1974 Formel-1-Weltmeister Zoom

Seine ersten Meter auf einer Rennstrecke legte "Emmo" allerdings auf zwei Rädern zurück. "Als ich 14 Jahre alt war, nahm ich mit einer kleinen 50-Kubikzentimeter-Maschine an einigen Rennen teil. Ich bereitete das Motorrad selbst vor und lernte auf diese Weise durch Ausprobieren was es heißt, ein Mechaniker zu sein", erinnert sich die brasilianische Rennfahrer-Legende und blickt mit Stolz darauf zurück, wie er seinem älteren Bruder Wilson bei dessen Gewinn der nationalen Kart-Meisterschaft als Mechaniker zur Seite stand.

Nachdem er im Dezember 1963 seinen lange herbeigesehnten 17. Geburtstag gefeiert hatte, durfte Emerson Fittipaldi in der Saison 1964 endlich selbst an Kart-Rennen teilnehmen - und siegte prompt beim ersten Anlauf. In der darauffolgenden Saison folgte der erste Titel. Es dauerte nicht lange und "Emmo" stieg vom Kart in sein erstes Auto um, einen heckgetriebenen Renault Gordini. Das erste Rennen auf einem Stadtkurs in Rio de Janeiro endete prompt auf dem Dach. "Das war das der einzige Überschlag in meiner gesamten Karriere", rekapituliert Fittipaldi, dessen Laufbahn nach seinem schweren IndyCar-Unfall auf dem Michigan-Oval im Juli 1996 zu Ende ging.

Formel-1-Debüt im Sommer 1970

"Ich qualifizierte mich für Startplatz 21. Das war nicht großartig, doch damit hatte ich mein selbstgestecktes Ziel erreicht." Emerson Fittipaldi

Sein Formel-1-Debüt gab Fittipaldi im Sommer 1970 beim Grand Prix von Großbritannien in Brands Hatch am Steuer eines Lotus 49. "Meine Teamkollegen waren Jochen Rindt im moderneren und schnelleren Lotus 72 und Graham Hill, der genau wie ich in einem 49er saß. Ich qualifizierte mich für Startplatz 21. Das war nicht großartig, doch damit hatte ich mein selbstgestecktes Ziel erreicht", erinnert sich der Brasilianer. Teamkollege Hill, seines Zeichens bereits zweifacher Weltmeister, stand neben ihm auf Startplatz 22. Auch im Rennen bewegten sich die beiden auf Augenhöhe. Hill kam nach 80 Runden als Sechster ins Ziel, Fittipaldi wurde bei seinem Grand-Prix-Debüt Achter.

Zwei Wochen später in Hockenheim kam Fittipaldi auf Platz vier ins Ziel. Sieger wurde wie schon in Brands Hatch Lotus-Teamkollege Rindt mit dem 72er. Bei Rindts Heimspiel in Österreich gab es weder für den in Gesamtwertung führenden Lokalmatador noch für Formel-1-Neuling Fittipaldi etwas zu holen. Anschließend stand der Grand Prix von Italien in Monza auf dem Plan.

Jochen Rindts Tod ein schwerer Schlag

Jochen Rindt

Nach Rindts Tod in Monza 1970 übernahm Fittipaldi den Lotus 72 Zoom

Im Qualifying verunglückte Rindt nach Bremsversagen am Lotus 72 auf der Anfahrt zur Parabolica-Kurve tödlich. Wenige Stunden zuvor hatten er und Fittipaldi noch gemeinsam gefrühstückt und sich darauf geeinigt, dass der aufstrebende Brasilianer in der Saison 1971 anstelle des Österreichers die Formel-2-Rennen für Lotus bestreiten würde. "Jochens Tod war für uns alle unglaublich schwer zu verkraften", beteuert Fittipaldi. Dank seines Punktevorsprungs wurde Rindt am Ende der Saison 1970 zum einzigen posthumen Formel-1-Weltmeister gekürt.

Doch die Formel-1-Welt drehte sich auch nach Rindts tragischem Tod weiter. Bei Lotus entschloss man sich, den Grand Prix von Kanada in Mont-Tremblant auszulassen. Stattdessen griff man erst beim vorletzten Saisonlauf, dem Grand Prix der USA, wieder ins Geschehen ein. "Als ich in Watkins Glen ankam, lastete ein enormer Druck auf mir. Ich hatte noch nicht genügend Erfahrung, um der Nummer-eins-Fahrer des Lotus-Teams zu sein. Dennoch saß sich ab diesem Zeitpunkt im 72 und fuhr auf Startplatz drei", erinnert sich Fittipaldi, dessen weiteres Wochenende zunächst unter keinem guten Stern stand.

Mit Fieber zum ersten Formel-1-Sieg

Emerson Fittipaldi im Lotus 72D von 1972

Im Rahmen des Grand Prix von Bahrain 2010 führte "Emmo" den 72 noch einmal aus Zoom

"Am Abend bekam ich plötzlich hohes Fieber und ging früh zu Bett. Ich konnte nicht schlafen und rief einen Arzt. Er gab mir Medikamente, aber ich konnte trotzdem die gesamte Nacht über nicht schlafen. Am nächsten Morgen fühlte ich mich müde und unwohl." Dennoch besiegte Fittipaldi am Sonntag nicht nur Schmerzen und Müdigkeit, sondern auch sämtliche Gegner auf der Strecke und fuhr bei seinem erst vierten Grand-Prix-Start zum ersten Sieg.

"Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich durch die letzte Kurve fuhr und sah, wie Colin auf die Strecke rannte und seine Mütze in die Luft schleuderte", bringt Fittipaldi die Erinnerung an das übliche Siegesritual von Lotus-Gründer und Teamchef Colin Chapman zurück und hält fest: "Als Kind hatte ich viele Fotos gesehen, auf denen er genau das für Jim Clark und Graham Hill tat. An diesem Tag galt diese Geste mir. Es ist bis heute eine wunderschöne Erinnerung."