• 08.04.2007 17:30

Ferrari: "Werden unsere Performance analysieren"

Teamchef Jean Todt und Chefstratege Luca Baldisseri beleuchteten nach dem Rennen in Malaysia die Hintergründe der schmerzlichen Niederlage

(Motorsport-Total.com) - Nach jedem Rennen versammelt Jean Todt in der Ferrari-Hospitality ein paar handverlesene Journalisten um sich, mit denen er das jeweils zurückliegende Rennwochenende analysiert. Heute lud er als Unterstützung auch noch seinen Chefstrategen Luca Baldisseri ein. Gemeinsam gingen sie den Ursachen für die Niederlage gegen McLaren-Mercedes auf den Grund.

Titel-Bild zur News: Jean Todt

"Napoleon" Jean Todt konnte seinen Eroberungszug heute nicht fortsetzen...

Frage: "Jean, wie lautet dein Fazit nach diesem Wochenende?"
Jean Todt: "Wir sind definitiv enttäuscht, denn wenn man nach dem Qualifying Erster und Dritter ist, erwartet man ein besseres Resultat. Jeder konnte sehen, dass unser Rennen am Start beeinträchtigt wurde, als Felipe nicht so gut wie erhofft wegkam und beide McLarens an ihm und einer an Kimi vorbeigehen konnte. Dann sahen wir einen Überholversuch gegen Hamilton, aber Felipe kam von der Strecke ab und wurde von zwei Autos überholt. Er konnte diese Positionen nicht mehr aufholen, weil wir wissen, dass wir gegen sehr starke Teams antreten, die ihren Erfolg verdienen. Mehr gibt es nicht zu sagen. Nächste Woche wollen wir es besser machen."#w1#

Räikkönens Motor war gedrosselt

"Da reden wir von einer Zehntelsekunde pro Runde." Jean Todt

Frage: "Kimi Räikkönen sprach von Kompromissen, die er eingehen musste. Meinte er damit reduzierte Drehzahlen oder aerodynamische Faktoren?"
Todt: "Sie alle wissen dass es wegen eines Wasserlecks in Australien eine gewisse Besorgnis gab. Wir sahen keinen Anlass, den Motor zu wechseln, aber wir dachten, es sei klüger, das in Betracht zu ziehen und nicht das Maximum aus dem Motor herauszuholen. Da reden wir von einer Zehntelsekunde pro Runde. Wir müssen die Rundenzeiten noch analysieren."

Frage: "Konnte Felipe Massa seinen Motor voll ausschöpfen oder war seine Leistung ähnlich wie jene bei Kimi Räikkönen?"
Todt: "Er hatte im ersten Rennen kein Wasserleck. Wir haben seinen Motor ja nach dem Programmfehler im Getriebe in Australien gewechselt, daher denke ich, dass sein Motor ziemlich frisch war."

Frage: "Auch bei freier Fahrt wart ihr nicht so schnell wie im Qualifying oder beim Test vergangene Woche. Wie kam das?"
Luca Baldisseri: "Das stimmt, wir werden unsere Performance analysieren. Wir sind verglichen mit unserem Mitbewerber etwas aggressiver ins Qualifying gegangen. Durch den Start wurde diese Planung beeinträchtigt, denn wir steckten hinter Fahrzeugen mit mehr Benzin fest, was uns dazu zwang, die Autos für den zweiten Stint etwas schwerer zu betanken. Wie man an den Daten ablesen kann, musste Alonso nicht alles geben, denn Hamilton hat ihm an Beginn den Rücken freigehalten. Felipe versuchte aus eben diesem Grund ein rasches Überholmanöver, aber dabei hatte er leider ein bisschen Pech."

"Das schwerere Auto ist hier ein Nachteil, für den wir meiner Meinung nach bezahlen mussten. Das Auto war nicht so gut wie am Freitag oder beim Testen. Wir analysieren die Daten, um zu verstehen, was mit dem Paket los war. Wir konnten das Auto vom Freitag und vom Testen nicht reproduzieren. Ich kann nur noch einmal sagen, dass hier die Benzinlast sehr entscheidend ist. Am Freitag weiß man aber nie genau, wer wie viel Benzin an Bord hat. Vielleicht liegt es auch daran."

Wie viel Zeit kostete die Unterbodenregel?

"Wir hatten die gleiche Spezifikation im Qualifying wie im Rennen." Jean Todt

Frage: "Spielte die Änderung der Unterbodenregelung eine Rolle oder gibt es andere Gründe dafür, dass Ferrari und McLaren-Mercedes jetzt näher beisammen liegen?"
Todt: "Ich denke, 'Baldo' kann bestätigen, dass wir die gleiche Spezifikation im Qualifying hatten wie im Rennen."

Frage: "Gab es beim ersten Boxenstopp von Kimi Räikkönen Probleme? Aufgrund der Dauer des Stopps war zu vermuten, dass er einen längeren Stint fahren würde."
Baldisseri: "Ja, das müssen wir analysieren. Ich habe das Video noch nicht gesehen, aber das müssen wir verstehen. Ich muss das erst noch untersuchen."

Frage: "Wart ihr überrascht über den Zeitpunkt der ersten Boxenstopps von McLaren-Mercedes? Hättet ihr sie früher an der Box erwartet?"
Baldisseri: "Um ehrlich zu sein: Wir wussten, dass drei Zehntelsekunden zwischen Felipe und Alonso in etwa der Abstand von Melbourne waren. Wenn man den Benzinunterschied in Melbourne zwischen Kimi und Alonso analysiert, dann vermuteten wir Felipe und Alonso auf der gleichen Strategie. Das war korrekt, denn der Unterschied betrug eine Runde. Unterm Strich war Hamilton ein bisschen langsamer, also hatte er wohl ein etwas schwereres Paket."

Frage: "Ihr wart meistens im Verkehr. Inwieweit hatte das Auswirkungen auf die Kühlung?"
Baldisseri: "Ich denke, in diesem Jahr haben die Reifen weniger Grip als im Vorjahr, daher braucht man definitiv mehr Downforce, um Performance aus dem Auto herausholen zu können. Wenn man hinter einem anderen Auto fährt, verliert man Downforce. Aus diesem Grund wird man in diesem Jahr hinter anderen Autos mehr Zeit verlieren. Das ist ein Punkt, den wir leider noch unter die Lupe nehmen müssen."

Zuversicht vor nächstem Rennen in Bahrain

"Vor drei Wochen hieß es noch, wir seien unschlagbar, aber wir haben gesagt, dass dem nicht so ist. Jetzt hat sich das völlig erledigt." Jean Todt

Frage: "Mit welchem Gefühl fliegt ihr jetzt nach Bahrain? Seid ihr nach den Wintertests dort zuversichtlich?"
Todt: "Ich denke, wir werden konkurrenzfähig sein. Vor drei Wochen hieß es noch, wir seien unschlagbar, aber wir haben gesagt, dass dem nicht so ist. Jetzt hat sich das völlig erledigt. Es ist einfach nicht so! Wir haben ein gutes Auto, also sollten wir uns in Bahrain vorne qualifizieren, einen besseren Start hinlegen. Dann sehen wir weiter."

Frage: "Habt ihr Neuerungen für Bahrain?"
Todt: "Nicht für Bahrain, erst für Barcelona."

Frage: "Was ist am Start eigentlich schief gelaufen?"
Baldisseri: "Von der Performance her laut den Daten gar nichts. Wir verloren verglichen mit dem anderen Performance, das steht fest. Es gab kein bestimmtes Problem. Wir müssen sehen, was los war, speziell nahe der ersten Kurve, wo Alonso nahe an Felipe dran war, Felipe die Kurve aber nicht zumachen konnte."

Frage: "Hatte Kimi Räikkönen in der letzten Runde volle Drehzahl zur Verfügung, um Lewis Hamilton eventuell noch zu überholen?"
Baldisseri: "Wir sahen, dass Hamilton ein bisschen Probleme hatte, speziell zu Beginn des letzten Stints, also baten wir Kimi, ihn noch einmal zu attackieren, aber unterm Strich war uns klar - wie Jean schon gesagt hat -, dass dieser Motor beeinträchtigt war. Wir konnten also aufschließen, aber es war nicht genug."