• 12.09.2010 20:15

Emotionaler Alonso: Schöner als im kühnsten Traum

Der Ferrari-Pilot auf der Pressekonferenz über den Verlauf des Großen Preises von Italien, und wie er um den Sieg beim Heimrennen kämpfte

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Es muss für dich eine großartige Erfahrung gewesen zu sein, auf dem Podium zu stehen, oder?""
Fernando Alonso: "Ja. Es ist etwas, das man lediglich mit meinem Sieg beim Großen Preis von Spanien vergleichen kann, den ich 2006 geholt habe. Dieser Sieg ist sehr, sehr speziell, und ich habe jetzt besondere Gefühle. Es ist schwierig auszudrücken, aber es ist ein wirklich emotionaler Sieg."

Titel-Bild zur News: Ferrari-Team

Das Ferrari-Team durfte für ein Siegerfoto auf das Podium

Frage: "Die Bedeutung dieses Sieges ist auch im Hinblick auf die Weltmeisterschaft gewaltig..."
Alonso: "Nun, in Bezug auf das Ergebnis - Webber war lediglich Sechster und Hamilton hatte das Problem - also ist es für die Meisterschaft in Bezug auf den Punkterückstand sehr wichtig. Aber wie ich schon am Donnerstag gesagt habe, hängen unsere Chancen auf den Gewinn des Titels in diesem Jahr nicht davon ab, was die anderen machen."#w1#

"Ich denke, dass wir etwas Konstanz finden müssen, denn dies war ein gutes Wochenende, aber Spa war ein schlechtes Wochenende. Wir können es uns also nicht erlauben, solche schlechten Wochenenden zu haben. Wir benötigen etwas Konstanz und falls möglich mehr Zielankünfte auf dem Podium."

"Wenn wir das schaffen, dann werden wir schauen, was unsere Gegner machen. Aber im Moment müssen wir uns nicht anschauen, was die anderen machen, denn manchmal zeigen wir nicht 100 Prozent. Das ist das, auf das wir uns konzentrieren müssen."

Frage: "Erzähl uns etwas über den Start des Rennens!"
Alonso: "Nun, es war sehr, sehr schwierig, ein sehr stressiger Moment. Nicht zu sehr der Start als Start an sich, denn der war gut. Ich habe nicht gespürt, dass etwas schief gelaufen ist, aber Jenson hatte einen viel besseren Start. Aus diesem Grund versuchte ich mich zu verteidigen, aber das war nicht möglich."

"Ich versuchte, ihn hinter mir zu halten, aber da war es schon zu spät. Jenson hatte in der ersten Kurve eine sehr gute Position. Ich versuchte spät zu bremsen, aber auch Jenson war da schon am Bremspunkt. Ich versuchte, die erste Kurve zu durchfahren."

"Ich berührte mit der Frontpartie hinten links das Heck von Jensons Auto, und hüpfte dabei etwas. Als ich wieder landete, berührte ich Felipe rechts, wir hatten also auf zwei Metern in der ersten Kurve zwei Berührungen. Ich dachte zu diesen Moment, dass an meinem Auto vielleicht etwas beschädigt ist. Vielleicht sollte ich nicht mehr konkurrenzfähig sein, oder das Auto würde in der nächsten Kurve Untersteuern zeigen."

"In den ersten paar Runden kontrollierte ich aus diesem Grund einfach nur, wie sich das Auto verhielt. Alles war in Ordnung, also machten wir weiter Druck. Die ersten zehn Sekunden des Rennens waren jedoch ziemlich stressig und ziemlich negativ, denn ich dachte, dass es ein viel größeres Problem sein würde, als es dies am Ende schlussendlich war."

Frage: "Danach ging es wohl nur darum, zu warten, bis Jenson an die Box kommt..."
Alonso: "Nein, wir attackierten Jenson. In einigen Runden hatte ich die Zuversicht, dass ich vielleicht vor oder nach der Parabolica nahe genug dran bin, um von der zusätzlichen Geschwindigkeit zu profitieren. Heute war unser Auto auf den Geraden schneller als jenes von Jenson, ich wusste aus diesem Grund, dass ich vielleicht eine Chance habe, wenn ich aus der Parabolica heraus nahe genug dran bin."

"Ich habe das gesamte Rennen über Druck gemacht, um diese Möglichkeit zu haben, aber Jenson fuhr super und es war nicht möglich. Er machte auf der gesamten Runde nicht einen einzigen Fehler, ich hatte aus diesem Grund in der Parabolica immer etwas Abstand."

Frage: "Als er dann an die Box kam, hast du dann auf dieser einen Runde Druck gemacht?"
Alonso: "Ja, wir hatten natürlich zwei Möglichkeiten. Eine Runde früher als er an die Box zu kommen oder eine Runde länger zu fahren, abhängig davon, was er macht. Als wir sahen, dass er an die Box kommt, wussten wir, dass wir lediglich eine Runde haben, denn danach war der härtere Reifen schneller. Wir hatten eine Runde. Ich machte Druck."


Fotos: Fernando Alonso, Großer Preis von Italien, Sonntag


"Die Runde war hundertprozentig und der Boxenstopp fühlte sich in meinen Augen sehr gut an. Ich hielt an, wechselte die Reifen, und dann bekam ich grünes Licht. Ich hatte nicht einmal den ersten Gang eingelegt. Es war eine Überraschung, wie schnell das ging. Den Großteil des Rennens und den Großteil der Überholmanöver vollführte ich dank der Mechaniker, dank dem Team, denn das war perfekte Arbeit."

Frage: "Du hattest einen kleinen Schreckmoment, als du in der sechsten Runde in der ersten Schikane neben die Strecke geraten bist..."
Alonso: "Ja, ich hatte Pedro für anderthalb Runden vor mir, und in der ersten Schikane dachte ich, dass er mich vorbei lässt und bremste etwas später, um ihn zu überholen. Dann machte er die Türe zu, ich vermied aus diesem Grund jedes Risiko und sagte, dass ich geradeaus fahre. Aber dann waren da diese drei großen Unebenheiten, ich musste aus diesem Grund so sehr abbremsen, dass ich mir mein Auto nicht beschädige. In diesem Moment war es vielleicht besser, das zu vermeiden, aber er war nun einmal da und wir hatten ausreichend Glück, dass das Auto an einem Stück blieb."

Frage: "Ihr habt ein siegfähiges Auto für Monza gebaut, was eine spezielle Strecke ist. Wie viel Arbeit habt ihr nun zu erledigen, um ein Auto für Singapur zu bauen, eine konventionellere Strecke am Ende der Saison?"
Alonso: "Monza verlangt nach sehr einzigartigen Heckflügel. Der Rest des Autos sollte mehr oder weniger derselbe sein. Ich denke, dass wir uns über das Singapur-Paket nicht allzu viele Sorgen machen sollten. Denn wir kennen diese Strecke. In Bezug auf das Layout und die Charakteristiken der Kurven ist Singapur das Gegenteil. Wir gehen davon aus, dass Red Bull in Singapur sehr konkurrenzfähig sein wird."

Frage: "Zum ersten Mal in deiner Karriere kämpfst du in einer anderen Situation als 2005 und 2006 um die Meisterschaft, als du sie angeführt hast. Verspürst du einen anderen Druck, ist es anders?"
Alonso: "Nun, ich denke, dass ich auch 2007 gekämpft habe. Ich lag um 20 Punkte hinter dem Führenden, und wir kamen mit derselben Anzahl an Punkten zum letzten Rennen, das ist nicht das Beste. Natürlich würden wir alle gern auf der ersten Position liegen und den Vorsprung verteidigen, denn in dieser Position, in der wir uns nun befinden, gibt es keinen Raum für Fehler oder für einen Ausfall in einem Rennen."

"Wie wir heute bei Hamilton gesehen haben: er lag in Führung und nach seinem Problem heute weiß ich nicht, ob er noch in Führung liegt, aber er kämpft immer noch ohne Risiko um die Meisterschaft. Für uns ist das anders. Falls wir ein Problem haben, dann sagen wir vielleicht zur Meisterschaft auf Wiedersehen."

"Das ist also nicht ideal, aber wir müssen mit diesem Stress oder diesem Druck umgehen, es ist nun an der Zeit, abzuliefern. Es sind noch fünf Rennen zu fahren, also lasst uns versuchen, unser Maximum zu geben. Wir dürfen niemals aufgeben und wir werden es probieren, mit dem Wissen, dass es sehr schwierig wird."

Frage: "Als du zu Ferrari gekommen bist, hast du da von diesem heutigen Ergebnis geträumt, oder waren diese Szenen dort draußen jenseits deiner Vorstellungskraft?"
Alonso: "Ich hatte mir nie vorgestellt, dass es so gut sein würde. Ich habe es in diesem Jahr schon ab und zu gesagt, die Integration in das Team war fantastisch. Wie mich alle im Team, alle Mitglieder, alle italienischen Fans willkommen geheißen haben, war viel besser, als ich mir das jemals erträumt hatte."

"Ich war manchmal in Monza vor all den Leuten, die Ferrari in der Vergangenheit unterstützt haben, auf dem Podium, und habe mir selbst vorgestellt, wie es sein würde, mit all den Fans und ihren Ferrari-Flaggen auf dem Podium zu stehen. Das war für mich ein sehr gutes Gefühl und ein guter Schock!"

Frage: "War dies der schnellste Boxenstopp, den du jemals gehabt hast? Oder hattest du im Training einen schnelleren gehabt?"
Alonso: "Ich weiß es nicht wirklich, das werde ich überprüfen. Ich glaube, es gab ein Rennen, in dem wir 3,2 Sekunden geschafft haben, ich kann mich nicht mehr so genau daran erinnern. Heute waren es 3,4 Sekunden. Ich weiß aber nicht sicher, ob dies damals in einer Rennsituation war. Natürlich gibt es da mehr Stress und so weiter."

"Wenn man um das Rennen kämpft, weiß, dass dein Hauptgegner eine Runde zuvor an die Box gekommen ist und man innerhalb dieser drei Sekunden hier in Italien mit all dem Druck Leistung zeigen muss... Wie ich schon sagte, ich hatte das Gefühl, dass der Boxenstopp der schnellste war, den ich jemals absolviert habe."

"Als ich das grüne Licht sah, legte ich zu diesem Moment gerade den ersten Gang ein. Es gab also gar nicht die Zeit, um all die Knöpfe zu drücken, in der sie die Reifen wechselten. Das war also etwas sehr gutes und sehr beeindruckendes. Ein großes Dankeschön an das Team."

Frage: "Wie ist nun der Unterschied gegenüber deinem Sieg hier 2007 in Monza?"
Alonso: "2007 sagten sie nicht sehr schöne Dinge über uns als wir die Ziellinie überquerten, denn wir waren Gegner. McLaren kämpfte glaube ich auch gegen Ferrari um die Meisterschaft. Es war für sie also nicht das Beste, aber als wir heute gewannen, wurde ich in diese Atmosphäre mit der italienische Nationalhymne und mit all den Leuten integriert."

"Das fühlt sich großartig an. Der Eingang in das Fahrerlager ist lediglich ein Beispiel, aber wie ich von allen willkommen geheißen wurde und die Unterstützung des Teams, das war alles großartig. Ich denke, dass Felipe und ich ein fantastisches Wochenende hatten, auch dank der Fans."

Frage: "Glaubst du, dass Ferrari bis zum Ende der Saison konstant sein wird, schließlich war es eine Saison voller Höhen und Tiefen? Und wie schwierig war das Bremsen gewesen, als du aus den Boxen kamst und sich Button dir näherte, denn die Reifen waren wohl ein wenig kalt?"
Alonso: "Was die Höhen und Tiefen betrifft, natürlich versuchen wir an jedem Wochenende unser Bestes zu geben. In Spa waren wir nicht sehr konkurrenzfähig, also hatten wir ein wenig zu kämpfen. In Hockenheim waren wir Erster, in Ungarn Zweiter, und in Spa dürfen wir nicht vergessen, dass uns Barrichello in der ersten Runde traf, weswegen wir nicht konkurrenzfähig waren."

"Wir fuhren mit 20 Sekunden Rückstand auf den Kerl an der Spitze auf der letzten Position, weil wir in der zweiten und dritten Runde die Reifen wechseln mussten. Ohne diesen Unfall, ohne diesen Zwischenfall, wäre ich in Spa vielleicht Sechster oder Siebter geworden. Diese Punkte wären jetzt in der Weltmeisterschaft sehr willkommen gewesen."

"Ich gehe davon aus, dass Ferrari in diesen fünf Rennen sehr konstant sein wird. Warum nicht? Lediglich Spa war ein kleiner Rückfall."

"Was die Ausfahrt aus der Boxengasse betrifft, so war das mit Sicherheit nicht einfach. Das erste Mal, als ich in den Spiegel blickte, war Jenson sehr weit entfernt. Das sagte ich 'Gut, wir liegen vor ihm in der ersten Kurve klar in Führung'. Aber ich vergaß, dass er mit 320 ankam, er kam also sehr schnell an und wir gingen praktisch Seite an Seite in die erste Kurve."

"Dann drehte ich mich beinahe, hatte einen Schreckmoment, als ich auf das Gas trat, denn mit den neuen Reifen hat man natürlich jede Menge durchdrehende Räder, wenn man in der ersten Schikane auf das Gaspedal tritt. Das war die einzige riskante Stelle. Das Bremsen war nicht allzu sehr ein Problem, die Überraschung war einfach die Geschwindigkeit, mit der die Autos auf dieser Geraden ankommen."

Frage: "Als du gegen Jenson gefahren bist und gesehen hast, dass er sehr konstant ist und keinerlei Fehler macht, hast du zu dieser Zeit gedacht, dass es eine gute Position sein könnte, auf dem zweiten Rang ins Ziel zu kommen?"
Alonso: "Ja, ja. Ich glaube, in der zweiten oder dritten Runde meldete sich mein Ingenieur bei mir und sagte, dass Hamilton aus dem Rennen ist und Webber im Moment nach dem Start Neunter ist. Da realisierte ich, dass dies ein Rennen ist, das man für die Möglichkeiten in der Meisterschaft beenden muss."

"Wir wissen, dass der erste Rang besonders hier in Monza unglaublich ist. Wir mussten bis zum Ende kämpfen, denn alle Tifosi verdienten unseren Kampf. Aber ich wusste, dass heute auch der zweite Rang ein starkes Ergebnis ist, da die Gegner aus dem Rennen waren."