• 29.03.2009 17:40

"Einstein" Brawn schreibt das Märchen des Jahres

Und das gleich beim ersten Grand Prix: Wie Ross Brawn vom Angeln auf den Malediven auf das Podium in Australien emporstieg

(Motorsport-Total.com/sid) - "Superhirn" Ross Brawn kämpfte mit den Tränen, Jenson Button lachte mit der Abendsonne von Melbourne um die Wette und Formel-1-Urgestein Rubens Barrichello fühlte um sich zehn Jahre jünger: Der Ein-Euro-Rennstall hat die Königsklasse mit einem sensationellen Doppelsieg beim Saisonstart 2009 aufgemischt.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello, Ross Brawn und Jenson Button, Melbourne, Albert Park

Vielleicht das schönste Podium seines Lebens: Ross Brawn mit seinen Fahrern

"Ross, du bist eine Legende", sagte Auftaktsieger Button (28) noch über Funk zu seinem Chef. Und der zweitplatzierte Barrichello (36), der immerhin sechs Jahre im Ferrari neben Michael Schumacher fuhr, schwärmte nach seinem 271. Grand Prix: "Was für ein Auto!"#w1#

Der "Einstein" der Formel 1

Ross Brawn, für die 'Bild'-Zeitung der Einstein der Formel 1, war von seinen Gefühlen überwältigt: "Das ist etwas ganz Besonderes. Ich bin froh, dass wir hier durchgekommen sind. Sensationell, was heute passiert ist", sagte der sonst eher zurückhaltende Brite geradezu euphorisch.

Es ist in der Tat schon jetzt das Formel-1-Märchen des Jahres: Noch vor ein paar Wochen wussten 700 Mitarbeiter nicht, wie es weitergehen soll. Nach dem Honda-Ausstieg war kein Käufer in Sicht, alle Hoffnungen über angeblich interessierte Milliardäre lösten sich schnell in Rauch auf.

¿pbvin|512|1411|pitstop|0pb¿Brawn verfolgte diese Nachrichten aufmerksam, flog aber erstmal zum Fischen auf die Malediven, um einen klaren Kopf zu bekommen. Als er zurückkam, kaufte der bisherige Technikchef Arbeitgeber Honda den Rennstall für ein britisches Pfund (1,08 Euro) ab. Die Japaner hatten im Dezember wegen der weltweiten Finanzkrise eine Vollbremsung gemacht.

Kurz vor dem Auftakt in Melbourne zog er dann einen ganz dicken Fisch an Land: Der Unternehmer, Abenteurer und Milliardär Sir Richard Branson, der das Team vor ein paar Wochen angeblich noch selbst kaufen wollte, stieg mit seiner Firma Virgin als Sponsor ein - ein Traumwochenende für Brawn.

"Was unsere Leute geleistet haben, ist unglaublich. Aber wir müssen weiter Fortschritte machen. Die anderen Teams werden auch nachlegen", sagte Brawn und blieb auch in der Stunde des großen Triumphs bescheiden. Ein paar Gläschen Champagner zur Belohnung gab's aber doch: "Es ist so schön, endlich wieder strahlende Gesichter bei meinen Mitarbeitern zu sehen."

Schumacher freut sich mit Brawn

Schumacher, der als Ferrari-Berater an diesem Tag nicht viel zu lachen hatte, freute sich für seinen langjährigen Freund und Wegbegleiter: "Im letzten Jahr im Nirgendwo, heute ganz vorne - ich kann es Ross nur gönnen, er hat einen Superjob gemacht", sagte der 40-Jährige. Mit Brawn am Kommandostand gewann "Schumi" alle seine sieben WM-Titel - zwei auf Benetton, fünf auf Ferrari.


Fotos: Jenson Button, Großer Preis von Australien, Sonntag


Schumacher traut seinem alten Kumpel sogar den Titelgewinn zu: "Das ist nicht ausgeschlossen. Das ist ja eigentlich noch das alte Honda-Team, dessen Ressourcen man genutzt hat." Brawn bleibt aber vorsichtig: "Zunächst geht es mir um Siege. Wenn wir genug Siege haben, dann haben wir auch den Titel", sagte der ehemalige Mitarbeiter der britischen Atomenergiebehörde.

Als Brawn 1976 in der Formel 1 anfing, war er ein ganz kleines Licht. Er bastelte an den Flügeln beim March-Rennstall, schleppte Reifen bei Williams und leitete einen Windkanal. 1990 traf Brawn das erste Mal mit Schumacher zusammen, damals noch ein Rohdiamant.

"Michael fuhr für Mercedes und ich arbeitete für Jaguar. Egal mit welchem Fahrer, unser Jaguar war immer eine Sekunde schneller. Als aber Michael in den Mercedes stieg, hängten sie uns plötzlich ab. Da wusste ich: Michael ist etwas Besonderes", sagte Brawn der 'Bild'-Zeitung. Ab 1992 arbeiten die beiden bei Benetton zusammen und stellen die Formel-1-Welt binnen weniger Jahre auf den Kopf.