• 10.03.2008 18:02

Ecclestone: "Wir werden etwas zu demokratisch"

Formel-1-Boss Bernie Ecclestone im Interview über die deutschen Fahrer, Lewis Hamilton, neue Hersteller und die "grüne Formel 1"

(Motorsport-Total.com/sid) - Frage: "Was halten Sie von den deutschen Fahrern? Fangen wir mal mit Nick Heidfeld an. Er hatte eine sehr gute Saison mit einigen echten Highlights..."
Bernie Ecclestone: "Ja, das hat mich überrascht, wirklich überrascht."

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Mister Formel 1: Bernie Ecclestone freut sich auf die bevorstehende Saison

Frage: "Ist er in diesem Jahr reif für den ersten Sieg oder vielleicht sogar schon für den WM-Titel?"
Ecclestone: "Warum nicht? Wenn das Auto wettbewerbsfähig ist und er noch besser wird, warum sollte er das nicht schaffen?"#w1#

Frage: "Was trauen Sie Nico Rosberg in diesem Jahr zu?"
Ecclestone: "Auch bei ihm hängt es davon ab, wie gut sein Auto ist. Wenn Nico im gleichen Auto sitzen würde wie Heidfeld, würden wir ihn vielleicht sogar schon viel besser sehen."

Frage: "Rosberg war im Winter sehr begehrt, doch Frank Williams wollte ihn unbedingt halten und verzichtete dafür auf viel Geld. War diese Entscheidung richtig?"
Ecclestone: "Ich denke, ja. Wen hätten sie sonst bekommen? Sie hätten ihn nicht einfach ersetzen können."

Vettel auf dem Weg nach oben

Frage: "Sebastian Vettel ist vor allem am Saisonende durchgestartet. Kann er diese Entwicklung beibehalten?"
Ecclestone: "Ich hoffe und denke, er wird es. Er hat all die Qualitäten, die wir brauchen."

Frage: "Welche Chancen hat Adrian Sutil im wenig konkurrenzfähigen Force India?"
Ecclestone: "Es ist schwer einzuschätzen, ob er gut ist oder nicht."

Frage: "Kann Timo Glock bei Toyota ebenso für Furore sorgen wie Nico Rosberg und Lewis Hamilton, seine Vorgänger als GP2-Champion?"
Ecclestone: "Warum nicht? Er hat in der GP2 sehr, sehr gute Leistungen gezeigt. Er könnte überraschen."

Lewis Hamilton ein ganz Großer?

Frage: "Stichwort Lewis Hamilton: Hat seine Performance Sie auch überrascht?"
Ecclestone: "Ja, ich denke, das ging allen so."

Frage: "Seine Resultate in seinem Rookiejahr waren besser als von jedem anderen Fahrer vor ihm. Ist er besser als Schumacher, Senna, Prost?"
Ecclestone: "Lassen Sie uns abwarten und schauen."

Frage: "Was war der Grund, dass er nicht Weltmeister geworden ist?"
Ecclestone: "Das war das Team, nicht er."

Frage: "Max Mosley traut ihm zu, sogar Michael Schumachers Rekorde zu brechen. Sie auch?"
Ecclestone: "Möglich ist alles. Das ist eine Meinung. Michael hat es schon geschafft. Im Moment hat Lewis gerade mal um einen Titel gekämpft. Michael hat sieben gewonnen."

Frage: "Was zeichnet Lewis Hamilton aus?"
Ecclestone: "Vielleicht war das erste Jahr für ihn einfacher als das zweite, dritte oder vierte. Denn niemand hatte von ihm etwas erwartet. Er hatte keinen Druck und ist einfach gefahren. Er ist extrem talentiert und setzt das um. Ich hoffe, er kann das beibehalten. Aber jetzt lastet ganz viel Druck auf ihm."

Ecclestone freut sich auf ein sehr interessantes Jahr

Frage: "Wer könnte verhindern, dass Hamilton der Superstar der kommenden Jahre wird?"
Ecclestone: "Die Ferrari-Jungs sollte man nennen. Ich denke, diese Saison wird für viele Fahrer zu einem wegweisenden Jahr. Wenn ihre Teams gut sind, gibt es eine ganze Menge Fahrer, die gut sein können. Vor diesem Aspekt wird dieses Jahr sehr, sehr interessant."

Frage: "An welche Fahrer denken Sie?"
Ecclestone: "Die BMW Jungs, sie werden gut fahren. Und es gibt einige andere, an die wir vielleicht noch gar nicht gedacht haben. Vor einem Jahr haben Sie mich auch noch nicht nach Lewis Hamilton gefragt."

Titelchancen auch bei Alonso

Frage: "Vielleicht Fernando Alonso nach seiner Rückkehr zu Renault?"
Ecclestone: "Wenn das Auto gut ist, wird er bestimmt auch gut sein."

Frage: "War es ein Fehler von Alonso, zu McLaren-Mercedes zu gehen, oder ein Fehler von McLaren-Mercedes, ihn zu verpflichten?"
Ecclestone: "Weder noch, es hat einfach nicht gepasst."

Frage: "Können Sie sich daran erinnern, dass ein Fahrer sein eigenes Team schon mal so erpresst hat wie Alonso?"
Ecclestone: "Was meinen Sie?"

Frage: "Nach der Boxen-Blockade in Budapest hatte er sein Team unter Druck gesetzt, ihm einen Nummer-eins-Status zu gewähren, und offenbar gedroht, die FIA von Vorgängen in der Spionageaffäre zu informieren."
Ecclestone: "Wissen Sie genau, was da passiert ist? Es waren Spekulationen. Sie wissen nicht, was ihm versprochen wurde, als er zum Team gegangen ist. Vielleicht wurde ihm der Nummer-eins-Status versprochen, vielleicht Dinge, die nicht passiert sind."

Frage: "War es richtig, sich am Saisonende zu trennen?"
Ecclestone: "Ja, sicher."

Frage: "Hat es Sie gefreut, dass Kimi Räikkönen Weltmeister geworden ist?"
Ecclestone: "Offensichtlich hat er den Titel verdient, sonst hätte er ihn nicht gewonnen. Wir arbeiten mit einem Punktesystem, und er hatte mehr Punkte als jeder andere."

Frage: "Wen sehen Sie in diesem Jahr ganz vorne?"
Ecclestone: "Offensichtlich Kimi wieder, auch Lewis. Wenn sein Auto gut ist, Fernando."

Frage: "Was schaffen Toyota und Honda? Sie haben sich im letzten Jahr eher rückwärts entwickelt."
Ecclestone: "Das war ein bisschen enttäuschend, von beiden Teams. Aus Honda-Sicht wird das jetzt besser gemanagt, von mehr europäisch denkenden Leuten. Davor hatten sie so viele japanische Einflüsse. Das halte ich für sehr schwierig. Japan ist weit weg, dazu kommt die Zeitverschiebung. Dort geht man ins Bett, wenn wir hier aufstehen. Das macht die Arbeit schwierig."

Deutsche Hersteller sind wichtig

Frage: "Wie wichtig sind die Autohersteller, insbesondere die deutschen für die Formel 1?"
Ecclestone: "Das ist gut für die Formel 1. Sie unterstützen uns komplett und geben der Formel 1 viel Glaubwürdigkeit."

Frage: "Wünschen Sie sich weitere Automobilhersteller in der Formel 1, besonders mehr deutsche - VW, Audi oder Porsche?"
Ecclestone: "Ich würde gerne einen der koreanischen Hersteller bei uns sehen."

Frage: "Vielleicht auch einen anderen? Möglicherweise aus den USA?"
Ecclestone: "Die Idee ist gut, wohl aber nicht praktikabel. Das Projekt müsste in Europa angesiedelt werden."

Frage: "Sind Sie froh über das Engagement des indischen Milliardärs Vijay Mallya bei Force India?"
Ecclestone: "Ich habe ihn davon überzeugt, in die Formel 1 zu kommen. Wir sind seit langem Freunde und haben darüber schon eine ganze Zeit gesprochen."

Frage: "Kann er dem Team einen großen Schub nach vorne geben?"
Ecclestone: "Ja, das wird er ganz sicher. Er ist ein Siegertyp und betreibt viele erfolgreiche Geschäfte."

Sparen in der Formel 1

Frage: "Alle Welt spricht vom Sparen, auch die Formel 1?"
Ecclestone: "Wir sollten die Regularien so gestalten, dass man nicht Geld ausgeben muss, um wettbewerbsfähig zu sein. Die Teams sollten ausgeben, was sie wollen, aber nicht, um wettbewerbsfähiger zu sein. Es ist nicht in Ordnung, wenn jemand mit einem Budget von beispielsweise 300 Millionen Dollar sich einen großen Vorteil gegenüber jemandem mit 150 Millionen verschaffen kann."

Frage: "Im technischen Bereich wird es bald wieder Änderungen geben: Stichwort drüne Formel 1. Ist das der richtige Weg?"
Ecclestone: "Nein, das glaube ich nicht. Wir sind Teil der Unterhaltungsbranche, im richtigen Hightech-Geschäft. Daran sind die Leute interessiert. Und sie haben kein Interesse an einer Benzinverbrauchs-Formel."

Frage: "Sind Sie mit dem jetzigen Format der Formel 1 zufrieden?"
Ecclestone: "Im Augenblick werden wir etwas zu demokratisch. Wir müssten wieder ein bisschen zurückgehen. Das Problem sind die großen Überschneidungen zwischen den Teams, der FIA und uns auf der kommerziellen Seite."

Frage: "Würde Sie gerne das Rad ein bisschen zurückdrehen?"
Ecclestone: "Das ist unmöglich. Die FIA ist der Regulator des Sports und kümmert sich um die Regeln. Aber das Problem ist, zu sagen, wer sollte diese Regeln machen. Es ist ganz klar: Wenn die Teams, die das Geld ausgeben, entscheiden sollten, wofür sie ihr Geld ausgeben, welche Regeln sollten sie machen? Und die FIA reguliert dann diese Regeln? Die FIA sollte die Regeln machen, und die Teams sollten nach diesen Regeln handeln, wie auch immer sie aussehen. Wir müssten ein bisschen mehr einbezogen werden, denn wir versuchen, den Sport für das Publikum gut aussehen zu lassen, gut für das Fernsehen, gut für die Unterhaltung."