• 30.08.2009 20:58

  • von Dieter Rencken

Domenicali: "Ein besonderer Sieg für uns"

Interview mit Stefano Domenicali: Am Tag vor dem Geburtstag von Präsident Luca di Montezemolo gelang Ferrari endlich der erste Saisonsieg

(Motorsport-Total.com) - Nach dem schlechtesten Saisonstart aller Zeiten, der schweren Verletzung von Felipe Massa und dem geplatzten Comeback von Michael Schumacher hat Ferrari endlich wieder Grund zur Freude: Kimi Räikkönen gewann heute in Spa-Francorchamps den Grand Prix von Belgien und feierte damit den ersten Sieg in diesem Jahr. Im Anschluss daran stellte sich Teamchef Stefano Domenicali wie nach jedem Rennen einer Diskussion mit den Medien. 'Motorsport-Total.com' war dabei.

Titel-Bild zur News: Stefano Domenicali

Teamchef Stefano Domenicali hat endlich wieder einen Grund zum Lachen

Frage: "Stefano, wie ordnest du diesen Sieg nach all den Emotionen im vergangenen Monat ein?"
Stefano Domenicali: "Heute war ein großartiger Tag. Nach so einer schwierigen Situation und dem, was mit Felipe passiert ist, hat sich das Team diesen Sieg verdient. Wir bei Ferrari geben nie auf, wir lassen nie locker. Wenn man dafür arbeiten muss, ein Rennen zu gewinnen, ist die Freude umso größer."#w1#

Gruß an Montezemolo und Massa

"Es ist ein besonderer Tag für uns und ich möchte mich bei allen Leuten bedanken, die in Maranello hart arbeiten, an der Strecke, bei unseren Zulieferern. Und dies ist ein Geschenk für unseren Präsidenten, der morgen Geburtstag hat, und für Felipe, der sich in Brasilien mit uns freut. Außerdem war es ein Sieg für die gesamte Ferrari-Familie und für die Tifosi, die mit uns gelitten haben. Es war ein wichtiger Tag."

"Aber man darf eine Sache nicht unterschätzen: Seit Deutschland waren wir jedes Mal auf dem Podium. Wir haben viele Punkte gesammelt und sind in etwa gleich stark wie McLaren und Brawn. In den vergangenen Rennen haben wir viel erreicht. Mit nur einem Auto haben wir viele Punkte gesammelt, was ein sehr wichtiger Faktor ist."

"Was wir aus dem heutigen Rennen lernen, ist, dass es sehr schwierig ist, diese Saison aus technischer Sicht zu durchschauen. Wie Sie wissen, haben wir unser Projekt seit einem Monat eingefroren. Wir müssen sicherstellen, dass unser Paket bis zum Saisonende maximiert wird, denn es kann ein konkurrenzfähiges Paket sein. Wir müssen wie die Irren pushen."

"Morgen müssen wir wieder daran denken, dass es in den nächsten Tagen viel zu tun gibt, aber heute Nacht genießen wir es einfach." Stefano Domenicali

Frage: "Deine Freude am Kommandostand war sehr euphorisch. Kannst du beschreiben, was in dir vorgegangen ist?"
Domenicali: "Ich möchte immer ruhig sein, denn das ist die richtige Herangehensweise, aber ich freue mich auch, denn ich repräsentiere alle anderen Jungs aus dem Team. Ich weiß, wie die sich nach so einem Jahr fühlen. Jeder von uns trägt etwas in sich, dass er rauslassen musste. Ich bin sehr glücklich, denn es ist ein besonderer Sieg für uns. Heute Nacht können wir ordentlich feiern! Morgen müssen wir wieder daran denken, dass es in den nächsten Tagen viel zu tun gibt, aber heute Nacht genießen wir es einfach."

Frage: "Du hast dich bei vielen Leuten bedankt, aber solltet ihr nicht auch dem Safety-Car danken? Glaubst du, dass ihr auch ohne das Safety-Car gewonnen hättet?"
Domenicali: "Ja. Erstens einmal können wir nichts für den Unfall. Das Safety-Car kann für oder gegen einen arbeiten. Man muss versuchen, darauf bestmöglich zu reagieren. Heute waren wir unter allen Umständen sehr konkurrenzfähig und ich glaube nicht, dass das Safety-Car einen großen Einfluss hatte."

Frage: "Kimi hatte sieben Kilogramm mehr Benzin an Bord als Giancarlo Fisichella, aber er kam trotzdem in der gleichen Runde zum Stopp. Kannst du das erklären?"
Domenicali: "Der unterschiedliche Verbrauch ist ein Punkt, den wir uns ansehen müssen. Andere Teams machen da anscheinend einen besseren Job. Die Gründe dafür werden wir untersuchen. In Zukunft kann das einen Unterschied machen. Nächstes Jahr wird der Benzinverbrauch eines der wichtigsten Elemente sein, denn wenn man nicht mehr nachtanken darf, ist der Gewichtsunterschied am Start umso größer. Das müssen wir verstehen."

Fahrerspekulationen gehen weiter

Frage: "Kimi sagt, dass er bei Ferrari bleiben möchte, aber dass Ferrari die Entscheidung treffen muss. Wie sieht Ferrari das nächste Jahr und inwiefern macht euch Felipes Genesung die Fahrerwahl noch schwieriger, als sie ohnehin schon ist?"
Domenicali: "Aus Teamsicht haben wir nie etwas anderes gesagt. Es wird viel spekuliert. Ich hoffe wirklich, dass Sie das auch in Ihren Zeitungen so darstellen, denn wenn Kimi sagt, dass er bleiben möchte, dann gehört das geschrieben. Es ist wichtig, die Situation zu verstehen, aber ich finde nicht, dass wir dieses Thema heute besprechen sollten. Das ist meine Antwort."

Frage: "Kimis Leistung heute war sehr stark. Wie würdest du sie beschreiben?"
Domenicali: "Sehr gut, sehr schnell. Es gibt in jedem Rennen ein paar entscheidende Momente, die wir schon vorher besprechen. Wir wussten, dass der Start ein solcher Moment sein würde. Es war wichtig, mit KERS in der ersten Runde weit nach vorne zu kommen. Kimi hat ein tolles Rennen gezeigt. Er war fantastisch und er hat jede Runde attackiert. Er verdient diesen Sieg. Ich freue mich sehr für ihn."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Belgien, Sonntag


Frage: "Hat sich Felipe bei dir gemeldet?"
Domenicali: "Ja. Er war sehr glücklich. Er freut sich mit uns und er ist schon in Miami, denn morgen wird er dort untersucht."

Frage: "KERS war für den heutigen Sieg entscheidend. Werdet ihr das System nun doch weiterentwickeln?"
Domenicali: "Die Entwicklung ist eingefroren. Das ist die Situation. Heute war KERS wichtig, um die Position zu verteidigen, vor allem angesichts der Performance des Autos hinter uns. Aber die Entwicklung ist eingefroren."

Frage: "Alle spekulieren über die Zukunft von Fernando Alonso bei Ferrari, aber heute hat er es euch schwer gemacht. Er war auf einem Stopp und ihr konntet euch nicht richtig von ihm lösen. War er eine echte Gefahr?"
Domenicali: "Ehrlich gesagt haben wir den Abstand kontrolliert. Angesichts der Pace waren wir auf der sicheren Seite, denn wichtig war, nach dem ersten Stopp vor ihm zu liegen. Wir hatten es im Griff. Über Vettel haben wir uns mehr Sorgen gemacht, denn er war am Ende mit den harten Reifen sehr schnell und auch im zweiten Stint. Neben Giancarlo haben wir uns vor allem auf ihn konzentriert. Im zweiten Sektor war er sehr beeindruckend."