Diffusor: Geht alles von vorne los?

Um die Diffusoren wird ein großes Geheimnis gemacht, weshalb manche Medien schon befürchten, dass die Diskussionen von vorne losgehen könnten

(Motorsport-Total.com) - Im vergangenen Jahr herrschte große Aufregung, als Brawn, Toyota und Williams beim Saisonauftakt in Melbourne mit einem ungewöhnlichen technischen Konzept daherkamen: Der hintere Teil des Unterbodens, im Fachjargon auch Diffusor genannt, verfügte über zwei Ebenen, zwischen denen durch ein Loch Luft strömen konnte.

Titel-Bild zur News: Diffusor des TF109 von Timo Glock, Barcelona, Circuit de Catalunya

Einige Designer befürchten eine Neuauflage des leidigen Diffusorstreits

Das erhöhte den Anpressdruck der Boliden, die tatsächlich in der Zeitenliste vorne anzufinden waren, warf aber auch Fragen hinsichtlich der Legalität auf. Denn Brawn und Co. hatten ein Schlupfloch im Reglement genutzt, weil die obere Ebene von unten betrachtet - und nur darauf kommt es an, wie später auch das Internationale Berufungsgericht der FIA klarstellte - nicht zu sehen war. Also war die Konkurrenz zum Nachrüsten gezwungen.#w1#

Endgültiges Verbot ab 2011 geplant

Das geschah jedoch nicht ohne Unstimmigkeiten und ein schlagzeilenträchtiges Protestverfahren. Obwohl sich inzwischen alle mit der FIA-Einschätzung abgefunden haben, könnte dieses Theater nun wieder von vorne losgehen: Der Diffusor zumindest eines anderen Teams sei "am Limit", findet Ferrari-Technikchef Aldo Costa, der von der FIA eine Präzisierung der Regeln verlangt. Diese wurde eigentlich bereits vorgenommen: Ab 2011 sollen mehrstöckige Diffusoren verboten werden.

Aber wenn jetzt alles klar ist und ab 2011 ohnehin ein Verbot wirksam wird, warum machen die Teams, die ihre neuen Autos bereits vorgestellt haben, dann so ein Geheimnis um ihre 2010er-Lösungen? Italienische Medien wittern schon einen neuerlichen Skandal, weil Mercedes noch gar kein neues Auto gezeigt und McLaren den Diffusor des MP4-25 so gut wie möglich versteckt hat. Dabei wurde auch das Heck des neuen Ferrari abgedeckt.

In Wahrheit geht es bei dieser Geheimniskrämerei wahrscheinlich nicht um die Angst vor den Regelhütern der FIA, sondern darum, der Konkurrenz die eigenen Lösungen nicht zu zeigen: "Wir haben den Diffusor ziemlich extrem interpretiert", gesteht McLaren-Technikchef Paddy Lowe, "aber damit sind wir nicht alleine. Ich glaube, dass wir auch von den anderen Teams einige sehr extreme Lösungen sehen werden."

Meinungsverschiedenheit zwischen den Teams

Brawn-Diffusor

Das Brawn-Team überraschte 2009 mit einem Diffusor in V-Form Zoom

Eine Präzisierung des Reglements ist seiner Meinung nach nicht notwendig: "Wir halten die Interpretation für eindeutig. In manchen Bereichen haben wir bei der FIA nachgefragt und wir glauben, dass diese Kommunikation für alle Teams einzusehen ist. Jedenfalls hoffen wir auf einen saubereren Saisonbeginn als vor einem Jahr, was das gemeinsame Verständnis der Teams über die Basis, auf der wir Rennen fahren, angeht."

Bei Ferrari ist man aber noch skeptisch, was das Diffusorthema angeht: "Im Vorjahr wurden wir bekanntlich in eine unangenehme Situation gebracht und wir glauben immer noch, dass der Doppeldiffusor illegal ist. Vielleicht wird die Saga einfach weitergehen", meint Costa, während Chefdesigner Nikolas Tombazis anfügt: "Der Doppeldiffusor öffnet jede Menge Raum für Experimente. Das bereitet uns Kopfzerbrechen."

Auffällig ist unabhängig von den unterschiedlichen Ansichten der Designer, dass offenbar alle Teams auf eine hohe Nase setzen, um eine saubere Anströmung des Unterbodens zu gewährleisten und so die Wirkung des Diffusors zu verstärken. Ross Brawn hatte schon im vergangenen Jahr angekündigt, dass er einen Trend in diese Richtung erwartet. Vorreiter der extrem hohen Nase war übrigens Red-Bull-Designer Adrian Newey.