• 16.05.2010 23:13

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Chandhok bewahrt sich den Sinn für Humor

Karun Chandhok fuhr in Monte Carlo sein bisher bestes Rennen, hatte dann Glück im Unglück - HRT-Team muss Verbesserungen schaffen

(Motorsport-Total.com) - Karun Chandhok war heute in Monte Carlo drauf und dran, den "Mini-Grand-Prix" der drei neuen Teams zu gewinnen, bis er in der Rascasse-Kurve an 14. Stelle liegend von Jarno Trulli abgeschossen wurde. Der HRT-Pilot hatte bei der Kollision Riesenglück, denn der Lotus segelte nur wenige Millimeter über seinen Kopf hinweg.

Titel-Bild zur News: Karun Chandhok

Erstmals konnte Karun Chandhok heute gegen andere Autos kämpfen

"Jarno hat etwas Dummes gemacht", sagt Chandhok über den Horrorcrash. "Ich glaube, er hätte nicht einmal genug Lenkeinschlag gehabt, um die Kurve in diesem Winkel zu schaffen - wahrscheinlich hätte er eine Neuauflage des Parkmanövers von 2006 hingelegt! Aber er hat sich bei mir entschuldigt. Jarno ist kein Idiot, sondern ich mag ihn, denn er ist ein netter Kerl. Wenn er sich entschuldigt, weiß er wohl, dass er Mist gebaut hat."#w1#

Erstmals halbwegs konkurrenzfähig

"Ich hatte Glück, denn ich duckte mich, als er über meinen Kopf flog. Er hat mich aber nicht berührt und es hat schlimmer ausgesehen, als es wirklich war", relativiert der Inder. "Für mich war es aber sehr frustrierend, denn bis dahin war das von der Pace her wahrscheinlich mein bestes Rennen des Jahres. Wir hielten mit den anderen neuen Teams mit und ich war schneller als Bruno. Zu schade, dass es dann so geendet hat."

"Ich glaube, das war eines meiner besten Rennen überhaupt", fährt er gegenüber 'Autosport' fort. "Bruno kam schon ziemlich früh an die Box, aber das Team hat mich draußen gelassen, also musste ich 18 Sekunden auf ihn aufholen. Sechs Sekunden davon habe ich in den ersten acht Runden geholt! Ich habe die Mauer fünfmal berührt - es waren echte Qualifyingrunden. Nach dem Boxenstopp habe ich zu Bruno aufgeholt, aber ich sah keinen Sinn darin, ein Überholmanöver zu riskieren."

Chandhoks schnellste Rennrunde war heute übrigens um eine halbe Sekunde schneller als die seines Teamkollegen Senna, allerdings war er auch länger im Rennen und hatte somit das leichtere Auto. Auf die Spitze fehlen nach wie vor mehr als fünf Sekunden. Daher kann man den ehemaligen GP2-Piloten verstehen, wenn er sagt: "Wenn du nicht einen guten Sinn für Humor hast, kann es schon passieren, dass du in Depressionen verfällst. Wir versuchen, es mit einem Lächeln zu nehmen."

"Wenn es die Situation erfordert, können wir aber auch sehr ernsthafte Gespräche führen, denn wir befinden uns an einem Punkt in der Saison, an dem wir Fortschritte machen müssen. Die anderen Teams hatten ihr erstes Update in Barcelona. Wir sind gegenüber den anderen neuen Teams nicht weiter zurückgefallen, aber wir müssen vorankommen. Das liegt an Geoff (Willis), Colin (Kolles; Anm. d. Red.) und Carabante. Ich habe darauf keinen Einfluss", so Chandhok.

Fortschritte längst überfällig

"Wir haben schon Fortschritte gemacht - es wäre eine Lüge, das zu bestreiten. Aber die sind nicht annähernd groß genug, um zufrieden zu sein", kritisiert er. "Weder Geoff, noch Carabante, noch Colin, noch Bruno und ich sind zufrieden. Es ist offensichtlich, dass wir sehr bald sehr große Schritte brauchen. Hoffentlich kriegen sie das hin. Wie das gehen soll, weiß ich auch nicht, aber uns allen liegt klar, dass nicht über die Fahrer vier oder fünf Sekunden gefunden werden können."

Karun Chandhok

Karun Chandhok fuhr heute eines seiner bisher besten Formel-1-Rennen Zoom

"Es gibt ein paar Dinge, aber keine Evolution wird dieses Auto richtig schnell machen. Es ist eine schwierige Situation", spielt Chandhok auf das erste Update an, das in Barcelona eingeführt wurde. "Wir hatten eine verbesserte Hinterradaufhängung und eine besser getunte Elektronik, aber ganz ehrlich: Das sind Verbesserungen, die haben die Topteams jedes Rennen. Wir brauchen Anpressdruck, aber auch mechanischen Grip. Es gibt eine Menge zu erledigen."

Bei sich selbst sieht er wenig Handlungsbedarf, obwohl mit Testfahrer Christian Klien schon ein möglicher Nachfolger auf Abruf bereitsteht. Doch Chandhok glaubt, dass seine Leistungen bisher zufriedenstellend waren: "Es ist ganz offensichtlich, dass es nicht am Fahrer liegt, wenn es sich wie gestern im Qualifying um eine ganze Sekunde handelt. Das liegt an der Technik. Ich glaube, wenn alle im gleichen Auto sitzen würden, wäre der Unterschied nicht größer als vier oder fünf Zehntel."

Übrigens: Im heutigen Rennen fuhr Chandhok über das Lenkrad, das Rubens Barrichello nach dem Crash weggeschmissen hatte. "Ich hörte es bis Mirabeau schleifen", lacht der 26-Jährige. "Dann war der Lärm weg. Ein Streckenposten hat später berichtet, dass er gesehen hat, wie das Lenkrad im Tunnel weggeflogen ist. Dann ist noch Bruno drübergefahren." Keine ungefährliche Situation, die man vielleicht noch einmal unter die Lupe nehmen sollte...