• 25.07.2009 19:29

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Barrichello: "Das ist schon die zweite Botschaft"

Erst Henry Surtees, nun Felipe Massa: Rubens Barrichello fordert verbesserte Maßnahmen zum Kopfschutz der Formel-1-Fahrer

(Motorsport-Total.com) - Der Horrorcrash von Felipe Massa im Qualifying zum Grand Prix von Ungarn sorgt im Fahrerlager für jede Menge Diskussionsstoff. Sechs Tage nach dem tödlichen Unfall von Henry Surtees beim Formel-2-Rennen in Brands Hatch wurde zum zweiten Mal ein Formelpilot bei voller Geschwindigkeit von einem Objekt getroffen, auch wenn es heute "nur" eine Radfeder war und kein ganzes Rad.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello und Felipe Massa

Brasilianische Freunde unter sich: Rubens Barrichello und Felipe Massa

Verloren hatte diese Feder Rubens Barrichello: Schon zu Beginn des Qualifyings fiel dem Brawn-Piloten ein verändertes Fahrverhalten auf, in der Runde des Unfalls habe sich die Balance dann komplett verabschiedet. Doch der ganze Zusammenhang und seine Beteiligung wurden ihm erst bewusst, als das Replay von Massas merkwürdig aussehendem Abflug bereits zum x-ten Mal über die Bildschirme flackerte.#w1#

Erst Surtees, jetzt Massa

"Ich glaube nicht an Zufälle. Alles passiert aus einem bestimmten Grund." Rubens Barrichello

"Ich glaube nicht an Zufälle. Alles passiert aus einem bestimmten Grund", meint Barrichello und fordert Verbesserungen der Sicherheitsmaßnahmen: "Das ist jetzt schon die zweite Botschaft, die wir erhalten. Auch Imola 1994 war eine Botschaft, nach der wir die Autos verbessert haben. Jetzt hat es leider einem Jungen das Leben gekostet. Dass diese Dinge jetzt passieren, ist kein Zufall. Es muss etwas unternommen werden."

"Die Autos sind viel sicherer als früher, gar keine Frage", relativiert der dienstälteste Grand-Prix-Pilot aller Zeiten, erinnert aber an Melbourne 2007: "Der Unfall mit Wurz und Coulthard hätte auch schlimm ausgehen können. Wir müssen uns Gedanken machen. Die Sicht wird immer schlechter. Wir sitzen so tief im Auto, dass teilweise nicht einmal die Mechaniker sehen, ob ich es bin oder Jenson. Aber der Schutz ist dadurch deutlich besser."

Kleine Erinnerungshilfe: In Melbourne 2007 kam es zu einer Kollision zwischen Alexander Wurz und David Coulthard, bei der der Red Bull von "DC" nur Zentimeter über dem Kopf des Österreichers hinwegsegelte - gar nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Coulthard Wurz' Kopf tatsächlich getroffen hätte. Damals wurden erstmals Rufe laut, man solle die Cockpits mit Panzerglaskuppeln oder Sicherheitskäfigen schützen. Formelautos wären es dann laut Definition aber nicht mehr...

Minuten der Ungewissheit

"Dass es Teile meines Autos waren, erfuhr ich erst später." Rubens Barrichello

Barrichello, der in Imola 1994 seinen Freund Ayrton Senna verloren hat, wirkte heute recht gefasst - zumindest in den ersten Minuten: "Ich sah den Einschlag auf dem Monitor. Das kam mir nicht so schlimm vor. Dann fragte ich bei Ferrari nach. Von denen hörte ich, dass sich Felipe noch nicht gemeldet hatte. Da wurde ich langsam besorgt. Dass es Teile meines Autos waren, erfuhr ich erst später", so der 37-Jährige.

Dass er der erste und einzige Fahrer bei Massa im Medical-Center war, hatte damit aber "gar nichts" zu tun: "Ich wollte ihn sehen, denn ich war schon ein paar Mal in solchen Situationen. Wir sind Brasilianer. Manchmal haben wir eine Familie und manchmal nicht. Wenn du aufwachst, willst du ein vertrautes Gesicht sehen. Ich wollte bei ihm sein, damit jemand da ist, falls noch niemand von seiner Familie dort gewesen wäre."

"Er war bei Bewusstsein, er hat sich bewegt und er war sehr aufgeregt. Sie haben ihn dann ruhig gestellt", berichtet Barrichello. Anschließend wurde sein Landsmann mit dem Rettungshubschrauber ins Budapester AEK-Krankenhaus gebracht, wo er nun wegen einer Fraktur des Schädelknochens operiert werden soll. Ob Massa bleibende Schäden davontragen wird, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest.