Banken wollen Ecclestone nicht entmachten

Die drei 'SLEC'-Banken kämpfen zwar weiterhin um mehr Macht in der Formel 1, planen aber auch in Zukunft mit Bernie Ecclestone

(Motorsport-Total.com) - Genau zwei Wochen ist es heute her, dass drei Banken einen wichtigen Prozess gegen Bernie Ecclestone gewonnen haben. Damals hat ein Londoner Gericht entschieden, dass die 'Bayerische Landesbank', 'JP Morgan' und 'Lehman Brothers', die insgesamt 75 Prozent an der Formel-1-Holding 'SLEC' halten, Vorstandssitze entsprechend ihrer Teilhaberschaft besetzen dürfen.

Titel-Bild zur News: Dr. Gerhard Gribkowsky

Dr. Gerhard Gribkowsky ist offiziell Vorsitzender der Formel-1-Holding 'SLEC'

Bisher hatte Ecclestone im Alleingang sämtliche Sitze in den Vorständen seines undurchsichtigen Firmenimperiums vergeben, obwohl ihm über seine 'Bambino Holdings' eigentlich nur noch 25 Prozent der Königsklasse gehören. Dagegen sind die betroffenen Banken, die seinerzeit als Kirch-Gläubiger in die 'SLEC' eingestiegen sind und daher bis heute Altlasten in Form des milliardenschweren 'Eurobonds' zu begleichen haben, gerichtlich vorgegangen.#w1#

Ecclestone wird weiterhin an Bord bleiben

Doch obwohl sich die Banken endlich Mitspracherecht erkämpft haben, wollen sie Ecclestone keineswegs entmachten: "Wir wären schlecht beraten, wenn wir ihn als zentrale Figur des Formel-1-Sports ausgrenzen würden", erklärte Dr. Gerhard Gribkowsky, Vorstandsmitglied der 'Bayerischen Landesbank' und gleichzeitig 'SLEC'-Vorstandsvorsitzender, dem 'Spiegel'. "Er hat in mehr als drei Jahrzehnten intensive Kontakte zur Industrie, zu Sponsoren, Rennstreckenbetreibern und anderen Beteiligungen aufgebaut, und seine Lebensleistung muss man anerkennen."

Alles habe aber seine Grenzen, fuhr der 46-Jährige fort: "Wir lassen uns nicht länger in eine Rolle drängen, in der wir das Eigenkapitalrisiko tragen, jedoch nichts zu sagen haben. Wir haben gezeigt, dass wir bereit sind, unsere Position zu erkämpfen." Auch wenn Ecclestone behauptet, der Gerichtsbeschluss habe "nichts" zu sagen, sehen sich die Banken als große Gewinner: "Das Urteil wurde schnell gesprochen, es ist mit sofortiger Wirkung rechtskräftig und eine Berufung ist nicht zulässig."

Banken: "Gewichte haben sich entscheidend verschoben"

"Die Gewichte haben sich entscheidend verschoben", so Gribkowsky weiter. "Wir, die Banken, haben die volle Kontrolle über 'SLEC' und nun auch über deren Tochter 'FOH' bekommen - und damit eine erhebliche Verantwortung. Jetzt machen wir uns an die Arbeit, auch die Direktorien der darunter liegenden Gesellschaften zu besetzen, wie es uns rechtlich zusteht. Dies möglichst in Konsens mit allen Beteiligten."

Seit dem Urteil vom 6. Dezember befinden sich die 'Bayerische Landesbank', 'JP Morgan' und 'Lehman Brothers' in der Position, dass sie Ecclestone theoretisch ganz einfach feuern könnten, was jedoch keineswegs geplant ist. Der 74-Jährige lebt seit 30 Jahren für und mit der Formel 1, kennt alles und jeden und hat Teams, Rennstrecken und andere Firmen über Knebelverträge so eng an sich gebunden, dass die Königsklasse ohne seine Zustimmung gar nicht lebensfähig wäre.

Wie geschickt er in all den Jahren sein Imperium aufgebaut hat, beweist alleine die Tatsache, dass die 'Bayerische Landesbank' eigenen Angaben nach "gut ein Jahr" gebraucht hat, um die Firmenstruktur zu verstehen. Gribkowsky: "Das Dickicht ist vor allem aus steuerlichen Motiven entstanden, aber sicher auch, weil Bernie im Tagesgeschäft unabhängig bleiben wollte." Vier Mitarbeiter sind daher bei der 'Bayerischen Landesbank' alleine für die 'SLEC'-Beteiligung abgestellt.

Viele Fragen sind noch offen

Die große Frage bleibt aber, wie sich die Banken die Zukunft der Königsklasse vorstellen. Kämpfen sie nur um mehr Macht, um ihre Anteile aufzuwerten und sich in ein paar Jahren gegen gutes Geld zu verabschieden? Sehen sie die Formel 1 als dauerhaftes Investment oder nur als lästige Altlast aus dem Konkurs der 'Kirch'-Gruppe? Wie stehen die Banken zu der 'GPWC', zu der sich einige Automobilhersteller mit der Absicht, 2008 eine eigene Rennserie zu gründen, zusammengeschlossen haben?

"Es gibt Ideen der 'GPWC', die zu übernehmen sich durchaus lohnt", wagte Gribkowsky zumindest den Versuch, einige dieser Fragen zu beantworten. "Wir können verlangen, dass sich alle Beteiligten zur Formel 1 bekennen, aber wenn eine Alternativserie geplant wird, klingt das als Bekenntnis halt nicht so fürchterlich glaubhaft. Wir werden nur dann bereit sein können, mehrere hundert Millionen Dollar zusätzlich auszuschütten, wenn garantiert wird, dass nicht einige das Geld einstecken und dann aufhören."

Gribkowsky spricht damit das kürzlich getätigte Ecclestone-Versprechen an, den Teams 500 Millionen Dollar zu schenken, wenn sie sich dafür über ein neues Concorde Agreement an die Formel 1 binden und der 'GPWC' damit quasi den Sauerstoffhahn zudrehen. Nur: Aus dem 'SLEC'-Topf kann der Brite das Geld nur dann nehmen, wenn die Banken zustimmen, und dass er dafür sein Privatvermögen antasten wird, erscheint eher unwahrscheinlich.

Hersteller wollen sich nicht in die 'SLEC' einkaufen

Bliebe theoretisch die Möglichkeit, dass die Banken ihre 75 Prozent an die 'GPWC' verkaufen. Dies scheint aber für die Hersteller kein Thema zu sein, wie Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo gegenüber der 'Welt am Sonntag' andeutete: "Solche Geschäfte machen wir nicht." Schon eher könne er sich vorstellen, die Leitung der Formel 1 einem Marketinginstitut zu übertragen, welches sämtliche Geschäfte transparenter abwickelt als das im Moment bei Ecclestone der Fall ist.

"Wer die neue Formel 1 regelt, muss sich darüber im Klaren sein, dass sie sich in Bezug auf die Gewinnverteilung und die Macht der Teams und Hersteller extrem verändern muss. Wir wollen die Strategie mitbestimmen. Es kann nicht sein, dass die Hauptakteure die Kontrolle über die Formel 1 verloren haben, eine einzige Person, Ecclestone, den Löwenanteil der Einnahmen kassiert und wir mit Peanuts abgespeist werden", so Montezemolo.

Kurzfristig wäre ein Ausstieg der Banken - übrigens hält die 'Bayerische Landesbank' 62,2 Prozent der 'SLEC'-Anteile, während 'JP Morgan' und 'Lehman Brothers' zu je 18,9 Prozent beteiligt sind - ohnehin nicht denkbar, weil das Engagement bisher nur Geld gekostet hat. Der mittlerweile bankrotte Medienmogul Leo Kirch hat einen so großen Schuldenberg hinterlassen, dass es noch Jahre dauern wird, bis der so genannte 'Eurobond' vollständig abbezahlt ist.

Eurobond: 'Kirch'-Altlasten sollten 2007 abbezahlt sein

"Die Laufzeit war bis 2010 geplant, aber der Bond ist schon weiter zurückgeführt als gedacht. 2006 oder 2007 könnte die Sache erledigt sein. Danach bleibt wieder nennenswert freies Geld übrig", so Gribkowsky. Sobald dieser Punkt erreicht ist, sind die 'SLEC'-Anteile natürlich auch wieder wesentlich mehr wert, weshalb die Banken dann wohl ernsthaft über einen Rückzug nachdenken werden. Theoretisch wäre dabei sogar ein Ausstieg in Form eines Börsengangs denkbar.

Ganz auf den Sport vergessen wollen sie dabei aber nicht: "Wir zielen darauf ab, die Stabilität der Formel 1 langfristig zu sichern", erklärte Gribkowsky. "Später mag dann der Zeitpunkt kommen, an dem wir sagen, okay, jetzt verabschieden wir uns wieder. Ob ganz oder nur teilweise, ob durch einen Börsengang oder anders, das ist alles offen." Aber: Erst "in drei bis fünf Jahren, vorher nicht" wäre so ein Szenario denkbar, unterstrich er abschließend.