Haas-Durchbruch: Vom Reifenfresser zum Einstopper

Durchbruch gelungen: Haas' größter Hemmschuh war stets der Reifenverschleiß, in Suzuka fährt das Team plötzlich Einstopp-Strategie

(Motorsport-Total.com) - Obwohl Haas am Suzuka-Wochenende zum zweiten Mal in dieser Saison nach dem Auftakt in Bahrain punktelos blieb, sieht die Welt beim US-Team anno 2024 viel rosiger aus.

Titel-Bild zur News: Kein Vorbeikommen: Magnussen hielt Bottas in Schach

Kein Vorbeikommen: Magnussen hielt Bottas in Schach Zoom

Einerseits hat man die rote Laterne mehr als deutlich abgegeben: Nicht nur Krisen-Team Alpine ist klar langsamer, auch Sauber und Williams liegen hinter Haas und haben am Punktekonto der Saison 2024 noch nicht angeschrieben - wohingegen bei den Amerikanern bereits vier Zähler zu Buche stehen.

Nun kam beim Japan-Grand-Prix zwar nichts Zählbares hinzu, dafür aber eine Erkenntnis, die für Haas noch viel wertvoller werden dürfte als der ein oder andere WM-Punkt: Das leidige Thema Reifenverschleiß, das den Rennstall in der Vergangenheit trotz oftmals ansprechender Qualifying-Performance am Sonntag regelmäßig weit zurück und aus den Punkterängen warf, scheint mit dem neuen VF24 endlich gelöst.

Der Beweis: Kevin Magnussen war in Suzuka praktisch mit einer Einstopp-Strategie unterwegs. Praktisch deshalb, weil alle Autos nach der roten Flagge im Anschluss an den Startcrash zwischen Daniel Ricciardo und Alex Albon in der Boxengasse Aufstellung nahmen. Nachdem das Rennen aber wieder freigegeben wurde, stoppte Magnussen nur noch ein einziges Mal, in Runde 22.

Haas von sich selbst überrascht

Im Vorjahr wäre eine solche Strategie für Haas noch ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, zumal Suzuka dieses Jahr durchaus mit hohem Reifenverschleiß für Schlagzeilen sorgte und so manches Team damit vor Probleme stellte.

"Das war ein ganz anderes Rennen im Vergleich zu letztem Jahr", freut sich Magnussen über den verbesserten Umgang mit den Reifen: "Die Reifen-Performance ist klar besser und das war wieder sehr ermutigend." Derart langes Haushalten auf einem Satz, das sei in der Vergangenheit für die Haas-Piloten schlichtweg nicht umsetzbar gewesen: "Letztes Jahr? Nein, keine Chance!", bestätigt der Däne.

Geht es nach Teamchef Ayao Komatsu, ist dieser Umstand für das Team selbst eine große Überraschung: "Davon konnten wir, auch basierend auf den Trainingsläufen, nicht träumen. Unsere Longrun-Pace war schrecklich", verrät der Japaner. "Auch der Reifenabbau war hoch, Kevin war unglücklich mit dem Auto. Das war nicht so toll, aber die Reaktion der Jungs war großartig: Fürs Qualifying haben wir das Set-up viel besser hingekriegt."

Da sein Pilot in Sachen Set-up "quasi mit einem neuen Auto" unterwegs war, stellt ihm der Teamchef auch mehr oder weniger einen Blankoscheck für den verpassten Q2-Einzug aus. "Im Rennen war er dann aber zufrieden mit dem Auto und dessen Konstanz. Das ist positiv, aber natürlich hätten wir das idealerweise schon für Freitag schaffen sollen."

Haas-Teamchef Ayao Komatsu im Gespräch mit Kevin Magnussen

Haas-Teamchef Ayao Komatsu im Gespräch mit Kevin Magnussen Zoom

Magnussen trauert indes einem anderen Umstand hinterher, der frühen Rennunterbrechung: "Für mich lief das ein bisschen unglücklich. Mit den Reifen, die wir hatten, hat die rote Flagge einigen anderen geholfen, denn die konnten die Reifen wechseln und ab da eine Einstopp-Strategie von Hart auf Hart machen", erklärt der Däne, der für den ersten Stint auf seinen Medium-Reifen blieb: "Das war schwierig, dadurch musste ich recht früh stoppen für den zweiten Stint auf dem harten Reifen."

Boxenstopp kostet Magnussen Zeit

Mit Platz 13, zwei Plätze hinter Teamkollege Nico Hülkenberg, kann der Haas-Fahrer vor diesem Hintergrund leben, zumal auch sein einziger echter Boxenstopp des Tages etwas misslang. "Leider war der Stopp eher langsam", sagt Magnussen, der zu diesem Zeitpunkt im Zug mit Bottas, Tsunoda, Stroll und Sargeant kämpfte.

Als der Sauber-Pilot zum Stopp kam, reagierte Haas entsprechend: "Es war eine sehr späte Entscheidung", erklärt Teamchef Komatsu: "Wir wollten in derselben Runde stoppen, nicht eine später. Sie haben ihn rein gerufen und wir darauf reagiert, aber in einer sehr kurzen Zeitspanne. Und da wir dieses Mal die erste Garage in der Boxengasse hatten, war es sozusagen das Schlimmste von beidem. Deswegen waren die Jungs nicht bereit", rechtfertigt Komatsu den Zeitverlust.

Dass er am Ende dennoch vor Bottas, den Alpines und Sargeant landete, "trotz der benachteiligten Strategie", damit ist Magnussen zufrieden - und nimmt gleich noch eine weitere positive Erkenntnis mit aus Suzuka, inklusiver einer kleinen Spitze gegen die Konkurrenz: "Wir sind sehr schnell auf den Geraden und schnell in langsamen Kurven. Es ist also schwierig uns zu überholen, wie Bottas bestätigen dürfte."


Fotostrecke: Suzuka: Die Fahrernoten von Marc Surer und der Redaktion

Racing Bulls sind noch zu schnell für Haas

Allein: Mit einem Team im Mittelfeld kann Haas aus eigener Kraft aktuell nicht mithalten: den Racing Bulls. "Der AlphaTauri", wie ihn Magnussen noch nennt, "ist schnell, schneller als wir im Moment. Zumindest auf den Strecken, wo wir zuletzt waren, also Melbourne und hier. Hoffentlich geht es bei ihnen auch ein bisschen mehr auf und ab in den nächsten Rennen."

Der Däne hofft: "Auf Kursen, die uns mehr liegen, und mit ein paar Upgrades am Auto, können wir ihnen hoffentlich Paroli bieten, den Alph... ach, wie auch immer zur Hölle sie gerade heißen!"

Teamchef Komatsu gibt sich betont gelassen: "Suzuka ist eine Strecke, die die Schwächen unseres Autos aufzeigt", glaubt er und blickt nach vorne: "Wir werden versuchen, aggressiver neuer Teile zu den zukünftigen Rennen zu bringen. Die sollten dem Auto mehr Performance bringen und die ganze Sache besser machen."

Im Mittelfeld geht es eng zu, doch Haas ist aktuell gut aufgestellt

Im Mittelfeld geht es eng zu, doch Haas ist aktuell gut aufgestellt Zoom

Damit Magnussen und Hülkenberg endlich auch Komatsus Landsmann Tsunoda ins Visier nehmen können, der die nächsten Punkte für Haas in Suzuka als Zehnter knapp verhinderte.