Grosjean selbstkritisch: Ohne Bremsen bin ich verloren

Haas-Pilot Romain Grosjean nimmt sich selbst in die Pflicht und räumt ein, bei Schwierigkeiten mit seinem Problem-Auto auch an sich selbst arbeiten zu müssen

(Motorsport-Total.com) - Romain Grosjean fährt in Baku fast im wahrsten Sinne des Wortes mit angezogener Handbremse. Und über Funk hört es sich an, als würde er seinem Team deswegen herbe Vorwürfe machen. Aber der Haas-Pilot zeigt mit dem Finger auch auf sich selbst. Es sei schließlich nicht das erste Mal, dass ein Teamkollege mit einem Problem-Auto besser zurechtkäme, als er selbst.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Romain Grosjean sucht den Fehler nicht nur an seinem Auto Zoom

"Das Gefühl für die Bremsen war das ganze Wochenende über fürchterlich", schildert er seine Schwierigkeiten vor dem Grand Prix von Aserbaidschan. "Aber Kevin (Magnussen; Anm. d. Red.) hat die gleiche Voraussetzungen und er kommt damit klar. Deswegen kann ich niemandem die Schuld geben. Wenn ich kein Gefühl für die Bremsen habe, dann muss ich selbst einen Weg finden, damit zu leben."

Haas und die Bremsen - das ist eine Geschichte, die sich seit dem Einstieg der Amerikaner im vergangenen Jahr durchzieht. Nicht nur einmal fiel dabei auf: Grosjean scheint damit stets größere Problem zu haben als sein Teamkollege. Esteban Gutierrez hörte man 2016 ebenso wenig monieren, wie Magnussen jetzt. Auch Grosjean selbst ist schon darauf gekommen. Und er arbeitet an einer Lösung.

Von größter Stärke zur größten Schwäche

"Seit ich in der Formel 1 bin, war das Bremsen immer meine Stärke", sagt er über seine immerhin achtjährige Erfahrung in der Königsklasse. "Aber wenn die Dinge nicht so laufen, wie ich sie gerne hätte, dann ist es meine größte Schwäche."

"2014 war es das Gleiche, als wir dieses seltsame Auto hatten", erinnert sich der Franzose an den Lotus E22. "Pastor (Maldonado; Anm. d. Red.) konnte damit in den Longsruns besser zurechtkommen, weil ich die Auswirkungen nicht einschätzen konnte. Da habe ich das ganze Jahr lang dran gearbeitet. Aber ich habe offenbar noch immer Probleme mit so etwas."

Ein ums andere Mal landet Grosjean in den Auslaufzonen, Kiesbetten und schlimmstenfalls Mauern dieser Welt und man hört ihn über Funk wieder über die Bremsen meckern. Hersteller Brembo gerät damit unter Druck. Ein zwischenzeitlicher Wechsel zu den Produkten von Carbon Industrie brachte aber auch nicht die erwünschten Lösung. Vor allem auf dem anspruchsvollen Straßenkurs in Baku scheinen die Probleme bei Grosjean wieder so immens, dass er schon gar nicht mehr das Thema Bremsen ansprechen will.


Fotos: Romain Grosjean, Großer Preis von Aserbaidschan


Nicht nur Bremsen ein Problem

"Es fängt dabei an, dass wir wenig Abtrieb haben und die Reifen sehr hart für die Oberfläche der Strecke sind", erklärt er stattdessen Platz 16 im Qualifying. "Man hat das bei Lewis gesehen: Er lag erst auf Platz zehn, dann war er Zweiter und dann knallt er auf einmal die Pole-Runde hin. Ich glaube, dass lag nur daran, dass sie die Reifen in den Griff bekommen haben. Ich habe nicht das Gefühl, dass etwas passiert, wenn ich versuche, etwas zu ändern. Und dann bin ich verloren."

"Wenn das Problem auftaucht, dann bekomme ich kein Gefühl für das Auto und kann nicht das Beste herausholen", so Grosjean weiter. "Und im Mittelfeld geht es sehr eng zu. Der Abstand zu Kevin betrug in Q1 drei Zehntel. Die entscheiden darüber, ob man drinnen oder draußen ist. Wenn ich kein Feedback vom Auto bekomme, kann ich die Kurve nicht ordentlich nehmen. Wenn das in drei Kurven der Fall ist, ist man draußen. Das Auto könnte besser sein. Aber ich sage gar nicht, dass das unser derzeitiges Problem ist. Ich sage, dass ich nicht weiß, wie ich das Auto behandeln soll, wenn etwas schiefläuft."

Hass, so erklärt Grosjean, arbeite im Hintergrund weiter daran, die Bremsen besser auf das Verhalten des VF-17 abzustimmen. Er selbst muss mit dem unbändigen Boliden nun erst einmal die 51 Rennrunden in Baku überstehen. Seine Probleme versucht er dabei wegzulächeln und scherzt: "Vielleicht liegt es daran, dass ich alt werde und deshalb nicht mehr so viel riskiere."


Fotostrecke: FIA-Fast-Facts Baku

Zu vorsichtig?

Etwas ernster fügt er hinzu: "Wir haben die Reifen, die Bremsen, das Set-up und den Fahrer - das alles zusammenzubringen ist nicht leicht. Ich selbst habe mich seit Australien ja nicht verändert. Dort habe ich mich als Sechster qualifiziert, weil ich das Auto puschen konnte. Hier kann ich nicht so fahren, wie ich gerne möchte. Man kann nicht puschen, weil man nicht weiß, ob das Auto reagiert."

In Russland sei es schon einmal schlimmer gewesen, in Kanada vor zwei Wochen noch viel besser. "Ich verstehe es nicht wirklich und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll", klagt Grosjean und zieht den Schluss: "Ich muss unter diesen Bedingungen besser werden und an mir selbst arbeiten."