Marcus Ericsson: Sauber vom 2016er-Ferrari-Motor enttäuscht

Der Performance-Nachteil des alten Ferrari-Antriebs ist größer als gedacht - Sauber steckt im Dilemma und konzentriert sich auf die Chassis-Entwicklung

(Motorsport-Total.com) - Ferrari hat über den Winter unbestritten einen großen Schritt nach vorne gemacht. Sowohl auf Chassis-Seite als auch bei der Power-Unit ist die Steigerung enorm. Was Renault und Honda nicht geschafft haben, gelang der Scuderia. Der Hybrid-Antrieb aus Italien ist fast auf Augenhöhe mit Klassenprimus Mercedes. Das ist vor allem für das kleine Sauber-Team bitter, denn die Schweizer fahren in diesem Jahr mit dem Ferrari-Motor von 2016. Dieser Antrieb hat nicht nur leistungsmäßig einen Nachteil, sondern wird im Saisonverlauf auch nicht weiterentwickelt.

Titel-Bild zur News: Marcus Ericsson

Sauber sammelte in den ersten beiden Grands Prix noch keinen WM-Punkt Zoom

Sauber entschied sich schon relativ früh im vergangenen Jahr für die Verwendung des alten Antriebs. "Es war eine technisch getriebene Entscheidung", betonte Teamchefin Monisha Kaltenborn vor dem Saisonauftakt in Melbourne. Mit knappen Finanzen habe es hingegen weniger zu tun gehabt. Zwar sei Geld damals auch ein Gesichtspunkt gewesen, jedoch nur aus dem Grund, weil man wusste, dass man zusätzliche Unterstützung (die dann in Form von Investor Longbow kam) in die Entwicklung der eigenen Performance legen kann. "Es ist nicht so, dass wir die Extra-Millionen nicht hätten bezahlen können", so Kaltenborn im März.

Nach den ersten beiden Rennen sieht die Realität ernüchternd aus. "Wahrscheinlich hat es nicht wie geplant funktioniert", seufzt Marcus Ericsson und sagt: "Es ist ziemlich klar, dass uns im Vergleich zu unseren Gegnern Topspeed auf der Geraden fehlt. Ich würde sagen, uns fehlt jetzt zu Saisonbeginn mehr als erwartet. Wir wussten, dass es in der zweiten Saisonhälfte ein Problem werden wird. Jetzt ist klar, dass wir schon von Beginn an auf der Geraden einen Nachteil haben."

Im China-Qualifying fehlten Antonio Giovinazzi auf der langen Geraden 8,4 km/h und Ericsson 10,4 km/h auf die schnellsten Autos (zur Topspeed-Liste). "In Schanghai hat sich das noch mehr ausgewirkt, weil wir mit viel Abtrieb gefahren sind", versucht der Schwede die Werte zu relativieren. "Wir hatten dort zu viel Luftwiderstand. Hoffentlich ist es diesbezüglich in Bahrain etwas besser, weil wir jetzt Bescheid wissen. Aber es ist kein Geheimnis, dass wir erwartet und gehofft hatten, den neuen Power-Units näher zu sein."

Trotzdem ist klar, dass Sauber in den kommenden Monaten nur mit der Entwicklung des C36 mit der direkten Konkurrenz Schritt halten kann. "Wir haben einen Plan für die Weiterentwicklung", erläutert Ericsson, der seine dritte Saison für Sauber fährt. "Das Auto fühlt sich im Vergleich zu den Wintertests in Barcelona schon deutlich anders und besser an. Hoffentlich können wir das Auto besser als unsere Gegner entwickeln. Aber das große Fragezeichen betrifft die Weiterentwicklung der Motoren. Es kann schwierig werden."

Marcus Ericsson

Der Schwede Marcus Ericsson fährt seine dritte Saison für das Sauber-Team Zoom

Als Faustregel gilt, dass kleine Teams vor allem zu Saisonbeginn die besten Chancen haben, den einen oder anderen WM-Punkt abzustauben. Noch steht Sauber nach zwei Rennen mit null Zählern da. "Es kommen auch Strecken, wo der Motor nicht die entscheidende Rolle spielt", denkt Ericsson an den Kalender. "Dort müssen wir gut sein. Das betrifft Orte wie Monaco, Budapest, Singapur und zu einem gewissen Teil auch Suzuka. Wenn wir unser Auto aerodynamisch und mechanisch gut weiterentwickeln, dann hoffe ich, dass wir auf diesen Strecken gut aufgestellt sind."