• 19.09.2013 14:21

Formel 1 in Singapur: Zwischen Hitze, Hype und Justin Bieber

Die Fahrer kämpfen gegen die Müdigkeit, Singapur putzt sich vor dem Highlight des Jahres ganz besonders heraus - Und Marc Surer rechnet mit Gegenwind für Vettel

(Motorsport-Total.com/SID) - Sebastian Vettel reiste so spät an wie möglich, Kimi Räikkönen freute sich aufs Ausschlafen und Nico Hülkenberg vertrieb sich die freie Zeit am Pool: Vor dem spektakulären Großen Preis von Singapur gehen die Formel-1-Piloten auf ihre eigene Weise mit den ungewöhnlichen Tagesabläufen rund um das Nachtrennen um. Doch eines haben alle gemeinsam: Der Faszination des einzigartigen Spektakels im asiatischen Stadtstaat kann sich niemand entziehen. Selbst Teenie-Schwarm Justin Bieber kommt.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Flutlichtspektakel: Darf Vettel zum dritten Mal in Serie jubeln? Zoom

"In Singapur zu gewinnen, ist einfach unglaublich", sagte Vettel. Er selbst hat das in den beiden vergangenen Jahren geschafft und ist auch vor dem Rennen am Sonntag (14.00 Uhr MESZ) erneut der Favorit auf dem engen Stadtkurs. Chef-Organisator Colin Syn würde sich mit einem Augenzwinkern gerne einen anderen Ausgang wünschen: "Ich hätte auch nichts dagegen, wenn jemand anderes gewinnt. Natürlich nur wegen der Spannung."

Singapur will sich als spektakulärstes Rennen etablieren

Syn hat im Moment kaum eine ruhige Minute, arbeitet rund um die Uhr. Vor allem aus einem Grund: "Wir wollen möglichst spektakuläre und schöne Bilder um die ganze Erde schicken." Auch beim sechsten Rennen in Singapur seit 2008 wollen die Veranstalter wieder einen Schritt nach vorne machen und am liebsten die Nummer eins in der weltweiten Medien- und Zuschauergunst werden. "Es ist unser Ziel, dass es jedes Jahr besser wird", sagte Syn.

Und das eigentliche Formel-1-Rennen, das zu 70 Prozent auf öffentlichen Straßen verläuft, ist dabei mittlerweile nur noch ein Teil des Mega-Events auf dem Marina Bay Street Circuit in der Nähe des geschäftigsten Frachthafens der Welt. Im Rahmen des Grand Prix werden unter anderem die Musik-Superstars Rihanna, The Killers und zum Abschluss Justin Bieber bei groß angelegten Konzerten unweit der Strecke auftreten. Nach dem Rennen wird es wieder ein gigantisches Feuerwerk geben, Partys gibt es in der Millionenstadt an fast jeder Ecke - der Hype kennt kaum (finanzielle) Grenzen.

Die Fahrer werden davon nur wenig mitbekommen und schlagen sich stattdessen mit ganz anderen Problemen herum. Da der Lauf in Südostasien unter 1.500 Flutlichtern als Nachtrennen - dem einzigen der Saison - ausgetragen wird, müssen sie nach einem anderen Rhythmus als gewohnt leben. Alle Termine rund um die Strecke finden vom späten Nachmittag bis in die Nacht hinein statt, Medientermine noch nach 23 Uhr Ortszeit sind bis Sonntag keine Seltenheit.

Körper am Limit

Vettel reiste deswegen erst spät an, während Kollege Hülkenberg schon am Hotelpool saß und sich auf die nächtlichen Hitzeschlachten vorbereitete. Temperaturen von über 30 Grad und eine hohe Luftfeuchtigkeit werden die Fahrer kräftig ins Schwitzen bringen, obwohl das Rennen Ortszeit erst um 20.00 Uhr gestartet wird. "Mich stört die ungewöhnliche Zeit nicht, da kann ich wenigstens ausschlafen", sagte Lotus-Pilot Kimi Räikkönen gewohnt trocken.

McLaren-Pilot Jenson Button, im vergangenen Jahr Zweiter auf dem 5,067 Kilometer langen Kurs, schwärmte: "Singapur ist ein einzigartiges Spektakel. Der Grand Prix ist eines der Wunder des modernen Sports." Trotzdem warnte Mercedes-Pilot Nico Rosberg: "Körperlich ist es eines der anstrengendsten Rennen des Jahres."

Vettel lässt den Rechenschieber zuhause

Favorit ist wie immer Vettel, der - wenn er nicht in Silverstone in Führung liegend mit Defekt ausgefallen wäre - fünf der vergangenen sechs Rennen gewonnen hätte. Zudem hat er in den vergangenen zwei Jahren in Singapur gewonnen. "Der Red Bull ist ja auf jeder Strecke schnell, also wird er auch dort wieder schnell sein", ist 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer gegenüber 'Sky' überzeugt.


Großer Preis von Singapur

Der WM-Titel ist Vettel nur noch schwer zu nehmen, dennoch will sich der 26-Jährige nicht an wilden Rechenspielen beteiligen. Wann er frühestens erneut Formel-1-Weltmeister werden könnte, interessiert den Champion momentan angeblich überhaupt nicht. "Ich versuche nicht, mit einem besonders großen Vorsprung Weltmeister zu werden. Ich denke auch nicht darüber nach, was die anderen machen oder was punktemäßg gut und schlecht für uns ist", sagte Vettel: "Am Ende kann man eine Million Theorien aufstellen, aber dann kommt es doch anders, als man denkt."

Stattdessen gibt es nur ein Ziel: "Ich will hier gewinnen, darauf konzentriere ich mich voll." Angesichts seiner Erfolgsserie stört sich der Heppenheimer auch nicht an einer möglichen Langeweile im Formel-1-Zirkus. "Es gibt sicher Leute, die gelangweilt davon sind, dass Red Bull so oft gewinnt, aber wir sind es nicht", betonte der 26-Jährige: "Wir wissen, dass es keine Garantie für Siege gibt. Wir haben zwar ein starkes Paket, aber müssen auch hart arbeiten, um ganz vorne zu sein und zu bleiben."

Surer hat Mercedes und Hamilton auf der Rechnung

Dieser Meinung ist auch Surer, der in Singapur nicht mit einem Durchmarsch für Vettel rechnet. Der Schweizer hat die Rivalen des Red-Bull-Piloten auf der Rechnung. Die Streckencharakteristik spreche diesmal "für die 'Silberpfeile'", sagt er. Zudem hat Hamilton im Vorjahr nach der Pole-Position das Rennen dominiert, ehe er mit Getriebeschaden ausgeschieden ist. "Er hätte das Rennen im McLaren sicherlich gewonnen", ist Surer sicher. "Er fährt gut auf solchen Strecken, und auch der Mercedes ist dort normalerweise gut, das hat ja auch das Rennen in Monaco gezeigt. Sie können dort durchaus den Ton angeben. Für Vettel dürfte es nicht so einfach werden."

"Für Vettel dürfte es nicht so einfach werden." Marc Surer

Auch die Reifen sorgen laut Surer für Spannung, denn diesmal werden nach langer Zeit wieder einmal die Supersoft-Pneus eingesetzt. Was man daraus schließen kann? "In der Vergangenheit war es so, dass Ferrari und Lotus, aber auch Force India profitiert haben", erklärt der ehemalige Formel-1-Pilot. "Jetzt müssen wir mal sehen, ob das mit der neuen Konstruktion immer noch denselben Effekt hat", verweist er darauf, dass die Supersoft-Mischung seit den Änderungen an den Pneus auf dem Hungaroring noch nicht zum Einsatz gekommen ist.

Kommt 2014 der Regen?

Vor dem 13. von 19 WM-Rennen beträgt Vettels Vorsprung in der Gesamtwertung beruhigende 53 Punkte auf Ferrari-Pilot Alonso (169), dahinter folgt fast schon chancenlos Hamilton (141) im Mercedes auf Rang drei. "Ich wusste gar nicht, dass es 53 Punkte Vorsprung sind", sagte Vettel, der mit Spannung auf das einzige Nachtrennen der Saison blickt: "Ich liebe diese Strecken, aber es ist auch eine Hassliebe. Es ist sehr schön, aber auch sehr fordernd."

Möglicherweise wird es dieses Jahr sogar noch eine Spur fordernder, denn die Formel 1 wurde in Singapur vom Regen begrüßt. Am Rennsonntag blieb dieser allerdings bislang stets aus. Das sorgt bei Surer für Verwunderung: "Ich erwarte, dass es irgendwann mal regnet. Jedes mal, wenn ich dort zwischenlande, schüttet es, und beim Rennen hat es noch nie geregnet. Das ist schon komisch, da haben wir bisher immer Glück gehabt. Ich kann mir vorstellen, dass es dann chaotisch werden könnte."