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Die Radmuttern: Was bei Force India wirklich schieflief

Force Indias stellvertretender Teamchef erklärt, was bei den Boxenstopps wirklich in die Hose ging, und was die Fahrer ohne die Probleme hätten erreichen können

(Motorsport-Total.com) - Wenn es ein Team gibt, das beim Großen Preis von Malaysia mal so richtig in den Misteimer gegriffen hat, dann ist es Force India. Die Truppe von Vijay Mallya zeigte am Wochenende außerordentlichen Speed und hätte in Sepang ein gutes Ergebnis einfahren können. Doch das Unheil kam mit den ersten Boxenstopps: Als man zu Beginn beide Fahrer gleichzeitig reingeholt hat, und ein Problem bei Adrian Sutil auftrat, wurden beide Fahrer zurückgeworfen. Doch das sollte noch nicht das Ende der Problemkette darstellen.

Titel-Bild zur News: Paul di Resta

Bei Force India klemmte es heute bei den Boxenstopps gewaltig Zoom

"Das Team hat eine große Möglichkeit verpasst, wenn man sich unsere Performance über das Wochenende anschaut", analysiert Paul di Resta. "Wir waren sehr stark und steckten dann hinter Adrian beim ersten Boxenstopp fest und haben 15 Sekunden verloren. Aber wir kämpften und kamen stark zurück. Zeitweise hatten wir das zweit- oder drittschnellste Auto. Es ist frustrierend, denn selbst mit dem Problem wären wir vielleicht noch auf Rang sieben gefahren."

Ein Problem mit den Radmuttern kostete Force India heute wichtige Punkte. Der stellvertretende Teamchef Robert Fernley erklärt gegenüber 'Motorsport-Total.com', was beim Team von Paul di Resta und Adrian Sutil heute schieflief: "Es war ein Designproblem", analysiert der Brite die Sache mit den Radmuttern. "Das Problem trat in Jerez, Barcelona und Australien nicht auf, wir haben ja damit die ganze Zeit geübt. Wir denken also, dass es ein Problem mit der Hitze war - oder eine Kombination aus Hitze und Belastung, weil es nur auf einer Seite auftrat, der linken. Um ehrlich zu sein, waren die Temperaturen laut Telemetrie gar nicht so unterschiedlich. Deswegen wird es wohl eine Kombination daraus sein."

Rad anschrauben: unmöglich

Laut Fernley sei das System für diese Saison komplett neu eingeführt worden. "Bis jetzt hat es perfekt funktioniert. Es ermöglicht sehr schnelle Stopps, wenn man es gut macht. Das Problem, wenn man eine unverlierbare Radmutter hat, ist, dass man ein Gewinde und die Mutter hat - und das muss als Ganzes zusammen auf die Achse drauf. Wenn man es abzieht, kommt es auch gemeinsam runter. Das Gewinde ist aber auf der Achse geblieben", schildert er das Problem.

"Man kann kein neues Rad anschrauben", fährt der Force-India-Mann fort. "Wir konnten das Gewinde irgendwann abziehen, um den Boxenstopp zu beenden - aber erst nach einer ganzen Weile. Man muss natürlich mit sehr hohen Temperaturen zurechtkommen, und wenn man zwei dieser Boxenstopps hat, möchte man sicherheitsmäßig nichts mehr riskieren", erklärt er das Ausscheiden seiner beiden Piloten gegen Mitte des Rennens. "Wir wussten, dass wir ein Problem hatten und noch ein Boxenstopp anstand. Wir hätten nichts weiter erreicht außer einem weiteren Desaster."

"Es ist kein langfristiges Problem, aber natürlich ein echtes Debakel hier. Es hätte nicht schlimmer kommen können, wir hätten es auch während des Grand-Prix nicht beheben können." Doch warum setzt Force India überhaupt auf ein neues System? "Man versucht Boxenstopps in deutlich unter vier Sekunden abzuwickeln - vielleicht sogar unter 3,5 Sekunden im Durchschnitt", so Fernley. "Wenn man den traditionellen Weg geht, sind es mehr als vier - und das bei einem schnellen Stopp. Man muss sich eben anpassen."


Fotos: Force India, Großer Preis von Malaysia, Sonntag


Auf das vorherige System zurückgehen will das Team deswegen nicht: "Wir können nicht zum alten System wechseln, die Ingenieure schauen sich das Problem schon in der Fabrik an. Man muss mit der Entwicklung voranschreiten, zurückgehen will man nicht. Wenn man jedes Mal eine halbe Sekunde durch das alte System verliert, dann macht das bei zwei Stopps schon eine ganze Sekunde, und das ist sehr viel, wenn man das aufholen will."

Performance-Level: sehr stark

Immerhin könne man bei Force India auf die gezeigten Leistungen aufbauen, tröstet sich Fernley: "Das Auto war schnell. Wir hatten ein Problem beim ersten Boxenstopp nach den Intermediates. Als die Fahrer aber erst einmal auf den Medium-Reifen waren, sind sie durchs Feld gepflügt, wie ein heißes Messer durch Butter. Wir standen kurz vor den Punkterängen, als wir den zweiten Stopp eingelegt haben."

"Es gibt keinen Zweifel, dass wir zu starken Punktplatzierungen in der Lage sind. Ohne Probleme wären wir wohl unter die besten Sechs gekommen. Aber natürlich muss man erst einmal ins Ziel kommen. Wir verlieren zwischen hier und China keine Performance. Wir haben ein paar kleine Updates in der Hinterhand, aber die Konkurrenz ist sehr stark und wir müssen genau so große Fortschritte machen wie sie. Und man darf nicht vergessen, dass auch McLaren irgendwann zurückkommt."

"Von der Performance her war das mit Sicherheit eines unser stärksten Rennen aller Zeiten", ist der stellvertretende Teamchef überzeugt. In Sachen Zuverlässigkeit müsse Force India angesichts des ersten Doppelausfalls seit Japan 2010 sowieso keine Sorgen machen: "Es ist schmerzhaft und ein bisschen enttäuschend. Aber wir geben nicht auf, die Pace ist da. Das Problem sollte nicht wieder auftreten, unsere Zuverlässigkeit ist im Normalfall sehr sehr gut. Wir sind eines der zuverlässigsten Teams in der Boxengasse."

Adrian Sutil, Paul di Resta

Paul di Resta musste sich dann auch in der Box hinter Adrian Sutil anstellen Zoom

Und immerhin hätte die direkte Konkurrenz sowieso nicht dick gepunktet, so Fernley: "Wenn man sich das Rennen mal aus Sicht einer Schadensbegrenzung anschaut, dann hat Sauber nur vier, McLaren zwei Punkte geholt. Damit haben sie auch vier. Wir stehen weiter bei zehn. Wir haben unsere Position behalten. Mercedes ist ein bisschen weggezogen, aber unsere Konkurrenten haben uns nicht wirklich vor Probleme gestellt."

Nun gelte es, Malaysia so schnell wie möglich abzuhaken, um sich auf China zu konzentrieren. Das sieht auch Paul di Resta so: "Wir verlassen Malaysia mit Frustration, hoffentlich können wir das bis China aussortieren. Wir werden kämpfen, das Auto ist generell sehr schnell." Für den Schotten ist die Pause bis zum nächsten Rennen nach der Enttäuschung zu lang: "Die nächsten drei Wochen können gar nicht schnell genug vorrübergehen."

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