Skandal um Marine-Logos: Domenicali unter Beschuss

Nach dem Vorwurf des indischen Außenministeriums, Ferrari wolle mit italienischen Marine-Logos politisch intervenieren, kommt Stefano Domenicali in Erklärungsnot

(Motorsport-Total.com) - Eine Pressemitteilung, ein neues Logo auf dem Auto - und ein politischer Skandal. Als sich das Ferrari-Team dazu entschloss, beim Indien-Grand-Prix die Logos der italienischen Marine auf die Boliden zu kleben, rechnete man vermutlich nicht damit, dass die Aktion in Indien eine Welle der Entrüstung auslösen würde.

Titel-Bild zur News: Stefano Domenicali (Ferrari-Teamchef)

Domenicali musste sich bei der FIA-PK unangenehmen Fragen stellen Zoom

Der Hintergrund: Die zwei italienischen Marinesoldaten Massimiliano Latorre und Salvatore Girone, die für die Sicherheit auf dem Tankschiff Enrica Lexie zuständig waren, sollen am 15. Februar dieses Jahres zwei indische Fischer erschossen haben. Die beiden wurden vier Tage später festgenommen und in Thiruvananthapuram ins Gefängnis gesteckt, beteuerten aber, dass es sich bei der Tat um ein Versehen gehandelt haben soll. Angeblich haben sie die Fischer mit Seepiraten verwechselt. Im Juni wurden sie auf Kaution freigelassen, sie müssen aber in Indien bleiben, bis ihnen dort wegen Mordes der Prozess gemacht wird.

Seitdem herrscht zwischen Italien und Indien eine diplomatische Krise. In Rom argumentiert man, dass der Zwischenfall in internationalen Gewässern stattfand und die indische Justiz nicht zuständig ist. Da die Herkunft des Schiffes bestimme, welche Gesetze gelten, müsse der Fall in Italien behandelt werden. In Indien ignoriert man diese Forderungen.

Was in der Pressemitteilung stand

Zu allem Überdruss facht nun Ferrari beim Indien-Gastspiel der Formel 1 die Debatte neu an - und das in einem Sport, der von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone als ganz und gar unpolitisch bezeichnet wurde. In der Pressemitteilung zeigt die "Scuderia" Flagge: Man wolle mit den Marine-Logos "einer der herausragenden Instanzen" des Heimatlandes Tribut zollen, "auch in der Hoffnung, dass die indischen und italienischen Behörden bald eine Lösung für die Situation finden, an der derzeit zwei Seeleute der italienischen Marine beteiligt sind", hieß es. Indische Medien und das Außenministerium orteten hinter der Aktion eine versuchte politische Intervention.

Bei der FIA-Pressekonferenz musste sich heute auch Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali einige Fragen zum umstrittenen Thema gefallen lassen. Zunächst ließ er sich dazu keine Stellungnahme entlocken: "Wenn Sie eine Klarstellung wollen, dann wird Ihnen unser Pressebüro gerne Ihre Frage beantworten. Ich will dazu nichts sagen, denn ich glaube nicht, dass das der Ort ist, wo ich das tun sollte."

"Es gibt keine politische Absicht oder Diskussion." Stefano Domenicali

Domenicali streitet politischen Zusammenhang ab

Darauf angesprochen, dass die FIA-Statuten es den Teams verbieten, politische Standpunkte darzulegen, behauptet Domenicali später, dass es sich bei der Pressemitteilung nicht um ein politisches Statement handle: "Ganz ehrlich sollte man genau schauen, was dort steht, der Grund, warum wir das auf dem Auto haben. Es gibt keine politische Absicht oder Diskussion."

Als der Reporter nachhakt, dass in der Pressemitteilung sehr wohl Bezug auf die zwei Seeleute der italienischen Marine genommen wird, die in Indien festgehalten werden, behauptet Domenicali, dass dies nicht der Fall sei: "Was Sie sagen, ist nicht wahr."