• 28.10.2012 11:59

  • von SID, Dieter Rencken & Stefan Ziegler

Ecclestone: 82, umstritten und immer noch (fast) allmächtig

Am Sonntag wurde Bernie Ecclestone 82 Jahre alt: Unumstritten ist der Formel-1-Chef längst nicht mehr, doch ihm kann wohl nichts etwas anhaben

(Motorsport-Total.com/SID) - Mit seinem 82. Geburtstag wollte Bernie Ecclestone genauso umgehen wie mit der sich mehrenden Kritik an seiner Person. "Ich werde ihn ignorieren", sagt der Formel-1-Chef. "Je älter man wird, umso mehr will man Geburtstage ganz schnell vergessen."

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone (Formel-1-Chef)

Formel-1-Chef Bernie Ecclestone feiert beim Indien-Rennen den 82. Geburtstag Zoom

Es war eines der wenigen Vorhaben im Leben des Charles Bernard Ecclestone, das misslang. Schließlich fiel sein Ehrentag auf den Renntag in Indien, und so konnte sich der nur 1,58 m kleine Brite der Glückwünsche nicht erwehren. Die Teamchefs bat er vor dem Start zu einem kleinen Umtrunk.

Sehr viele im Fahrerlager mögen "Mr. E", und fast alle schätzen ihn. Doch auch der Gegenwind wird immer schärfer. Aber egal, ob peinliches Lob für Adolf Hitler oder Saddam Hussein oder ein drohender Prozess - nachhaltig scheint ihm kein Skandal zu schaden. Ecclestone lächelt ihn weg oder wischt ihn mit einem flapsigen Witz zur Seite.

"Ich will mich nicht über deutsche Gefängnisse beschweren, aber um ehrlich zu sein, will ich auch nicht in einem sitzen müssen", lautete sein Kommentar, als er in dieser Woche auf eine mögliche Anklage wegen der Schmiergeld-Affäre in München angesprochen wurde. Als er die Formel-1-Familie im April in den Krisenstaat Bahrain und damit in Gefahr schickte, wünschte er sich zur Ablenkung doch tatsächlich ein Erdbeben irgendwo auf der Welt.

In der freien Wirtschaft würde wohl jedem Manager eine einzige solcher Aussagen zum Verhängnis werden. Erst recht natürlich jene wie die 2009 über Hitler ("Er wurde mitgerissen und überredet", "Er war fähig, Dinge zu erledigen") oder ein Jahr später über den irakischen Diktator Hussein ("Wir haben etwas Schreckliches gemacht, als wir die Idee unterstützten, ihn loszuwerden", "Er hat aus dem Irak ein stabileres Land gemacht. Das ist doch bewiesen, oder?").

Ecclestone regiert sein Imperium gerade so demokratisch wie es sein muss, aber doch auf eine menschliche Art. "Big Bernie" hat seine Freude daran, wenn Menschen sich über seine "Witze" echauffieren, wenn sie die garstige Seite seines manchmal so feinsinnigen Humors nicht verstehen, er für Skandale sorgen und doch sich und der Welt beweisen kann, dass ihm im Endeffekt niemand etwas anhaben kann.

Über Reaktionen wie die des Herausgebers des Jewish Cronicle, Stephen Pollard ("Entweder ist Herr Ecclestone ein Idiot oder hat eine abstoßende Moral"), schmunzelt er wahrscheinlich zufrieden. Ganz nach dem Motto: "Viel Feind, viel Ehr".

Auch im Fahrerlager rümpfen alle die Nase über Ecclestones Ausführungen zur Weltpolitik, und im Tagesgeschäft machen sie ihm das Leben inzwischen etwas schwerer. Das Concorde Agreement, die Einigung zwischen Ecclestone und den Teams, ist immer noch nicht unterschrieben, und der Boss muss wohl mehr Abstriche machen als ihm lieb ist.


Fotos: Großer Preis von Indien


Viele werfen ihm auch vor, dass er beispielsweise den Markt der neuen Medien nicht nutzt, oder dass er die Formel 1 mit seinem aufgeblähten und immer weltoffeneren Kalender einer manchmal fast unzumutbaren Belastung aussetzt. Doch so generiert der "Herr der Räder", der schon in der Schule Bleistifte und Radiergummis an seine Mitschüler verhökerte, frisches Geld und erschließt neue Märkte. Sein Geschäftssinn hat der Formel 1 um ein Vielfaches mehr genutzt als geschadet. Deshalb bleibt die Rebellion aus.

In diesem Wissen reagiert der Vater dreier erwachsener Töchter auch gelassen auf die Gerüchte der 'Times', wonach die Vermarktungsgesellschaft CVC Headhunter mit der Suche nach einem möglichen Nachfolger beauftragt habe. "Irgendwann werde ich gehen, so oder so", sagt er. "Ich werde genau sagen, wenn ich es mir anders überlege. Vielleicht wenn ich 85 bin oder so. Dann haben sie noch genug Vorwarnzeit."

Sollte die Formel 1 den geplanten Gang an die Börse vollziehen, wird der österreichische Nestle-Manager Peter Brabeck-Letmathe den Vorstandsvorsitz übernehmen. Wann das der Fall sein und welche Rolle Ecclestone dann einnehmen wird, entscheidet aber wohl nur einer: "Big Bernie" selbst.

Aktuell ist dieses Thema aber nicht, wie Ecclestone selbst hinzufügt: "Ich fühle mich noch gut. Wenn das einmal nicht mehr so ist, lasse ich es sein." Er wisse aber nicht, wie lange er seine Rolle als Formel-1-Chef noch spielen werde. "Ich wünschte aber, ich könnte langsamer machen", gesteht er. "Wenn ich es allerdings nicht mehr könnte, würde ich es nicht machen. Ich habe Spaß an all dem, an der Organisation, an den Deals."

Ob das auch in fünf Jahren noch der Fall ist? "Keine Ahnung", antwortet Ecclestone. "Wenn sie mich vor fünf Jahren gefragt hätten, wäre ich auch total danebengelegen." Solange er aber Schalten und Walten und vor allem Sehenswertes auf die Beine stellen könne, denke er nicht im Traum daran, in Rente zu gehen.

"Zum Beispiel Orte wie dieser hier", sagt Ecclestone in Indien. "Wenn man gesehen hat, wie es früher war, und wenn man dann die Leute überzeugt, ein Rennen zu haben und so etwas zu bauen, dann ist das am Ende eine große Befriedigung. Wir versuchen einfach, uns zu entwickeln. Und wenn uns etwas auffällt, was man besser machen könnte, dann probieren wir es aus."

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