Sao Paulo: Massas doppeltes Jubiläum

Felipe Massa bestreitet am Wochenende seinen 100. Ferrari-Grand-Prix und beschließt ein Jahrzehnt in der Formel 1 - Der Schauplatz ist seine Schicksalsstrecke Interlagos

(Motorsport-Total.com) - Das Heimrennen ist für jeden Piloten ein Highlight, doch der diesjährige Grand Prix von Brasilien ist für Felipe Massa noch eine Spur spezieller als sonst. Denn er feiert gleich zwei Jubiläen: Der Grand Prix von Brasilien ist sein 100. Rennen für Ferrari, zudem beschließt er mit dem Lauf in seiner Heimat ein Jahrzehnt in der Formel 1. Denn am dritten März 2002 debütierte der Brasilianer beim Grand Prix von Australien im Alter von nur 20 Jahren und 313 Tagen.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Felipe Massa hat in seiner langen Karriere bereits viel hinter sich

Massa - damals frischgebackener Champion Meister der europäischen Formel 3000 - hatte nach dem erfolgreichen Experiment mit Kimi Räikkönen im Jahr davor die Aufmerksamkeit von Teamchef Peter Sauber erlangt und war vom Schweizer als Teamkollege von Nick Heidfeld verpflichtet worden. Der Paulista glänzte auf Anhieb mit Speed, fiel aber auch durch seinen ungestümen Fahrstil auf, den er teilweise bis heute nicht ganz abgelegt hat.

Massas Achterbahn-Fahrt

"Das wird ein sehr wichtiges Wochenende für mich", bestätigt der inzwischen 30-Jährige. "Es markiert das Ende meines zehnten Jahres in der Formel 1, obwohl ich durch meine Zeit als Ferrari-Testfahrer 2003 nicht zehn Jahre lang an Rennen teilnahm", spielt er auf seine Rennpause an, als er nach einem Jahr bei Sauber von Ferrari aus dem Verkehr gezogen wurde, um ein Lehrjahr bei der "Scuderia" zu absolvieren. Er kehrte zwar für zwei weitere Saisons zu Sauber zurück, wurde aber 2006 als Ersatz für Rubens Barrichello zurückgeholt.

Als Massa tatsächlich den Platz an Michael Schumachers Seite einnahm, begann eine bisher sechs Jahre andauernde Achterbahn-Fahrt mit Highlights wie dem Titelkampf gegen Lewis Hamilton 2008 und Tiefpunkten wie dem schweren Unfall in Ungarn 2009, als er von einer Stahlfeder bewusstlos geschlagen wurde und im Bereich des linken Auges schwer verletzt wurde.

"Glücklicherweise bin ich immer noch jung und es liegt noch viel vor mir." Felipe Massa

Viele Experten glauben, dass dieser Zwischenfall bei Massa deutliche Spuren hinterließ und er seitdem nicht mehr zu alter Form zurückfand. Doch der Ferrari-Pilot sieht sich noch länger in der Formel 1: "Glücklicherweise bin ich immer noch jung und es liegt noch viel vor mir, aber zehn Jahre sind ein Meilenstein in der Karriere eines jeden Formel-1-Fahrers. Darunter befinden sich sechs Jahre für die Scuderia - 100 Grand Prix für das Team, ich bin also einer der Fahrer, die die meisten Rennen für dieses Team gefahren sind."

Sao Paulo 2008: Für wenige Sekunden Weltmeister

Er geht davon aus, dass der Brasilien-Grand-Prix dieses Jahr ein besonders emotionelles Erlebnis wird: "Wenn man alles zusammenzählt - meine zehn Jahre in der Formel 1, die 100 Rennen für Ferrari - und all das zuhause in Brasilien passiert, dann wird das für mich sehr speziell. Es wird eine emotionelle Zeit und ich würde das sehr gerne mit einem guten Resultat am Sonntag-Nachmittag vervollständigen."

Es wäre nicht Massas erstes in Interlagos, aber mit Sicherheit eines der wichtigsten, denn diese Saison kam der Brasilianer nicht über Platz fünf hinaus und musste um sein Cockpit zittern. Beinahe vergessen sind die Zeiten, als der elffache Grand-Prix-Sieger 2006 und 2008 sein Heimrennen gewann.

"Beide Siege waren unglaublich, sogar der 2008, als ich gewann und dem Titelgewinn in Brasilien so nahe war." Felipe Massa

"Beide Siege waren unglaublich", blickt er zurück. "Sogar der Sieg 2008, als ich gewann und dem Titelgewinn in Brasilien so nahe war", verweist er auf eines der Schlüsselrennen in seiner Karriere. Damals fuhr der Ferrari-Pilot als Sieger über die Ziellinie und wähnte sich bereits als Weltmeister. Wenige Augenblicke später überholte Lewis Hamilton Timo Glock in der vorletzten Kurve und sicherte sich doch noch den rettenden fünften Platz. Es war mit Sicherheit Massas bitterster Sieg - und sein vorerst letzter.

Massa und Ferrari Leidensgenossen

Weniger ambivalent sind die Erinnerungen an seinen ersten Triumph in Brasilien, als Schumacher seinen Ferrari-Abschied feierte. "Mit dem ersten Sieg ist ein Traum wahrgeworden, denn für einen Brasilianer ist der Sieg beim Heimrennen fast wie der Gewinn der Weltmeisterschaft. Aus diesen Gründen war der Triumph 2006 der bessere der beiden."

Das Gefühl des Sieges ist für Massa inzwischen fremd geworden. Stattdessen ist er daran gewöhnt, regelmäßig Ohrfeigen einzustecken - ganz egal, ob von Teamkollege Fernando Alonso, Rivale Lewis Hamilton oder Ferrari-Boss Luca di Montezemolo. Doch der kleine Brasilianer gibt nicht auf: "Dieses Jahr ist nicht gut gelaufen, aber wir haben es mit unserem typischen Kampfgeist bewältigt. Den werden wir auch ins nächste Jahr mitnehmen, wenn die Weltmeisterschaft hoffentlich anders ablaufen wird. Das Ziel ist es, vom Start weg konkurrenzfähig zu sein und in jedem Rennen um den Sieg zu kämpfen."

"Das war für mich, aber auch für das Team keine fantastische Saison." Felipe Massa

Massa sieht sich nicht als Schwachstelle seines Rennstalls - vielmehr wähnt er sich in der gleichen Situation wie die Ferrari-Truppe: "Das war für mich, aber auch für das Team keine fantastische Saison. Als Fahrer habe ich daher eine Sehnsucht, 100 Prozent zu geben, um mich nächstes Jahr zu verbessern. Das teile ich mit dem Team."