• 09.06.2011 21:10

  • von Dieter Rencken

Heidfeld: "Mein Reifenproblem ist ähnlich wie 2008"

Nick Heidfeld im Interview: Warum er im Qualifying schwächelt, warum er sich bald einen Sprung erhofft und was er von der Bahrain-Debatte hält

(Motorsport-Total.com) - Renault und Nick Heidfeld stehen in Kanada unter Zugzwang. Der Mönchengladbacher konnte nach einem guten Saisonstart vor allem im Qualifying nicht den Erwartungen standhalten, während seine Rennleistungen auch zuletzt zu überzeugen wussten. Sein Rennstall fiel im Entwicklungsrennen ebenfalls zurück - Podestplätze, die man bei den ersten zwei Rennen holte, sind derzeit außer Reichweite. Im Inerview vor dem Grand Prix von Kanada spricht Heidfeld ausführlich über seine Probleme mit den Reifen und die Bemühungen seines Rennstalls, wieder zu alter Klasse zurückzufinden.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Heidfeld geht besonders sanft mit den Reifen um - nicht immer ein Vorteil

Frage: "Nick, das Überholen sollte hier mit den zwei DRS-Zonen einfach sein."
Nick Heidfeld: "Ja."

Frage: "Kannst du dir vorstellen, dass einige versuchen werden, Reifen zu sparen und dein Rennen von Barcelona kopieren?"
Heidfeld: "Es wird auf jeden Fall hier wieder mehr Sinn machen als in Monaco, weil das Überholen hier wieder einfacher ist. Wir müssen aber erst einmal schauen, wie lange die Reifen halten und wie stark der Abbau der Reifen ist."

"Vorher kann man das schlecht einschätzen. Wir sind zwar wieder mit dem weichen und dem superweichen Reifen unterwegs, aber wir haben in den vergangenen Jahren zumindest mit anderen Reifenherstellern gesehen, dass das nicht heißt, dass man hier auch nur einen Stopp machen kann, wie in Monaco."

"Bisher haben wir zu wenig Information, um sagen zu können, hier könnte es sich auszahlen, Reifen zu sparen und auch im Qualifying auf die eine oder andere Runde zu verzichten."

Heidfelds Not mit den Reifen

Frage: "Dein Teamchef hat gesagt, du wärst am Sonntag im Rennen immer sehr schnell, dafür aber im Qualifying nicht so gut, wie er es gerne hätte. Hat er recht? Wenn ja, woran liegt das?"
Heidfeld: "Wenn er sagt, es ist nicht so gut, wie er es gerne hätte, dann hat er recht, das ist klar. (lacht) Ich habe es schon vor zwei Rennen angesprochen, dass ich gerade daran arbeite, das zu optimieren."

"In Barcelona hatte ich leider nicht die Möglichkeit, das zu versuchen, weil ich im Qualifying nicht gefahren bin. In Monaco war ich nach dem Qualifying auch frustriert. Das war nicht das, was ich ich mir erhofft hatte. Auf der anderen Seite war das gesamte Wochenende nicht nur für mich, sondern auch für das Team wichtig. Wir haben da einiges über das Auto verstanden, was wir probieren, in nächster Zeit umzusetzen. Hier sollten wir auch schon etwas dabei haben, was unser Auto hoffentlich verbessern wird, aber das werden wir erst morgen sehen."

Frage: "Was ist denn das Problem im Qualifying?"
Heidfeld: "Ich denke, es ist das Problem, das ich die Reifen nicht schnell genug zum Arbeiten bekomme. Wir haben in Monaco gesehen, das nicht unbedingt die erste Runde die schnellste ist - selbst bei Fahrern und Autos, die normalerweise keine Probleme haben, die Reifen auf Temperatur zu bringen. Und das, obwohl wir mit den weichen und den superweichen Reifen unterwegs waren."

"2008 habe ich es hinbekommen und ich bin auch zuversichtlich, dass ich es dieses Jahr hinbekommen werde." Nick Heidfeld

"Die Tatsache, dass es im Rennen gut klappt, wird durch mein Gefühl unterstützt, dass ich die Reifen nicht schnell genug zum Arbeiten bringe. Das ist ein Problem, das ich habe, und mit dem ich mich gemeinsam mit dem Team auseinandersetze. Ich probiere das nun durch diverse Dinge zu verbessern."

Frage: "Ist das mit dem alten Bridgestone-Problem vergleichbar?"
Heidfeld: "Das kann ich im Moment schlecht sagen. Das Hauptproblem, dass ich die Reifen am Anfang nicht richtig zum Arbeiten bringe, ist das Gleiche. Der Lösungsprozess ist aber wahrscheinlich anders als bei Bridgestone. Da werde ich schon noch dahinter kommen."


Fotos: Großer Preis von Kanada


Frage: "2008 hast du es am Ende ja auch hinbekommen."
Heidfeld: "2008 ging es ab Mitte der Saison ziemlich gut. Da war das Auto aber leider nicht mehr so stark, daher war es nicht der perfekte Zeitpunkt. Aber da habe ich es hinbekommen und ich bin auch zuversichtlich, dass ich es dieses Jahr hinbekommen werde. Gut ist auf jeden Fall, dass ich im Rennen eine gute Pace fahre."

"Das ist zumindest dieses Jahr wichtiger, denn da kann man auch noch nach vorne kommen. In Monaco nicht, aber normalerweise ist man nicht hoffnungslos verloren. Natürlich ist es das Ziel, auch im Qualifying das Maximum herauszuholen, aber am Renntag kann man noch einiges rausholen."

Kann Renault zu alter Klasse zurückkehren?

Frage: "Wo steht der Renault jetzt? Auf Mercedes-Niveau, hinter Mercedes? Ferrari, McLaren und Red Bull scheinen noch außer Reichweite zu sein."
Heidfeld: "Schwer zu sagen. Ich denke, das kann sich sehr schnell verändern. Am Anfang des Jahres waren wir auf einem höheren Niveau als bei den letzten Rennen. Zudem hat Mercedes vor ein paar Rennen einen großen Sprung nach vorne gemacht. In der WM sind wir noch vor ihnen und ich hoffe, dass wir das beibehalten können."

"Und wie eben angeschnitten, haben wir einiges über das Auto gelernt und verstanden - das sollte uns bei den nächsten Rennen Auftrieb geben."

Frage: "Zu Beginn des Jahres wart ihr noch gut dabei. Hat sich das Auto verschlechtert?"
Heidfeld: "Wir haben natürlich probiert, das Auto weiterzuentwickeln, aber das ist anderen Teams vielleicht besser gelungen. Wie gesagt - wir haben einiges verstanden und gelernt und werden erst bei den nächsten Rennen sehen, ob das wirklich so ist, wie wir uns das erhoffen. Aber zumindest theoretisch könnten wir bei den nächsten Rennen einen recht großen Sprung machen."

Frage: "Dein erster Eindruck von der Strecke?"
Heidfeld: "Ich bin sie vorhin kurz abgelaufen, sie hat sich glaube ich nicht geändert im Vergleich zu dem, was ich kenne. Wir werden sehen, ob wir ähnliche Probleme haben wie in den letzten Jahren, dass sich die Strecke auflöst. Aber es sah jetzt eigentlich ganz passabel aus. Letztes Jahr gab es glaube ich auch am Anfang des Wochenendes leichte Probleme, aber dann wurden gewisse Teile dazuasphaltiert."

"Zumindest theoretisch könnten wir bei den nächsten Rennen einen recht großen Sprung machen." Nick Heidfeld

Frage: "Es könnte sein, dass es regnet. Wie wirkt sich das auf diese Streckenproblematik aus?"
Heidfeld: "Ich glaube, Regen macht die Problematik kleiner, weil sich die Strecke dann nicht so stark auflöst, weil wir nicht so hohe Geschwindigkeiten fahren werden."

Frage: "Montreal ist eine deiner Lieblingsstädte. Bist du dieses Jahr auch wieder früher hergekommen, um Bilder einzukaufen?"
Heidfeld: "Ich bin seit vorgestern Nachmittag da und bin schon durch die Galerien gelatscht, habe aber nichts gefunden, was ich gekauft habe. Gestern war ich den ganzen Tag shoppen. Patricia ist zu Hause mit den Kleinen."

Frage: "Warst du überrascht, dass Bahrain plötzlich wieder in den Kalender kam?"
Heidfeld: "Ja, ich war überrascht, weil - ohne mich groß damit zu beschäftigen - hatte ich vorher gehört, dass das Rennen nicht stattfinden würde."

Frage: "Jetzt sieht es ja doch wieder so aus, als würde es nicht stattfinden. Hast du dazu eine Meinung?"
Heidfeld: "Ich finde es schwierig, weil ich mich nicht so intensiv mit der Materie beschäftige, dass ich einschätzen kann, wie die Situation vor Ort ist. Außerdem kann ich nicht genau einschätzen, was da in den letzten Monaten und Wochen passiert ist. Man liest dies, man liest jenes, daher ist es schwierig, sich vernünftig zu äußern."