• 01.02.2011 13:31

  • von Dieter Rencken

Kubica: "Wir wollen Rennen gewinnen"

Renault-Fahrer Robert Kubica über die Aussichten für 2011, die Rückkehr von KERS und die neue Stabilität im Team: "Ich werde alles geben"

(Motorsport-Total.com) - In seiner zweiten Formel-1-Saison für Renault möchte Robert Kubica an die guten Ergebnisse von 2010 anknüpfen. Damals gelang es dem polnischen Rennfahrer, in einigen Rennen sehr positiv zu überraschen und sogar auf das Podium zu fahren. Für 2011 hat sich Kubica aber vorgenommen, noch mehr zu erreichen. In seiner Medienrunde erläutert der Renault-Pilot allerdings, dass man den Tag nicht vor dem Abend loben sollte, solange die Testfahrten der Formel 1 nicht abgeschlossen seien.

Titel-Bild zur News: Robert Kubica

Robert Kubica ist gespannt auf den Beginn der Testfahrten im spanischen Valencia

Frage: "Robert, was sind deine Ziele für die Formel-1-Saison 2011?"
Robert Kubica: "Aus Fahrersicht willst du natürlich immer versuchen, dein Maximum für das Team zu geben. Es geht darum, möglichst konstant zu fahren. Wir wollen so konkurrenzfähig auftreten, wie nur irgend möglich - und Rennen gewinnen."

"Noch ist es aber viel zu früh, um etwas über die Erwartungshaltung zu sagen. Ich werde jedenfalls wieder alles versuchen, wie schon in den vergangenen Jahren. Ich möchte das Maximum aus dem Auto herausholen und damit möglichst weit nach vorne fahren. Was insgesamt drin ist, wird man sehen."

"Als man zuletzt beim Launch über Siege gesprochen hat, folgte eine sehr enttäuschende Saison. Hoffentlich läuft das dieses Jahr anders. Wir sind 2011 definitiv besser vorbereitet. Im Vergleich zum vergangenen Winter haben wir nun eine sehr stabile Situation im Team. Damals bin ich erst zum Team gestoßen, jetzt geht es den Ingenieuren und Designern schon viel leichter von der Hand."

"Wir sind 2011 definitiv besser vorbereitet." Robert Kubica

"Ich denke, die Mannschaft hat beim Designen des Autos richtig gute Arbeit geleistet. Man weiß aber nie, was deine Rivalen und Hauptgegner so alles angestellt haben. Wenn sie im Winter einen besseren Job gemacht haben als wir, dann wird es schwierig, gute Arbeit abzuliefern. Ich werde jedenfalls alles geben und hoffe auf gute Ergebnisse."

Frage: "Teameigner Gerard Lopez fordert Podien und Siege vom Team. Ist der Druck auf jeden Einzelnen durch diese Vorgabe größer geworden?"
Kubica: "Ich denke nicht. Wenn man zu lange in einen Luftballon hineinpustet, explodiert das Ding irgendwann. Wie ich schon sagte: Noch ist es zu früh."

"Gerard vertritt aber nun einmal diese Ansicht und vielleicht weiß er ja mehr als ich. Ich habe allerdings aus den vergangenen Jahren gelernt. Wenn es noch Januar ist, kannst du alles Mögliche erwarten - Negatives oder Positives. 2008 ist das beste Beispiel. Damals war ich noch bei BMW und wir erhofften uns Podien und Siege.

"Ich habe aus den vergangenen Jahren gelernt." Robert Kubica

"Als wir das Auto auf die Strecke brachten, hatten wir nach dem Test in Valencia allerdings zwei Sekunden Rückstand auf die Spitze. Eineinhalb Monate später reisten wir nach Australien und standen dort plötzlich in der ersten Startreihe. Das zeigt: Die Dinge können sich sehr schnell verändern. Wir setzen auf das große Potenzial dieses Fahrzeugs. Das große Fragezeichen ist aber nach wie vor die Konkurrenz."

Lotus oder nicht Lotus: Kubica ist's egal

Frage: "Wie fühlt es sich an, nun einen Lotus-Renault zu fahren? Beschäftigt dich das?"
Kubica: "Ganz ehrlich: Sobald du erst einmal im Cockpit sitzt, denkst du nicht wirklich darüber nach. Du sitzt einfach nur drin. Während des Fahrens hast du eh andere Dinge im Kopf."

"Natürlich ist es toll, Lotus als Partner an Bord zu haben. Das verschafft dem Team nur noch mehr Stabilität. Im Internet liest man sehr viele Gerüchte über die Namensgeschichte, aber wichtig ist nur, was in der Fabrik los ist. Wir alle sind sehr optimistisch und freuen uns auf diese Saison."

"Wir alle sind sehr optimistisch und freuen uns auf diese Saison." Robert Kubica

Frage: "Die Verbindung zu Lotus scheint dich emotionell nicht wirklich mitzureißen. Lässt dich das derart kalt? Für andere würde ein Traum wahr werden..."
Kubica: "Soweit ich weiß, ist Lotus unser Sponsor. Sie sind ein Partner. Ich könnte genauso gut sagen, dass es schon immer mein Traum war, für Total zu fahren (lacht; Anm. d. Red.)."

"Es wäre wahrscheinlich etwas anders, wenn Lotus der Teameigner und zu einhundert Prozent im Team engagiert wäre. Sie sind ein guter Partner. Sie haben große Ambitionen und das ist doch schon einmal sehr vielversprechend. Sie machen viel Druck. Erst vor ein paar Tagen traf ich mich mit einigen ihrer Leute. Das sieht alles sehr gut aus."

Frage: "Du hast nun ein Jahr bei Renault verbracht. Würdest du dieses Team ebenso als Topteam sehen wie McLaren, Red Bull, Mercedes und dergleichen?"
Kubica: "Keine Ahnung. Bei diesen drei Teams war ich noch nie, also kann ich auch keinen Vergleich anstellen."

"Renault hat viele gute Seiten und jede Menge Positives. Dass es einige Dinge gibt, die man verbessern kann, ist vollkommen normal. Wir dürfen aber nicht vergessen, wo wir angefangen haben. Noch vor zwölf Monaten hätte keiner auch nur einen Euro auf unser Team gesetzt."

"Renault hat viele gute Seiten und jede Menge Positives." Robert Kubica

"Vor 13, 14 Monaten war das Team schier am Ende. Renault wollte schon den Stecker ziehen, doch dann kam Genii. Eric (Boullier; Anm. d. Red.) wurde - ohne Erfahrung - zum Teamchef bestellt. Ich denke, die Leute vergaßen nach drei, vier guten Rennen, wo wir im vergangenen Jahr angefangen hatten. Die Erwartungen gehen freilich rasch nach oben."

"Wichtig ist in meinen Augen unterm Strich eine gute Stabilität. Das konnten wir in den vergangenen zwölf Monaten umsetzen. Das ist auch wichtig für die Leute in der Fabrik. Sie müssen sich keine Sorgen machen, sondern können sich voll und ganz auf ihre Arbeit konzentrieren. Da haben die neuen Besitzer gute Arbeit geleistet."

Ein positiver Teststart würde schon viel helfen

Frage: "Was denkst du: Wie viel Input konntest du nun im Vergleich zum vergangenen Jahr geben?"
Kubica: "In etwa die gleiche Menge, würde ich sagen. Speziell zum Beginn der Tests 2010 versuchte ich natürlich, mehr Eindrücke zu vermitteln. Da fielen mir am Auto einige Dinge auf, die man unbedingt verändern musste. Manches hätte man vielleicht rascher erledigen können, doch wir sind auf einem guten Weg. Wichtig ist auch, an den Details zu arbeiten - selbst, wenn man im Augenblick größere Probleme hat."

"Wenn die größeren Schwierigkeiten erst einmal aus dem Weg sind, können eben die Details den Unterschied ausmachen. Das ist wichtig, wenn man es mit Topteams wie Red Bull, Ferrari oder McLaren aufnehmen will. Dann kommt es einfach auf die kleinen Feinheiten an. Das entscheidet über Sieg und Niederlage."

"Es kommt auf die kleinen Feinheiten an. Das entscheidet über Sieg und Niederlage." Robert Kubica

Frage: "Wie viel Einfluss hattest du auf die Entwicklung des R31?"
Kubica: "Was das Design angeht, natürlich überhaupt keinen. Ich konnte einige Eindrücke zum Verhalten des Autos in der vergangenen Saison vermitteln oder die guten Seiten des Fahrzeugs aufzeigen."

"Das alles konnte man für diesen Rennwagen übernehmen. Es gab 2010 ein paar Dinge, die wir noch während der Saison verbesserten. Da ging es um ein besseres Fahrgefühl, aber auch um die Leistung an sich. Das alles haben wir auch jetzt wieder an Bord."

Frage: "Wie lautet dein Kommentar dazu, dass dein Team nun Pullrods (Zugstangen; Anm. d. Red.) an der Hinterachse einsetzt? Begrüßt du diesen Wechsel?"
Kubica: "Ich halte das für eine bessere Richtung. Noch konnte ich aber keine Erfahrung damit machen. Das ist wohl eher eine technische Angelegenheit. Ich hatte halt noch nicht die Chance, unser neues Auto zu fahren. Ich kann da also nur schwer eine Meinung dazu abgeben."

Frage: "Was hältst du vom KER-System?"
Kubica: "Ein großes Thema. KERS kann dich viel Zeit kosten, wenn du ein kompliziertes System hast, dass dir viele Schwierigkeiten bereitet. So war es schon 2009 bei BMW. Wir hoffen, dass unser System von Anfang an gut funktioniert. Das würde uns viel Zeit sparen. Sollte es Probleme geben, würden wir etwas an Zeit verlieren, um an der Leistung des Fahrzeugs zu feilen."

"Wir hoffen, dass unser System von Anfang an gut funktioniert. Das würde uns viel Zeit sparen." Robert Kubica

"Hoffentlich haben wir also einen guten Start in die Testphase. Das ist das Wichtigste. Wenn wir zu Beginn keine Probleme haben sollten, würde uns das später bei der Entwicklung des Autos - im Hinblick auf das erste Rennen - zugute kommen. Das erhöhte Minimalgewicht ist bei KERS sicherlich eine Hilfe und eröffnet uns neue Möglichkeiten."

"Trotzdem: Nach den Erfahrungen mit BMW mache ich mir schon ein paar Sorgen, was KERS angeht. Wir konnten die Charakteristiken des Fahrzeugs 2010 aber verbessern, sodass ich zuversichtlich bin, mit Renault weniger Probleme zu bekommen. Es sieht gut aus, dass wir Kapital aus dem Einsatz von KERS schlagen können. Man weiß aber vorher nie so genau, wie das System reagieren wird."

Kubica und KERS: Schlechte Erfahrungen bei BMW

Frage: "Dann wäre da noch der verstellbare Heckflügel - es gibt viele neue Knöpfe am Lenkrad..."
Kubica: "Klar: Jetzt gibt es mehr Regler und Knöpfe am Lenkrad. Daran muss man sich freilich erst einmal gewöhnen."

"Am Anfang wird das eine große Ablenkung vom Fahren sein. Nach den ersten Tests sollte das dann aber in Fleisch und Blut übergegangen sein. Dann wird sich eine gewisse Automatisierung einstellen und alles sehr flüssig vonstatten gehen. Generell ist es aber ein sehr delikates Thema. Die Leute vergessen gerne, dass in der Formel 1 alles sehr schnell passiert."

"Man sollte sich schon auch darauf konzentrieren können, das Auto zu fahren. Es wird halt Situationen auf der Strecke geben, die du nicht voraussehen kannst. Dann musst du in Sekunden-Bruchteilen reagieren. Da könnte es eine Ablenkung sein, wenn du gerade in diesem Augenblick nach Knöpfen suchst oder an Reglern herumhantierst."

"Man sollte sich schon auch darauf konzentrieren können, das Auto zu fahren." Robert Kubica

"Es ist aber nicht schlimmer als 2010. Aufgrund des F-Schachts mussten wir einhändig fahren. Das war sogar noch verrückter. Die ersten Testtage werden sicher ein bisschen knifflig sein, bis man sich an all das gewöhnt hat. Danach wird das problemlos funktionieren, ohne dass man groß darüber nachdenkt."

Frage: "Nehmen all diese Hilfsmittel ein bisschen den Reiz oder machen KERS und der verstellbare Heckflügel keinen derart großen Unterschied?"
Kubica: "Ich denke, das macht keinen Unterschied. Beim Überholen? Nein."

"Es wird sicherlich nicht zu einfach sein. Es kommt freilich immer darauf an, wie lange man das jeweilige System einsetzen kann. Aktuell darf man den verstellbaren Heckflügel wohl nur betätigen, wenn man weniger als eine Sekunde hinter dem Vordermann liegt. Die Distanz zum Gegner entscheidet also darüber, wann man den Knopf drücken kann."

"Wenn man die ganze Gerade hat, wird man schon zur Hälfte am anderen Auto vorbei sein. Das wäre nicht sonderlich aufregend. Ist die Distanz zur Kurve gering, dann werden sich die Chancen vergrößern. Ich rechne aber nicht damit, dass sich die Autos deswegen komplett verändern. Wir werden in der Formel 1 nun sicherlich keine NASCAR-Rennen haben."

"Die Formel 1 ist interessant, weil sie so facettenreich ist. Natürlich wollen Fahrer, Teams und Fans gerne mehr Überholmanöver sehen. Uns Piloten wäre das auch sehr recht. Wir würden gerne mehr Chancen haben, um an einem anderen Auto vorbeizufahren. Aber wie ich schon sagte: In diesem Jahr kommt es ganz darauf an, wie groß der Abstand ist, ab dem man das System einsetzen darf."

"Die Formel 1 ist interessant, weil sie so facettenreich ist." Robert Kubica

"Im Rennen könnte das ziemlich knifflig werden. Zwischen Qualifikation und Rennen ändert sich der Topspeed doch gewaltig. Am Anfang des Grand Prix' könnte der Unterschied zwischen verstelltem Heckflügel und normaler Fahrt rund 20 km/h betragen. Das ist gewaltig. Selbst wenn es nur 15 km/h wären - das ist viel Holz. Es wird nicht einfach."

Ist Petrow ein passender Teamkollege?

Frage: "Im vergangenen Jahr sagtest du zuweilen, dass Renault einen guten zweiten Fahrer bräuchte, damit das Team mehr Punkte einfahren könnte. Witali ist dem Team erhalten geblieben. Was denkst du nun über diese Situation?"
Kubica: "Ich denke, das kommt ganz auf den Blickwinkel an. Ich rechne fest damit, dass Witali in diesem Jahr weniger Schwierigkeiten haben wird als noch in der vergangenen Saison."

"Es ist aber vollkommen normal für einen Rookie, beim Einstieg in ein Team gewisse Probleme zu haben. Das war nicht einfach für ihn. Jetzt dürfte es ihm leichter fallen. Es gibt gewisse Leute im Team, die letztendlich die Entscheidung über das Fahrerduo treffen. Ich freue mich, hier zu sein - und ich freue mich, Witali als Teamkollegen zu haben. Das ist alles."

"Ich freue mich, hier zu sein - und ich freue mich, Witali als Teamkollegen zu haben." Robert Kubica

Frage: "Witali merkte zuletzt kritisch an, dass du sehr verschlossen wärst und ihm nur wenig Hilfestellung geben würdest. Wie siehst du das?"
Kubica: "Keine Ahnung. Ich will da aber nicht zu sehr ins Detail gehen. Wenn das seine Sicht der Dinge ist, nun gut. Ich habe eine andere Meinung. Ganz ehrlich: Ich bin hochzufrieden, denn ich konnte etwas von ihm lernen - obwohl ich das nicht wusste und eigentlich nicht wollte: Wie man das Auto auf der Strecke hält (lacht; Anm. d. Red.)."

Frage: "Engagiert sich das Team genug, um dich längerfristig an Bord zu halten? Was denkst du im Augenblick über den Einsatz deiner Mannschaft?"
Kubica: "Wir haben gerade einmal Februar und die Testfahrten nehmen ihren Auftakt. Es ist noch ein langer Weg. Über dieses Thema sprechen wir am besten in fünf oder sechs Monaten, okay? Dann habe ich vielleicht eine Antwort parat."