• 07.10.2010 16:40

  • von Dieter Rencken

Kubica: Suzuka-Hoffnungen und Südkorea-Sorgen

Renault-Pilot Robert Kubica berichtet über den Titelkampf in der Formel 1, die Renault-Chancen in Suzuka und die Probleme in Südkorea

(Motorsport-Total.com) - Robert Kubica hat in den letzten vier Grands Prix der Saion noch große Ziele. Der Pole will sich den siebten Gesamtrang von Nico Rosberg schnappen und mit Renault an Mercedes vorbeiziehen. Welche Chancen der Pole in Suzuka für sich sieht, warum er gern Kimi Räikkönen als Teamkollegen hätte und was er von der Ungewissheit in Südkorea hält, verriet er am Donnerstag in Japan.

Titel-Bild zur News: Robert Kubica

Robert Kubica hätte sehr gern Kimi Räikkönen als Teamkollegen gehabt

Frage: "Robert, wie bewertest du Suzuka?"
Robert Kubica: "Die Strecke gehört sicherlich zu den besten im Kalender - vielleicht ist es sogar die beste. Alle Fahrer sind sich einig, dass es ein guter Kurs ist, der Spaß bietet, vor allem mit einem guten Auto. Der erste Sektor ist unglaublich, ich fahre immer gerne hier."

Frage: "Bezüglich der Sicherheit ist die Anlage nicht auf dem neuesten Stand. Macht es das noch schwieriger oder schöner?"
Kubica: "Man muss das von zwei Seiten betrachten. Wenn du einen richtig sicheren Kurs hast, dann ist das aus meiner Sicht eine nicht so große Herausforderung. Es ist viel schwieriger, zum Beispiel in Monaco, Suzuka oder Singapur richtig schnell zu sein, Abu Dhabi ist ein Gegenbeispiel. Wenn statt asphalierter Auslaufzonen dort Kiesbetten sind, dann ist es schwieriger."

"Man muss dann die passende Balance finden und genau wissen, wo das Limit ist. Die Sicherheit in Suzuka ist sicherlich nicht auf dem höchsten Stand, aber so ist es nun einmal. So etwas muss man im Hinterkopf haben und dann eben versuchen, auf der Strecke zu bleiben."

Frage: "Wird es im Regen noch einmal umso kniffliger?"
Kubica: "Nein. Ich würde nicht sagen, dass es schwieriger wird, sondern es ist dann einfach anders. Natürlich ist Suzuka aber bei trockenen Bedingungen besser zu fahren. Vor allem im ersten Sektor, wo es direkt von einer Kurve in die nächste geht."

"Im Regen musst du es dort deutlich langsamer angehen lassen. Die g-Kräfte sind dann nicht so hoch und es fühlt sich einfach nicht so schnell an. Regen bringt aber immer eine große Lotterie mit sich. Die Autos können mal seltsam durcheinander gewirbelt werden und es kann Spannung bringen."

"Wenn es die Möglichkeit gegeben hätte, dann wäre ich gern gemeinsam mit ihm gefahren." Robert Kubica

Frage: "Kimi Räikkönen wird definitiv nicht für Renault fahren. Bist du enttäuscht?"
Kubica: "Ja. Ich dachte eigentlich, dass diese Chance bestehen würde, aber das war offensichtlich nicht der Fall. Was er kürzlich gesagt hat, war ganz anders, als sich die Gesamtsituation kürzlich dargestellt hatte. Gewissermaßen bin ich enttäuscht. Wenn es die Möglichkeit gegeben hätte, dann wäre ich gern gemeinsam mit ihm gefahren."

"Er ist ein toller Fahrer. Ich hätte gern einen Weltmeister mit im Team gehabt. Das wäre für mich gut gewesen, aber es wäre auch das gewesen, was Renault braucht. Aber es war eben letztlich offenbar keine Chance da. Ich weiß nicht, was ich sonst dazu sagen soll."

Frage: "Die wäre es also lieber, zwei starke Piloten im Team zu haben? Oder ist es besser, wenn man sich fast ausschließlich auf dich konzentrieren kann?"
Kubica: "Für das Team ist es immer besser, wenn man zwei starke Piloten hat, wenn es denn möglich ist. Es ist nicht immer möglich, daher muss man dann seine Position einschätzen und schauen, wo man steht. Zum Glück muss ich das nicht tun, sondern das ist Aufgabe der Teamleitung. Für mich ist das alles einfach."

Frage: "Also wäre dir eine Situation wie bei McLaren, mit den gleichberechtigten Hamilton und Button, durchaus lieb?"
Kubica: "Ja, wie ich schon sagte. Das Beste für ein Team und für einen Fahrer ist ein starker Kollege. Es dürfte wohl jeder zustimmen, wenn ich sage, dass du mit den besten Fahrern auch die besten Chancen auf gute Ergebnisse hast. Natürlich muss man aber auch abwägen, ob man die Piloten bezahlen und einsetzen kann. Das ist dann wieder eine ganz andere Geschichte."

Frage: "Bob Bell ist weg und Eric Boullier macht seinen Job nun gleich mit. Haben Bob und die anderen in den vergangenen Jahren keine gute Arbeit geleistet?"
Kubica: "Das kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht im Team war. In diesem Jahr habe ich Bob zwei- oder dreimal gesehen. Er war nicht mehr so aktiv wie früher. Ich denke, man hat sich in beiderseitigem Einverständnis zur Trennung entschieden. Das Team weiß, was zu tun ist und trifft die Entscheidungen. Ich mache mir darum keine Sorgen."


Fotos: Großer Preis von Japan, Pre-Events


Frage: "Was braucht man, um in Suzuka schnell zu sein?"
Kubica: "Alles - wie immer. Man muss aerodynamisch ein starkes Auto haben, denn Abtrieb ist sehr wichtig. Diese Strecke hat von allem etwas. Es gibt Highspeedkurven, schnelle Schikanen, langsame Schikanen und eine heftige Bremszone vor der letzten Schikane. Du brauchst ein komplettes Auto. Ich erwarte hier keine Überraschungen, es wird bestimmt keine großen Verschiebungen in der Hackordnung der Teams geben."

Frage: "Werden die fünf Topleute vorne sein, oder kannst du hier mithalten?"
Kubica: "Das wird nicht möglich sein. Wir waren eine Sekunde langsamer in Monza, in Singapur war es sogar mehr als eine Sekunde. Das wird sich hier nicht ändern, denn wir haben nichts großartig Neues am Auto. Das ist aber ganz normal, wenn du dich voll auf 2011 konzentrierst, aber die Teams im Titelkampf noch das aktuelle Auto entwickeln. Ich wäre sehr überrascht, wenn wir hier mit Red Bull kämpfen könnten. Wir konnten die auf fast keiner Strecke in diesem Jahr herausfordern, also wird das hier auch nicht möglich sein."

Frage: "Spielt die Fahrbarkeit eines Autos hier in Suzuka eine größere Rolle als anderswo?"
Kubica: "Nein, ich glaube nicht."

Frage: "Alonso oder Webber? Red Bull oder Ferrari?"
Kubica: "Dann sag ich mal Hamilton (lacht). Ich glaube sogar wirklich, dass Button noch eine Chance hat. Mathematisch ist viel möglich und die Rennen sind kaum vorhersagbar. Es kann alles passieren. Allerdings meine ich, dass die aktuell drei Bestplatzierten die besten Karten haben. Aber auch für Button geht es noch. Der Kampf wird bestimmt eng sein. Es wird interessant zu beobachten, wie sich die Sache hier und dann in Südkorea entwickelt."

Frage: "Rubens Barrichello meint, dass Red Bull hier eine halbe Sekunde vor dem Rest der Welt liegen wird. Was meinst du?"
Kubica: "Keine Ahnung. Ich weiß nicht, wie er auf den Wert kommt. Schlimmstenfalls könnte es sogar eine volle Sekunde sein. Wenn man sich die Streckencharakteristik und die Stärken des Red Bull anschaut, dann dürfte denen die Strecke besser liegen als Ferrari. Aber man weiß nie, was die einzelnen Teams als neue Entwicklung an das Auto bringen. Wären die Autos auf dem Stand von vor zwei Monaten eingefroren, dann hätte Red Bull einen großen Vorsprung, aber weil immer noch viele Updates kommen, kann sich das verschieben."

Frage: "Du hast mit frischen Reifen in Singapur eine große Überholshow geboten. Ist es in der ständigen Diskussion ums Überholen nicht ein Argument für andere Reifen und gegen verstellbare Flügel und solche Dinge?"
Kubica: "Das ist ein schwieriges Thema. Meiner Meinung nach war Überholen vor zehn, 15, 20 und vor fünf Jahren schwierig. Aber seit letztem Jahr haben wir plötzlich jede Menge Diskussionen über das Thema Überholen. Ich habe als Junge nicht allzu viele Rennen gesehen. Aber in denen, die ich verfolgt habe, wurde auch damals nicht viel überholt. Das ist die Formel 1, so sind eben die Autos gebaut."

¿pbvin|512|3155||0|1pb¿"Wenn ein Auto so hoch entwickelt und aerodynamisch auf einem solch hohen Level ist, dann ist es doch ganz normal, dass es dann nur wenig Überholmanöver gibt - zumal die Aerodynamik einen Großteil eines Formel-1-Autos ausmacht. Wenn du hinter jemandem fährst, dann verlierst du Abtrieb und bist im Nachteil."

"Man sieht es doch ganz deutlich: Je höher die Kategorie, umso weniger Überholen. Beim Kartsport oder im Tourenwagen ist es vergleichsweise einfach, weil es kaum Aerodynamik gibt. Wenn du dann Formel 3 oder GP2 siehst, dann wird es immer schwieriger."

"Nur wenn man in einer Situation ist wie ich in Singapur, oder in Montréal, wo es Probleme mit den Reifen gab, dann gibt es Überholmanöver. Man wird nie die Situation erleben, dass sich in der Formel 1 zwei Autos alle zwei Runden wieder überholen."

Frage: "Wie siehst du die unsichere Situation mit dem Grand Prix in Südkorea?"
Kubica: "Das ist schon eine seltsame Situation. Wir sollen dort auf eine Strecke gehen, auf der noch niemand sonst gefahren ist. Man muss dort auch darauf vorbereitet sein, kurzfristig noch Anpassungen vorzunehmen, wenn etwas nicht passt. Ich kann es nicht einschätzen, aber ich finde es seltsam. Dass erst jetzt die letzte Asphaltschicht gelegt wird, könnte Probleme machen. Ich gehe lieber vom Schlimmsten aus und werde positiv überrascht als umgekehrt."

Frage: "Ist es nicht eine komische Situation für die Formel 1?"
Kubica: "Ich finde es immer gut, wenn man in neue Länder geht. Aber andererseits fände ich es besser, wenn man sich auf sicherem Terrain bewegen würde. Also dort, wo man weiß, dass mit Sicherheit Rennen stattfinden können. Ich denke, die Formel 1 muss jetzt nach Südkorea. Man kann es sich kaum leisten, es zwei Wochen vorher noch abzusagen. Aber es ist eine seltsame Situation. Im Leben kann man nicht immer alles im Griff haben. Das müssen wir akzeptieren und nun das Beste daraus machen."