• 24.10.2010 15:24

  • von Dieter Rencken

Horner-Interview: Keine Stallorder bei Red Bull

Teamchef Christian Horner ist enttäuscht über die Doppelnull von Yeongam, gibt den WM-Kampf aber noch nicht auf und spricht über Sebastian Vettels Motorenplanung

(Motorsport-Total.com) - Rein theoretisch hätte Red Bull heute schon Konstrukteurs-Weltmeister werden können, letztendlich gab es in Yeongam aber nichts zu feiern: Mark Webber schied wegen eines Fahrfehlers an zweiter Stelle liegend aus, Sebastian Vettel erlitt in Führung fahrend einen Motorschaden. Dem Team gingen damit 43 mögliche Punkte durch die Lappen. Kein Wunder, dass Teamchef Christian Horner die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stand, als er nach dem 17. von 19 Saisonrennen vor die Medien trat.

Titel-Bild zur News: Christian Horner

Enttäuscht, aber Christian Horner will den WM-Titel noch nicht abschreiben

Frage: "Christian, ist es jetzt an der Zeit, dass sich Red Bull in der Weltmeisterschaft hinter Mark Webber stellt?"
Christian Horner: "Ihr habt im heutigen Grand Prix gesehen, dass die WM-Führung zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwischen drei Fahrern gewechselt hat. Wir haben Fernando Alonso 25 Punkte geschenkt, was natürlich frustrierend ist, aber ich glaube, dass diese Weltmeisterschaft erst in der letzten Runde in Abu Dhabi entschieden wird."

Blatt hat sich schon oft gewendet

"Mark ist Zweiter in der Weltmeisterschaft, Sebastian nur noch Vierter, aber es liegt nur ein einziger Sieg zwischen Sebastian und Alonso. Wie oft haben wir dieses Jahr schon gesehen, dass sich das Blatt wendet? Es ist unmöglich, in die Kristallkugel zu blicken und vorherzusagen, was in Brasilien und Abu Dhabi passieren wird."

Frage: "Wann ist euch erstmals bewusst geworden, dass es ein Problem gibt, zum Beispiel durch ansteigende Temperaturen?"
Horner: "Das erste Anzeichen registrierten wir, als er sich am Funk meldete, kurz vor Start und Ziel: 'Motorenproblem!' Da konnte schon jeder sehen, was los war, und am Ende der Start- und Zielgeraden blieb er stehen. Es war ein plötzlicher Motorschaden ohne Vorwarnung und eine grausame Runde für Sebastian. Einen Grand Prix zu verlieren, bei dem das Ziel schon absehbar ist, ist sehr frustrierend."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Südkorea, Sonntag


Frage: "Inwieweit beeinflusst der heutige Schaden Sebastians Motorenplanung für den Rest der Saison?"
Horner: "Hoffentlich wird es einen vernachlässigbaren Effekt haben. Ich hoffe, dass er genug Laufleistung übrig hat, um bis zum Ende des Jahres unbeeinträchtigt zu fahren. Dieses Wochenende war es schon ein bisschen knapp, weshalb er im Training nur wenige Runden gefahren ist, aber es ist natürlich keine ideale Situation."

Frage: "Wie viele Kilometer hatte er auf diesem Motor?"
Horner: "Ungefähr 1.600. Normalerweise schafft ein Motor inklusive Testläufe ungefähr 2.000 Kilometer. Renneinsatz wäre das ohnehin der letzte gewesen."

Kein Vorwurf an Webber

Frage: "Mark hat heute einen Fahrfehler gemacht, nicht wahr?"
Horner: "Ja. Zum Glück hat er dieses Jahr sehr wenige Fehler gemacht, aber leider kam er etwas zu hoch auf den Curb und verlor dabei das Heck des Autos. Das hat ihn heute bitter gekostet, aber es war erst sein zweiter Ausfall in diesem Jahr und sogar das erste Mal, dass das Team ganz leer ausgegangen ist. Motorsport kann manchmal grausam sein. Vor zwei Wochen in Japan haben wir die schönen Seiten erlebt, heute die Tiefen. Als Team gewinnen und verlieren wir gemeinsam. In Brasilien werden wir zurückschlagen."

Sebastian Vettel vor Fernando Alonso

Lange Zeit sah Sebastian Vettel in Yeongam wie der sichere Sieger aus Zoom

Frage: "Angenommen, Fernando würde in Brasilien führen, vor Sebastian und Mark auf Platz drei. Wäre das eine Situation, in der ihr eingreifen müsstet? Dann bei dem Stand könnte Sebastian ja ohnehin nicht mehr Weltmeister werden..."
Horner: "Ich hatte noch nicht Zeit, um alle Szenarien durchzurechnen, aber natürlich werden wir uns das bis Brasilien genau anschauen."

"Das Ziel ist, dass beide vor Fernando und Lewis kommen, wie wir das gestern geschafft haben. Es sah heute nach einem guten Ergebnis aus, aber leider ist es nicht dazu gekommen. Dieser Sieg lag außerhalb unserer Kontrolle, denn es ist ein Motorschaden aufgetreten. Einer dieser Tage halt..."