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  • 29.03.2010 08:14

  • von Dieter Rencken

Chandhok: "Hätte noch 40 Runden weiterfahren können"

HRT-Pilot Karun Chandhok über seine umjubelte Zielankunft in Australien und die enormen Fortschritte des neuen spanischen Teams

(Motorsport-Total.com) - HRT ist das Last-Minute-Team der Formel 1. Colin Kolles konnte die spanische Mannschaft, die ursprünglich als Campos eingeschrieben war, mit einem gewaltigen Kraftakt innerhalb weniger Wochen aufbauen und pünktlich zum Saisonstart nach Bahrain bringen. Nach vielen Problemen am ersten Rennwochenende gab es sofort beim zweiten Grand Prix des Jahres Grund zum Jubel: Karun Chandhok konnte in Melbourne mit dem Dallara-Cosworth ins Ziel kommen.

Titel-Bild zur News: Karun Chandhok

Karun Chandhok hofft schon in Malaysia auf die nächste Steigerung

Frage: "Karun, bist du mit deiner Zielankunft glücklich?"
Karun Chandhok: "Ja, es war unser Ziel, hier das Ziel zu erreichen. Das haben wir geschafft. Vor allem freue ich mich für unsere Mechaniker, die unglaublich hart gearbeitet haben, um dies zu erreichen. Wir haben in den Rennen einige neue Erfahrungen gemacht. Wir haben anfangs mit den härteren Reifen keinen Grip und entsprechend keinen allzu guten Speed gehabt, aber später ging es mit den weichen Reifen gleich mal zwei Sekunden schneller."#w1#

Deutlicher Rückstand auf Lotus

"Dieses Tempo konnte ich eine ganze Weile halten. Ich war dann wieder auf dem Stand vom Qualifying, also rund 1,7 Sekunden hinter dem Lotus. Mit dem harten Reifen haben wir es falsch gemacht, denn nach dem Nieselregen haben wir die überhaupt nicht auf Temperatur gebracht. Wir lernen halt noch. Mangels Testfahrten wussten wir einfach nicht, wie lange man mit dem weichen Reifen fahren kann. Jetzt wissen wir es."

Frage: "Was müsst ihr nun verbessern?"
Chandhok: "Wir müssen dafür sorgen, dass unser Auto besser über Bodenwellen geht. Der Wagen ist bei Buckeln in Bremszonen sehr kritisch. Wir müssen uns das mal anschauen, wenn der Wagen aus dem Parc Fermé kommt. Irgendetwas stimmt da nicht. Bei mir persönlich ist alles okay, ich fühle mich fit. Ich hätte bestimmt noch 40 weitere Runden fahren können. Das ist gut zu wissen."

"Ich habe zwar im Winter hart trainiert, hatte aber zuvor natürlich noch nie eine Formel-1-Renndistanz abgespult. Solange man das nicht erlebt hat, kann man auch nicht einschätzen, wie es um die persönliche Fitness bestellt ist. Es ist toll. Für mich als Fahrer war es psychologisch ein wichtiger Schritt, für das Team ebenso. Erstmals ein Rennen beendet zu haben, ist für die Mannschaft großartig."

Frage: "Wie wird das kommende Rennwochenende?"
Chandhok: "Malaysia ist mit zu wenig Abtrieb natürlich sehr schwierig. Es ist ja kein Geheimnis, dass uns noch Abtrieb fehlt. Das ist wie bei den anderen neuen Teams, aber bei uns vielleicht sogar noch etwas mehr. Aber wir haben nach Bahrain auch schon erhebliche Fortschritte gemacht. Wir waren in Melbourne nur noch etwa 1,8 Sekunden vom besten Auto der neuen Teams entfernt, wir haben den Abstand also zwischen den ersten beiden Rennen mehr als halbiert."


Fotos: HRT, Großer Preis von Australien, Sonntag


"Wenn wir es schaffen, dass der Abstand in Malaysia nur noch bei 1,1 oder 1,2 Sekunden liegt, dann haben wir wieder einen deutlichen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Ich sehe das ganz entspannt, aber es war schon komisch, im Rennen so oft überholt zu werden. Ich bin vorher noch nie in meiner ganzen Karriere überrundet worden - außer in Knockhill vielleicht mal. Das war also ein komisches Gefühl für mich."

Probleme beim Überrunden

"Man will im Rennen ein gutes Tempo fahren, aber auch gleichzeitig die anderen Leute nicht verärgern. Die fahren immerhin um die Weltmeisterschaft. Man will sich da nicht einmischen. Aber ich hatte am Ende sowieso keine direkten Gegner mehr. Die beiden Virgins waren draußen, Bruno ebenso. Der Lotus ist einfach zu schnell. Ich musste also keine großen Risiken mehr eingehen. Ich wollte einfach nur noch ins Ziel kommen."

Frage: "Hast du dir dein Auto auf einem Randstein beschädigt?"
Chandhok: "Nein, dieses Problem auf den Bodenwellen hatten wir den ganzen Tag. Vor allen in den Kurven eins und neun ist der Wagen wie verrückt herumgesprungen. Vor allem in der Bremszone vor Kurve neun war es wirklich kritisch. Auf einer dieser Bodenwellen habe ich mir wohl auf Dauer den Unterboden beschädigt. Das ist aber das Resultat und nicht die Ursache. Die Ursache ist, dass wir ein grundlegendes Problem auf Bodenwellen haben. Der Schaden war eben nur eine logische Folge daraus. Aber wir blicken nach vorne, hoffen nun auf weitere Fortschritte."

Karun Chandhok

Auf Abwegen, aber dennoch sah Karun Chandhok gestern die Zielflagge Zoom

Frage: "Wie ist denn das generelle Gefühl nach der Zielankunft?"
Chandhok: "Körperlich fühle ich mich blendend. Ich konnte meine schnellsten Zeiten in den drei allerletzten Runden fahren. Also für mich ist es offenbar kein Problem, solch eine Renndistanz durchzustehen. Es ist einfach auch toll, dass das Auto es geschafft hat. Bei Bruno hat es leider nicht geklappt. Ich habe ihn anhalten sehen, weiß aber nicht genau, was da los war. Das nächste Ziel ist es also, beide Autos ins Ziel zu bringen. Aber auch so war es im Vergleich zu Bahrain ein enormer Schritt."

"Dieser Erfolg ist nicht Bruno oder mir zuzuschreiben. Wir sind nur diejenigen, die von der tollen Arbeit der Techniker profitieren. Und die haben oft bis tief in die Nacht geschuftet. Es ist einfach schön, dass die Jungs ihre Belohnung bekommen. Denn so etwas kann demoralisierend werden. Wenn ich mir die Mechaniker bei Virgin anschaue - die legen so oft Nachtschichten ein und fallen trotzdem aus. Das ist hart."