• 28.03.2010 17:07

  • von Roman Wittemeier & Dieter Rencken

Whitmarsh spielt Hamilton-Emotionen herunter

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh lässt die deutliche Strategie-Kritik von Lewis Hamilton gelten: "Es war nicht nur für ihn frustrierend"

(Motorsport-Total.com) - Ist Lewis Hamilton beim Grand Prix von Australien ein Opfer der Strategie seines Teams geworden? Der Weltmeister von 2008 hat offenbar den Eindruck, denn per Boxenfunk beschwerte er sich bereits während des Rennens über die vermeintliche Fehlentscheidung, ihm noch einen zweiten Satz frischer Slicks aufzuschnallen. Teamkollege Jenson Button fuhr indes mit nur einem einzigen Boxenstopp zum Sieg.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Darüber lässt sich trefflich streiten: Hätte ein Satz Slicks ausgereicht?

Die kritischen Worte von Hamilton wurden live in alle Welt übertragen. Die Mienen am Kommandostand von McLaren verfinsterten sich angesichts der Vorwürfe. "Ich habe aber schon mit Lewis gesprochen", nimmt Teamchef Martin Whitmarsh etwas Feuer aus dem Vorfall. "Er ist ein leidenschaftlicher Typ und er will immer gewinnen. Erst im fortlaufenden Rennen haben wir erkennen können, dass die Entscheidung wohl falsch war und die Reifen bis zum Ende gehalten hätten."#w1#

Bei Button hatte man sich über den Reifenverschleiß ohnehin weniger Sorgen gemacht. Der amtierende Champion gilt als besonders feinfühliger Pilot, der die Pneus mit Samthandschuhen anfasst. Hamilton hingegen geht grundsätzlich aggressiver zu Werke, außerdem hatte sich der 25-Jährige schon in der ersten Rennhälfte in einigen Zweikämpfen aufgerieben und seine Reifen dabei deutlich mehr strapaziert.

"Es gibt schon Gründe für die Annahme, dass wir ohne zweiten Stopp vielleicht einen Doppelsieg hätten landen können", sieht auch Whitmarsh ein. Er habe vollstes Verständnis für den Hamilton-Frust: "Wenn Lewis nicht enttäuscht oder frustriert wäre, dann würde ich mir Sorgen machen." Der deutliche Gefühlsausbruch des Ex-Champions habe außerdem rein gar nichts mit seiner unliebsamen Begegnung mit der australischen Polizei am Freitag zu tun.


Fotos: McLaren, Großer Preis von Australien, Sonntag


"Heute ist heute", so Whitmarsh. "Er hatte eben das Gefühl, dass er am Ende in der Nähe von Jenson hätte sein können. Das sehe ich auch so. Es war also nicht nur frustrierend für ihn. Lewis' Rennen war ganz anders als jenes von Jenson, aber ganz sicher nicht weniger brilliant." Während Button nach dem Vettel-Ausfall in aller Ruhe zum Sieg fuhr, zeigte Hamilton am gesamten Nachmittag tolle Überholmanöver und nette Duelle auf der Strecke im Albert Park.

"Er hat mal wieder all seine Entschlossenheit, seine Leidenschaft und seinen Mut aufgeboten, die ihn zu einem der aufregendsten Piloten der Gegenwart machen", lobt der Teamchef. "Er hat innerhalb weniger Minuten gezeigt, dass die zuletzt lauten Klagen über mangelnde Action ruhig erst einmal wieder leiser ausfallen dürfen. Er hat Millionen von Leuten mit erstklassigen Überholmanövern bestens unterhalten."

"Bezüglich der Reifen müssen wir im Nachhinein sagen, dass Lewis mit einer Ein-Stopp-Strategie besser bedient gewesen wäre", erklärt Whitmarsh. Hamilton gab schließlich kleinlaut zu Protokoll: "Mag sein, dass wir mit unserer Entscheidung daneben lagen, aber meist liegen unsere erfahrenen Jungs mit so etwas richtig. Man kann nicht immer richtig liegen, so ist es im Motorsport. Schade, dass mich Mark Webber später abgeräumt hat. Er hat sich aber sofort entschuldigt. Die Sache ist damit für mich erledigt."