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  • 13.10.2009 13:20

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Qadbak: Nach wie vor keine Startplatzgarantie

Um den neuen Investor Qadbak und den 14. Startplatz gibt es weiterhin offene Fragen - Russell King nicht mehr mit Qadbak assoziiert

(Motorsport-Total.com) - Am 15. September gab BMW den Verkauf des hauseigenen Formel-1-Teams an ein Investorengremium namens Qadbak bekannt. Laut BMW ist Qadbak eine in der Schweiz ansässige Stiftung, die die Interessen von im Mittleren Osten und in Europa ansässigen Familien vertritt. Ansonsten gab es auf offiziellem Wege noch keine detaillierten Informationen über die neuen Eigentümer.

Titel-Bild zur News: Formel-1-Fabrik in Hinwil

In Hinwil hofft man so schnell wie möglich auf eine Startplatzgarantie für 2010

Wie sich nun herausgestellt hat, kann von neuen Eigentümern offenbar noch gar nicht die Rede sein: Oswald Grübel, Verwaltungsrat des BMW Sauber F1 Teams, sprach in der Basler 'SonntagsZeitung' vom 11. Oktober erstaunlicherweise lediglich von einem "möglichen Verkauf" des Rennstalls an Qadbak. Dies sorgte angesichts der Pressemitteilung vom 15. September, in der von Bedingungen für die Übernahmetransaktion keine Rede war, für Stirnrunzeln in der Szene.#w1#

Verkauf nur mit gesichertem Startplatz

'Motorsport-Total.com' hakte bei BMW nach - und wurde informiert, dass der Verkauf offiziell noch gar nicht über die Bühne gegangen ist: "Der rechtsverbindlich vereinbarte Verkauf des Formel-1-Teams ist an verschiedene Bedingungen geknüpft. Dazu zählt zum Beispiel die Erteilung der Startlizenz durch die FIA. In diesem Sinne ist die Aussage von Herrn Grübel zutreffend", so eine Stellungnahme eines Unternehmenssprechers.

Im Klartext: Kein gesicherter Startplatz für 2010, kein Verkauf - und im Moment sind alle 13 Startplätze besetzt, denn die FIA hat die 13. Lizenz an Lotus statt an BMW vergeben. In Hinwil sitzt man derzeit auf dem unter Vorbehalt vergebenen 14. Slot fest. Dieser garantiert ein Aufrücken, sollte eines der anderen Teams aus irgendeinem Grund ausfallen. Gegen ein Starterfeld mit 14 Teams hat aber Williams sein Veto eingelegt.

"Der rechtsverbindlich vereinbarte Verkauf des Formel-1-Teams ist an verschiedene Bedingungen geknüpft. Dazu zählt zum Beispiel die Erteilung der Startlizenz durch die FIA." Michael Rebstock

Solange nicht alle 13 derzeitigen Lizenznehmer zustimmen, hat BMW beziehungsweise Qadbak keine Startplatzgarantie. Denn auch wenn das Thema bei einem FOTA-Meeting am Sonntagmorgen in Suzuka angeschnitten wurde, ist der 14. Startplatz in Wahrheit "keine FOTA-, sondern eine Concorde-Angelegenheit", wie FOTA-Vizechef John Howett gegenüber 'Motorsport-Total.com' bestätigt. Legt sich auch nur einer der Unterzeichnenden des Concorde-Agreements quer, bleibt es bei 13 Teams.

Theissen drängt FIA zu rascher Entscheidung

"Was wir gekriegt haben, war Support von allen Teams, dass wir nächstes Jahr am Start sein sollen. Was wir nicht bekommen haben, war die Zustimmung von allen zu 14 Teams", erklärt Theissen. "Wir werden die FIA darum bitten, möglichst bald Klarheit zu schaffen, wer nun für nächstes Jahr seriös unterwegs ist und von welchem Team man erwarten kann, dass es am Start ist, weil klar ist, dass uns jede Woche, die wir verlieren, weh tut."

Theissen begründete dies nach dem Rennen in Suzuka noch folgendermaßen: "Wir können natürlich nur mit Fahrern und Sponsoren ernsthaft verhandeln, wenn auch klar ist, dass wir am Start sein werden." Nun wissen wir: Solange es keine Garantie für einen Startplatz gibt, ist nicht einmal der Verkauf des Teams gesichert. Fahrer- und Sponsorenanfragen werden laut Teamsprecher aber weiterhin vom bisherigen Management abgewickelt.

"Wir können natürlich nur mit Fahrern und Sponsoren ernsthaft verhandeln, wenn auch klar ist, dass wir am Start sein werden." Mario Theissen

Die FOTA hat in der Frage des 14. Startplatzes keine Entscheidungsgewalt, unterstützt diesen aber nachdrücklich. Auf die Frage von 'Motorsport-Total.com', ob er davon ausgeht, dass das Hinwiler Team 2010 am Start sein wird, entgegnet Norbert Haug: "Ich hoffe das sehr. Ich glaube, dass die Kompetenz da ist, und ich hoffe, dass das alles seine Richtigkeit hat und dass das alles finanziert werden kann", so der Mercedes-Sportchef.

Haug kritisiert Veto gegen Qadbak

"Ich finde es nicht gut, wenn man einem solchen Team gegenüber Vorbehalte hat. Die Formel-1-Expertise ist da. Sauber fährt seit 1993 Formel 1. Das sollte in die Bewertungsgrundlage auch reinkommen", meint Haug. "Natürlich muss die Finanzierung gesichert sein, aber ich hoffe, dass das der Fall ist. Das haben sich die aktiven Leute dort verdient. Das Team sollte eine Startplatzberechtigung haben. Ich denke, die wird es geben, weil die Wahrscheinlichkeit, dass alle 13 eingeschriebenen Teams wirklich kommen werden, nicht unbedingt gegeben ist."

¿pbvin|512|1816|bmw|0|1pb¿"Es geht jeder im Paddock davon aus, dass nächstes Jahr nicht 14 Teams am Start sein werden", weiß auch Theissen, doch das ändert am Status quo wenig. Der BMW Motorsport Direktor setzt seine Hoffnungen daher in die gerade stattfindende nächste Runde der FIA-Inspektionen bei den neuen Teams. Sollten die FIA-Inspektoren dabei zur Erkenntnis kommen, dass ein Team nicht seriös genug unterwegs ist, könnte BMW auf den 13. Startplatz aufrücken - und alle Probleme wären gelöst.

"Wir haben nur gehört, dass diese Überprüfung jetzt in Angriff genommen wird", sagt Theissen und bestätigt, dass die Entwicklung des 2010er-Autos vorerst ganz normal vorangetrieben wird. Wann der Zeitpunkt für einen Entwicklungsstopp gekommen sei, kann er nicht sagen: "Das muss am Ende der Käufer entscheiden. Ich gehe davon aus, dass es keine 14 Teams geben wird. Damit macht es Sinn, ganz zielgerichtet auf das erste Rennen hinzusteuern."

Domenicali: Ferrari und FOTA pro Qadbak

Stefano Domenicali hofft indes, dass sich alles in Wohlgefallen auflösen wird: "Ich kann nur für Ferrari und die FOTA sprechen: Wir würden es lieben, das Sauber-Team dabei zu haben - wegen ihrer Vergangenheit und wegen ihrer Struktur, denn wir wissen, dass das ein großartiges Team sein kann. Wir wünschen uns, dass sie dabei sind. Es gibt aber einige kleine Teams, die nicht zustimmen", so der Ferrari-Teamchef.

Und weiter: "Ich verstehe, dass es für das Sauber-Team eine Zeitfrage ist, denn sie können nicht prüfen, ob alle angekündigten Teams wirklich kommen werden, sie müssen aber planen, Sponsoren akquirieren, einen Reifenvertrag abschließen, Fahrer verpflichten und so weiter. Wir verhandeln zum Beispiel mit ihnen über den Motor. Wir möchten auch bald wissen, was Sache ist. Aber es müssen alle Teams zustimmen, sonst ist es unmöglich."

"Ich verstehe, dass es für das Sauber-Team eine Zeitfrage ist." Stefano Domenicali

Erste Zweifel an Qadbak waren aufgekommen, als durchsickerte, dass Russell King seine Finger im Spiel hat. King ist ein ehemaliger Geschäftspartner von Ex-Button-Manager John Byfield. Anfang der 1990er-Jahre soll er laut 'BusinessF1' in betrügerische Geschäfte verwickelt gewesen sein. Selbst McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh sagt: "Ich muss zugeben, dass ich mir Sorgen um Sauber mache, seit ich gehört habe, dass er im Spiel ist."

King nicht mehr mit Qadbak assoziiert

Ein Unternehmenssprecher von BMW verwies in der Causa King zunächst ohne Kommentar auf Qadbak. Inzwischen wurde uns von einem Teamsprecher versichert, dass der dubiose Geschäftsmann nicht mehr mit Qadbak in Verbindung steht. Ob dies eine direkte Konsequenz der negativen Medienberichterstattung war oder ob es für die Trennung andere Hintergründe gab, entzieht sich unserer Kenntnis.

Domenicali gibt sich zurückhaltend: "Wir müssen der Prüfung, die BMW durchgeführt hat, vertrauen. Wenn BMW dieses Finanzunternehmen geprüft hat, dann müssen wir das akzeptieren. Ich verstehe die Bedenken, wenn der Investor mit so jemandem (King; Anm. d. Red.) assoziiert ist, aber wir müssen BMW vertrauen. Sie müssen verantwortungsbewusst genug sein, um einschätzen zu können, ob die neuen Eigentümer gut für das Sauber-Team sind oder nicht."

"Wir müssen der Prüfung, die BMW durchgeführt hat, vertrauen." Stefano Domenicali

Dennoch scheint die Skepsis gegenüber Qadbak im Fahrerlager groß zu sein. Frank Williams will dem Team den 14. Startplatz durch sein Veto verweigern, solange nicht mehr Informationen kommuniziert werden: "Wir reden hier von einem Team, das jemandem gehört, den niemand kennt. Wir wollen erst wissen, wem das Team gehört und was hinter den neuen Eigentümern steckt", teilt der Brite gegenüber 'Motorsport-Total.com' mit.

Williams-Veto: Es geht ums Geld

Williams' Einwände kommen nicht von ungefähr: Erstens bedeutet jedes zusätzliche Team, dass der Einnahmentopf der Formel 1 potenziell durch einen größeren Divisor geteilt werden muss, zweitens hat die Marketingabteilung in Grove mit Petronas, einem Sponsor des BMW Sauber F1 Teams, einen dicken Fisch an der Angel. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser auch anbeißt, ist höher, wenn die gegnerische Angel im gleichen Teich, der Formel-1-Weltmeisterschaft 2010, nicht zugelassen wird...

In Hinwil hofft man, dass Campos, Lotus, Manor oder US F1 2010 nicht am Start sein werden. Lotus und US F1 sind laut FIA-Aussage als seriös einzuschätzen, Manor gilt wegen der Virgin-Millionen von Richard Branson als ernsthafter Kandidat. Bei Campos sollen jedoch Gerüchten zufolge noch einige Millionen fehlen. Mut macht ein Statement von FIA-Präsident Max Mosley, der nur mit 22 Autos rechnet. Dann wäre Qadbak wohl mit von der Partie.

Frank Williams und Dr. Mario Theissen

Bis Ende 2005 waren Frank Williams und Mario Theissen noch Partner Zoom

Seitens Bernie Ecclestone gibt es klare Signale, dass Qadbak mit einem Startplatz rechnen darf. Möglicherweise will sich Williams seinen Verzicht auf ein Veto mit ein wenig Schmerzensgeld versüßen lassen. Die große Frage ist dann aber, ob nicht auch Adrian Campos wieder sein bereits zurückgezogenes Veto erneuern würde, um ebenfalls mitzunaschen. Das Gefühl der meisten Insider ist jedoch: Qadbak wird 2010 Teil des Formel-1-Feldes sein.

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