• 24.10.2008 12:50

BMW Sauber F1 Team erwartet Krimi in Brasilien

Im BMW Sauber F1 Team zieht man schon vor dem Finale eine gute Saisonbilanz und formuliert ambitionierte Ziele - Robert Kubica soll Rang drei sichern

(Motorsport-Total.com) - Selten war eine Saison so unberechenbar wie diese: Wurde Langeweile befürchtet, entspann sich ein Thriller. Wurde Hochspannung erwartet, gab es artige Prozessionen. Am 2. November geht eine der spannendsten Formel-1-Tourneen der Geschichte in São Paulo zu Ende. Fest steht nur: Erst beim Großen Preis von Brasilien werden beide WM-Entscheidungen fallen.

Titel-Bild zur News: Robert Kubica

Robert Kubica fuhr im vergangenen Jahr in Brasilien auf Platz fünf

Bis zum 17. von 18 WM-Läufen hatte das junge BMW Sauber F1 Team sogar noch Außenseiterchancen auf beide Titel. Ein Doppelsieg, insgesamt elf Podestplätze, eine Poleposition, zwei schnellste Rennrunden sowie eine hundertprozentige technische Zuverlässigkeit und die schnellsten Boxenstopps sind die vorläufigen Erfolgsmeldungen der dritten Saison.#w1#

Im Finale will Robert Kubica seinen dritten Platz in der Fahrerwertung in trockene Tücher packen. Kein leichter Job: Sechs Punkte hinter ihm lauert der noch amtierende Weltmeister und Vorjahressieger Kimi Räikkönen im Ferrari. Nick Heidfeld ist Fünfter mit neun Zählern Rückstand auf den Finnen und sieben Punkten Vorsprung auf den zuletzt starken Fernando Alonso im Renault.

In der Teamwertung sind ebenfalls noch Verschiebungen möglich: Das BMW Sauber F1 Team liegt mit 135 Punkten auf Platz drei und hat zehn Punkte Rückstand auf McLaren Mercedes. 2007 erzielte das BMW Sauber F1 Team in 17 WM-Läufen 101 Punkte.

Kubica kämpft mit neuem Triebwerk in Interlagos

Während Heidfeld in Interlagos mit derselben Antriebseinheit wie in China antreten wird, erhält Kubica turnusgemäß sowohl einen neuen Motor als auch ein frisches Getriebe. Der ungleiche Motoren-Rhythmus hatte sich bereits beim Saisonauftakt ergeben, weil das Heck von Kubicas F1.08 Zielscheibe eines Konkurrenten geworden war.

"Nach der Neuasphaltierung vor dem Grand Prix 2007 war die Strecke zum ersten Mal gut." Nick Heidfeld

"Ich freue mich für die Fans und auch persönlich, dass es noch ein spannendes WM-Finale gibt", erklärte Heidfeld vor dem abschließenden Lauf des Jahres. "Außerdem bin ich neugierig, ob die Strecke noch so ist, wie wir sie 2007 vorgefunden haben. Das war eine schöne Überraschung, denn früher war der Belag übel, voller Bodenwellen. Es wurde immer wieder daran geflickt, aber nach der Neuasphaltierung vor dem Grand Prix 2007 war die Strecke zum ersten Mal gut."

Heidfeld konnte im vergangenen Jahr als Sechster beim Saisonfinale punkten und jagte direkt hinter seinem Teamkollegen über die letzte Ziellinie 2007: "Von der Streckenführung her ist Interlagos sehr schön und fahrerisch anspruchsvoll, bekanntlich auch für die Nackenmuskulatur. Die Stadt São Paulo finde ich eigentlich cool, aber man hat auch immer die ganzen Geschichten von Überfällen im Hinterkopf, von denen man jedes Jahr hört."

Auch Teamkollege Kubica hat in Brasilien eine besondere Herausforderung erkannt: "Interlagos ist eine sehr anspruchsvolle und interessante Strecke. Mein erster Einsatz dort war 2002 in der Formel Renault, und in den vergangenen beiden Jahren war ich mit dem BMW Sauber F1 Team am Start. Interlagos ist vor allem physisch sehr anstrengend, weil man im Gegenuhrzeigersinn fährt. Das sind wir nicht gewöhnt, deshalb spürt man das vor allem im Nackenbereich. Ich liege auf Position drei in der Fahrerwertung und habe sechs Punkte Vorsprung auf Kimi, und natürlich ist es mein Ziel, diesen Platz zu verteidigen."

Theissen erwartet neuen Krimi in Brasilien

"Im Vorjahr fiel die Titelentscheidung erst im letzten Saisonrennen in Brasilien in einem Thriller", erinnerte Mario Theissen an den "Kimi-Krimi" von 2007. "Vielleicht erleben die Formel-1-Fans auch in diesem Jahr einen vergleichbaren Krimi zum Finale. Zwei Fahrer haben in São Paulo noch die Chance, Weltmeister zu werden", fasste der BMW Motorsport Direktor voller Vorfreude zusammen.

"Vielleicht erleben die Formel-1-Fans auch in diesem Jahr einen vergleichbaren Krimi zum Finale." Mario Theissen

"Die Strecke ist abwechslungsreich, das Wetter allerdings auch. Die Motoren werden auf der langen und ansteigenden Start-Ziel-Geraden besonders gefordert. Die Steigung macht auch den Start sehr spannend. Eine Besonderheit ist die Höhenlage von São Paulo: Aufgrund der geringen Luftdichte leisten die Motoren dort ca. acht Prozent weniger als auf Meereshöhe. Wir freuen uns sehr auf das Finale und wollen dort zum Saisonabschluss noch einmal ein überzeugendes Ergebnis einfahren."

Theissen nutzte den Moment vor dem letzten Saisonrennen schon für eine erste Bilanz: "Für uns geht die erfolgreichste Saison seit Bestehen des BMW Sauber F1 Teams zu Ende. Wir haben unsere ambitionierten Ziele zum dritten Mal in Folge erreicht. Wir haben uns nicht nur von Beginn an als eines der drei Top-Teams präsentiert, wir haben auch unseren ersten Sieg eingefahren. Dass dies in Kanada gleich ein Doppelsieg wurde, war natürlich umso schöner. Wir haben bislang elf Podestplätze geschafft, im Vorjahr waren es nur zwei. Allein das dokumentiert den großen Schritt, den wir gemacht haben."

"Außerdem ist Nick in Malaysia unsere erste schnellste Rennrunde gefahren, Robert hat uns in Bahrain die erste Poleposition beschert", zählte der BMW Motorsport Direktor weitere Erfolge auf. "Darüber hinaus haben wir nun 34 Rennen in Folge gepunktet - das ist keinem anderen Team gelungen. Zuletzt sind wir beim Saisonfinale 2006 in Brasilien leer ausgegangen. Das alles kommt nicht von ungefähr: Unsere Trümpfe in dieser Saison sind eine perfekte Zuverlässigkeit, eine meist exzellente Rennstrategie, hervorragende Arbeit bei den Boxenstopps und eine sehr geringe Fehlerquote der Fahrer."

Das BMW Sauber F1 Team zum Anfassen

Die Bilanz ist positiv, die Ziele für 2009 höchst ambitioniert: "Bei der reinen Performance müssen wir im Vergleich zu Ferrari und McLaren-Mercedes noch nachlegen. Auch haben wir in der zweiten Saisonhälfte nicht die Fortschritte gemacht, die wir uns erhofft hatten. Einige Entwicklungsprojekte haben auf der Strecke nicht den erwarteten Gewinn an Leistung gebracht. Aber ich bin überzeugt, dass wir daraus die richtigen Schlüsse für 2009 ziehen. Denn im kommenden Jahr wollen wir um den WM-Titel mitkämpfen."

"Gefragt sind hier eine gute Traktion und Fahrzeugbalance." Willy Rampf

Für technischen Schlüsse im Hinblick auf die kommende Saison ist Willy Rampf zuständig. Der Technische Direktor erklärte: "Der Große Preis von Brasilien wird für uns der Abschluss einer sehr erfolgreichen Saison, und natürlich wollen wir hier einen positiven Schlusspunkt setzen. Zusammen mit dem Istanbul Park und Singapur ist Interlagos eine der wenigen Strecken, auf der entgegen dem Uhrzeigersinn gefahren wird. Der entscheidende Sektor ist der mittlere, wo Kurve auf Kurve folgt. Gefragt sind hier eine gute Traktion und Fahrzeugbalance."

"Im ersten und dritten Sektor ist Top-Speed wichtig, wobei vor allem der Anstieg der Start-Ziel-Geraden viel Motorleistung erfordert", sagte Rampf mit Blick auf die Strecke von Interlagos. "Dort bietet sich auch eine gute Überholmöglichkeit, genau wie am Ende der Geraden in Sektor eins. 2007 wurde die Strecke neu asphaltiert, wodurch viele Unebenheiten verschwunden sind. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als wir die weichsten Reifenmischungen verwendeten, kommen nun die mittleren Typen zum Einsatz."

Vor der Abreise nach Brasilien legen die Fahrer und die Teamführung noch einen Boxenstopp in München ein. Kubica besucht am heutigen Freitag die BMW Werke in Landshut und Dingolfing. Am Samstag sind er und Heidfeld, die Testpiloten Christian Klien und Marko Asmer sowie Mario Theissen, Willy Rampf und Peter Sauber beim BMW Sauber F1 Team Race Club Fan Event in und an der BMW Niederlassung Fröttmaning im Einsatz. Im vergangenen Jahr kamen rund 1.000 Mitglieder des Fanclubs nach München. Höhepunkte der Veranstaltung werden erneut die Demofahrten mit dem Formel-1-Wagen auf einer abgesperrten Straße.