Hamilton: Zwischen Bodenständigkeit und Jetset

Bodenständigkeit ist Lewis Hamiltons Maxime für die Saison 2008, zuletzt machte er aber vor allem als fleißiger Jetsetter Schlagzeilen

(Motorsport-Total.com) - Harte Arbeit, Bodenständigkeit und Zurückhaltung wurden von Lewis Hamilton als Erfolgsrezept für seinen zweiten Angriff auf den WM-Titel angegeben, aber in den vergangenen Wochen entdeckte der McLaren-Mercedes-Pilot offenbar die Welt des Jetsets für sich. Zumindest führte er seit dem Ende der vergangenen Formel-1-Saison ein recht öffentliches Leben.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Mann des Jahres 2007 für das Männermagazin 'GQ': Lewis Hamilton

Hamilton nahm gleich nach dem letzten Grand Prix in Brasilien mehrere PR-Termine wahr, stellte sich immer wieder in den Dienst einer guten Sache - zum Beispiel verbrachte er einen Tag in einem Kinderkrankenhaus -, gönnte sich zwischendurch aber den einen oder anderen etwas angenehmeren Ausflug. So zog er unlängst mit Supermodel Naomi Campbell in London um die Häuser, was aufflog, als sie von Fotografen dabei erwischt wurden, wie sie mit ihrer Limousine anhielten, um eine Schachtel Zigaretten zu kaufen.#w1#

Inspiration für einen Ex-Beatle

Durch seine in Großbritannien fast schon unwirkliche Berühmtheit, erlangt in weniger als einem Jahr, zählt der 22-Jährige inzwischen High-Society-Promis wie die US-Rapper P. Diddy und Pharrell Williams zu seinen engsten Freunden. Ex-Beatle Sir Paul McCartney ging am Rande der 'GQ'-Awards zu Hamiltons Tisch, um ihn als "Inspiration" zu loben, und auf diversen Award-Galas gibt es für die VIP-Frauen nur noch einen Traummann, wenn sie von Klatschreportern nach dem Typ des Abends gefragt werden: Hamilton.

"Du bist eine Inspiration für mich!" Paul McCartney

Der Hype um den Vizeweltmeister hat inzwischen so dramatische Ausmaße angenommen, dass er am vergangenen Wochenende sogar eine Einladung von Nelson Mandela zum Welt-AIDS-Tag ablehnen musste, weil er in London gleich mit drei 'Autosport'-Awards überhäuft wurde - und das war für ihn ein Pflichttermin, schließlich hatte er im Rahmen der 'Autosport'-Gala vor zwölf Jahren erstmals seinen heutigen Teamchef Ron Dennis getroffen und ihn gebeten, ihm eines Tages eine Chance in der Formel 1 zu geben.

Die Erinnerung an jenen denkwürdigen Tag ist bei Hamilton immer noch recht ausgeprägt: "Es war keine Schlange bei ihm. Mein Dad hat gesagt: 'Lewis, das ist Ron Dennis.' Als Junge von gerade mal zehn Jahren wusste ich nur, dass die McLarens rot und weiß waren und dass er der Chef des Teams war. Es war eine gute Unterhaltung. Er nahm sich viel Zeit für mich und ist heute noch derselbe Mensch wie damals", so der vierfache Grand-Prix-Sieger.

Keine Zeit für Nelson Mandela

Trotz dieser schönen Erinnerungen tat es ihm weh, Mandela absagen zu müssen: "Wenn ich vor einem Jahr versucht hätte, Nelson Mandela zu kontaktieren, wäre ich wahrscheinlich erschossen worden", schmunzelte er gegenüber der 'Times'. "Ich bin enttäuscht. Er ist ein alter Mann und ich hasse den Gedanken, dass das vielleicht die letzte Gelegenheit gewesen sein könnte, ihn zu treffen." Die 'Autosport'-Awards hätte er aber eigenen Angaben nach nur für Muhammad Ali oder Michael Jackson abgesagt: "Das sind die einzigen Megastars für mich!"

"Wenn ich vor einem Jahr versucht hätte, Nelson Mandela zu kontaktieren, wäre ich wahrscheinlich erschossen worden." Lewis Hamilton

Der neue Jetset im Leben des Scheidungskindes spiegelt sich auch darin wider, dass er nach reiflicher Überlegung doch beschlossen hat, seine Heimat zu verlassen und in die Schweiz zu ziehen. Ausschlaggebend sollen letztendlich aber weniger steuerliche Vorteile gewesen sein als vielmehr die unerträgliche Berühmtheit. Die Eidgenossen sind nämlich dafür bekannt, selbst dann zurückhaltend zu agieren, wenn sie einen Prominenten auf der Straße antreffen - Michael Schumacher, Kimi Räikkönen und Co. können ein Liedchen davon singen.

Angesichts all dieser Neuerungen blieb Hamiltons "altes" Leben ein wenig auf der Strecke - ebenso wie zum Beispiel auch seine Langzeitfreundin Jodia Ma, von der er zu wissen glaubt, dass sie ihn immer noch liebt. Aber offenbar hatte doch David Coulthard recht, der seinem um 14 Jahre jüngeren Landsmann schon vor Monaten prophezeit hat, dass er früher oder später "seine erste Supermodel-Freundin" haben wird - auch wenn die Gerüchte um eine Romanze mit Flavio Briatores Ex-Flamme Campbell offiziell immer noch dementiert werden.

WM-Titel 2008 ist der große Traum

Sportlich gesehen will der McLaren-Mercedes-Pilot von nun an trotz allem "doppelt so hart" arbeiten, denn: "Wir haben 2007 nicht gewonnen, ganz einfach. Ich sage nicht, dass ich 2008 Weltmeister werde - es wäre nicht realistisch, so etwas jetzt schon anzukündigen. Aber ich habe noch lange nicht mein Limit erreicht und was mich angeht, ist der Himmel mein Limit. Ich denke nur an das nächste Rennen und wie ich noch besser werden kann als beim letzten Mal."

Lewis Hamilton

Das Formel-1-Cockpit ist sozusagen das natürliche Umfeld von Lewis Hamilton Zoom

"Man kann nicht immer gewinnen, aber man muss verlieren, um zu lernen, wie man gewinnt. Wir sind nicht Weltmeister geworden, aber vielleicht war das nicht das Schlechteste", gab Hamilton philosophisch zu Protokoll. Am wichtigsten sei es, "den Kopf immer hochzuhalten, denn ich ging in diese letzten Rennen und hatte immer die Unterstützung des Teams - trotz aller Probleme, die wir hatten. Das zeigt, dass man alles erreichen kann, wenn man arbeitet, die Nase nicht zu hoch trägt und konzentriert bleibt."

Keine Frage: Nach seiner unglaublichen Premierensaison, der spektakulärsten in der Geschichte der Formel 1, hat es sich Hamilton verdient, einmal auszuspannen, die Sau rauszulassen und in puncto Jetset zumindest für ein paar Wochen jene Vorzüge genießen, die ein Weltstar - und in diese Kategorie fällt er schon jetzt ohne jeden Zweifel - eben genießen kann. Und wenn er 2008 wirklich Weltmeister wird, hat er sowieso schon immer alles richtig gemacht...