Silberner Doppelsieg in der "Höhle des Löwen"!

WM-Vorentscheidung in Monza: Alonso gewinnt vor Hamilton und Räikkönen, Massa ausgeschieden - Heidfeld (4.) und Rosberg (6.) in den Punkten

(Motorsport-Total.com) - Wann hat man Ron Dennis schon einmal weinen gesehen? Heute! Unglaubliche Szenen spielten sich nach dem McLaren-Mercedes-Doppelsieg im sonnigen Monza ab, in der "Höhle des Löwen" quasi - in der Heimat von Ferrari. Von Dennis fiel nach dieser Sternstunde angesichts der aktuellen politischen Querelen viele, viele Steine ab - vielleicht sein größter Triumph als Teamchef.

Titel-Bild zur News: Podium in Italien 2007

Die Silbernen jubeln, der Rote enttäuscht - eine Vorentscheidung in der WM?

Doppelweltmeister Fernando Alonso bestätigte seine überragende Performance von Freitag und Samstag, geriet heute zu keinem Zeitpunkt in Gefahr und verkürzte damit seinen Rückstand in der Weltmeisterschaft auf Lewis Hamilton auf drei Punkte. Und das Allerbeste aus silberner Sicht: Felipe Massa (Ferrari) schied gleich zu Beginn aus, sein Stallgefährte Kimi Räikkönen verlor als Dritter ebenfalls wertvollen Boden - wahrscheinlich eine Vorentscheidung in der Weltmeisterschaft!#w1#

Bescheidener Start von Hamilton

Dabei hatte es auf den ersten Metern nicht so ausgesehen, als würde es für die Silberpfeile eine Spazierfahrt im Königlichen Park werden: Alonso münzte seine Pole Position zwar eiskalt in die Führung um, doch Hamilton fiel beim Beschleunigen hinter Massa zurück, drückte sich aber beim Anbremsen der Schikane außen am Brasilianer vorbei. Dabei kam es sogar zu einer leichten Berührung, Hamilton musste abkürzen, aber im legalen Rahmen.

Von da an hatte der Alonso/Hamilton-Express an der Spitze erst einmal leichtes Spiel, gefolgt von den beiden Ferraris, denn Räikkönen hatte am Start den BMW Sauber F1.07 von Nick Heidfeld überholt. Dessen Teamkollege Robert Kubica kam als Sechster aus der ersten Runde zurück, gefolgt von Heikki Kovalainen (Renault), Nico Rosberg (Williams-Toyota), Jenson Button (Honda) und Mark Webber (Red-Bull-Renault) in den Top 10.

Lewis Hamilton

Lewis Hamilton (rechts) musste am Start die erste Schikane abkürzen Zoom

Das Feld kam weitgehend sauber durch die enge erste Kurve, nur Sebastian Vettel (Toro-Rosso-Ferrari) musste am Ende der Runde mit beschädigter Frontpartie die Box ansteuern - und David Coulthard (Red-Bull-Renault) crashte infolge einer Berührung mit Giancarlo Fisichella (Renault) in der Curva Grande schwer. Daraufhin musste das Safety-Car kurz auf die Strecke, in der siebenten Runde konnte das Rennen aber wieder freigegeben werden.

Safety-Car-Phase schadete McLaren-Mercedes

McLaren-Mercedes verlor mit der Zweistoppstrategie dadurch fünf Runden, in denen man den Vorsprung hätte vergrößern können, doch Alonso und Hamilton waren auch so schnell genug, um die Ferraris in Schach zu halten - beziehungsweise den Ferrari, im Singular: Massa, bei dem es schon vor dem Start regen Funkverkehr gegeben hatte, musste nach zehn Runden die Box ansteuern, weil sein F2007 den Dienst versagt hatte.

In der Folge zog sich das Feld relativ rasch auseinander, doch in Runde 18 eröffnete Hamilton die erste Serie der Zweistopper. Zwei Runden später kam Alonso rein, noch eine Runde später Heidfeld und im 23. Umlauf auch Kubica, bei dem es allerdings Probleme gab, weil das Auto vom Wagenheber rutschte, weswegen der Stopp gut 17 Sekunden dauerte. Räikkönen erbte dadurch vorübergehend die Führung und witterte angesichts seiner Einstoppstrategie sogar kurz Morgenluft.

Fernando Alonso hinter dem Safety-Car

Das Safety-Car kam von der zweiten bis zur siebenten Runde auf die Strecke Zoom

Als die zweiten Stopps der Silberpfeile anstanden - Alonso hatte zu jenem Zeitpunkt bereits mehr als fünf Sekunden Vorsprung auf Hamilton -, kam es dann zum Highlight im Rennen: Hamilton stand in der 40. Runde 6,0 Sekunden an der Box und kam knapp zwei Sekunden hinter dem "Iceman" auf die Strecke zurück. Allerdings machte er diesen Rückstand mit ein paar tollen Sektorenzeiten binnen weniger Kilometer zunichte.

Sensationelles Überholmanöver von Hamilton

In der 43. Runde dann das Manöver des Jahres: Hamilton saugte sich im Windschatten an Räikkönen heran, bremste innen ungemein spät, kam leicht ins Rutschen, fing seinen MP4-22 aber mit unglaublicher Fahrzeugbeherrschung ab und konnte so korrekt durch die erste Schikane fahren - Räikkönen musste zum Leidwesen der italienischen Fans, bei denen die Stimmung anschließend genau wie in der Ferrari-Box im Keller war, zurückstecken.

An der Spitze war damit alles entschieden, Alonso fuhr 6,0 Sekunden vor Hamilton, 27,3 vor Räikkönen und 56,5 vor Heidfeld über die Ziellinie. Kubica arbeitete sich noch auf Platz fünf nach vorne, unter anderem mit einem kompromisslosen Manöver gegen Rosberg außen nach Start und Ziel - aber auch Rosberg darf zufrieden sein: Als Sechster sammelte er nach einer starken Leistung drei wertvolle Punkte für die Konstrukteurs-WM.

Rosberg erneut mit starker Vorstellung

Jenson Button und Nico Rosberg

Nico Rosberg steckte 21 Runden lang hinter Jenson Button fest, ehe er überholte Zoom

Vielleicht wäre sogar noch mehr drin gewesen, aber der Williams-Toyota-Pilot steckte bis in die 21. Runde hinter Buttons Honda fest, obwohl er wesentlich schneller hätte fahren können. Apropos Honda: Hinter Rosberg und Kovalainen, der unauffällig, aber sehr effektiv unterwegs war, holte Button für die Japaner den zweiten WM-Punkt in dieser Saison. Webber wurde 3,7 Sekunden hinter ihm Neunter, Rubens Barrichello (Honda) Zehnter.

Keine Akzente setzen konnte Alexander Wurz (Williams-Cosworth), der zwar durch den längsten ersten Stint des gesamten Feldes - bis in die 38. Runde - zwischenzeitlich auf Platz sieben geführt wurde, deswegen aber sogar hinter Fisichella zurückfiel und nur 13. wurde. Bereits zu Beginn hatte er Jarno Trulli (11./Toyota) vorbeilassen müssen, weil er nicht zuletzt wegen seiner hohen Benzinladung die Zeiten seiner direkten Konkurrenten nicht reproduzieren konnte.

Die weiteren Deutschen: Vettel spielte nach seinem Pech in der ersten Runde keine Rolle mehr, landete aber nur 5,3 Sekunden hinter seinem Teamkollegen Vitantonio Liuzzi an 18. Position, unmittelbar vor Adrian Sutil (Spyker-Ferrari), der seinerseits mit Sakon Yamamoto im zweiten F8-VII-B wesentlich mehr zu tun hatte als sonst in dieser Saison und sich im Stallduell gerade mal um 11,6 Sekunden durchsetzte. Ralf Schumacher (Toyota) wurde farbloser 15.

Nur zwei Ausfälle auf der Motorenstrecke

Insgesamt sahen 20 von 22 Autos die Zielflagge, elf davon sogar in der gleichen Runde wie Sieger Alonso, der insgesamt 306,720 Kilometer zurücklegen musste, um als erster der vier WM-Anwärter zum vierten Mal in diesem Jahr einen Grand Prix zu gewinnen. Die Freude im silbernen Lager war nach der Zieldurchfahrt wie erwähnt natürlich riesengroß, speziell bei Teamchef Dennis, der seiner Ehefrau Lisa mit tränengeröteten Augen spontan in die Arme fiel.

David Coulthard

David Coulthard verletzte sich beim Crash in der Curva Grande nicht Zoom

In der Weltmeisterschaft haben nun noch fünf Fahrer - auch Heidfeld - rechnerische Chancen, praktisch hat es sich aber bei vier noch ausstehenden Rennen auf ein Duell der McLaren-Mercedes-Stars zugespitzt: Hamilton führt drei Punkte vor Alonso, Räikkönen hat schon 18 Zähler Rückstand, Massa gar 23, was anders ausgedrückt bedeutet, dass die Silberpfeile nun schon mit dritten und vierten Plätzen den Titel holen können.

Auch bei den Konstrukteuren ist der Abstand trotz der 15 aberkannten Punkte von Ungarn angewachsen, dort führen die Silberpfeile nun mit 166:143 vor Ferrari. Dahinter folgen - auf ihren Positionen einzementiert - das BMW Sauber F1 Team und Renault, während Williams-Toyota nun schon neun Punkte vor Red-Bull-Renault und 13 vor Toyota liegt. Und weiter geht's ja schon in nur einer Woche im belgischen Spa-Francorchamps...