• 04.05.2004 14:43

  • von Marco Helgert

Symonds: Die Kraft der Reifen

Reifen-Exkurs: Nicht erst seit dieser Saison sind die Reifen eines der wichtigsten Puzzlestücke eines Formel-1-Autos

(Motorsport-Total.com) - Im Vorfeld des Spanien-Grand-Prix' sind die Formel-1-Reifen wieder in aller Munde. Der 'Circuit de Catalunya' gilt als Strecke, auf der die Pneus besonders gefordert werden. Umo wichtiger ist die Vorbereitung und das Verständnis der Reifen. Renaults Chefingenieur Pat Symonds erklärt die wichtigsten Zusammenhänge.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso (Renault R24)

Die Reifen werden in der Formel 1 in besonderer Weise belastet

"Barcelona ist ein typischer Reifenkurs", erklärte er. "Er übt nicht nur sehr hohe Kräfte auf die Reifen aus, sondern hat auch eine sehr raue Oberfläche, was das Ganze einzigartig herausfordernd macht. Im Gegensatz zu Strecken wie Malaysia, auf denen der Reifen auch viel Energie aufnehmen muss. Dort gibt es eine andere Streckenoberfläche."#w1#

"Wenn man über die Reifen redet, dann muss man zwischen der Reifenenergie und dem Reifenverschleiß unterscheiden", erklärte Symonds weiter. "Die Reifenenergie ist ein Maß dafür, wie viel Arbeit ein Reifen verrichten muss. Diese entspricht der Summe der Energie, die bei Kurvenfahrten, und beim Bremsen und Beschleunigen aufgebracht wird. Auch wenn dies getrennte Kräfte sind, die in unterschiedliche Richtungen wirken, so spielen sie dennoch zusammen, da ein Fahrer auch gleichzeitig lenkt und bremst oder beschleunigt. Diese Gesamtenergie beschreibt gut, wie hart ein Kurs zu den Reifen ist. Nun kann man für jeden Reifen getrennte Werte errechnen, um zu sehen, welcher Teil des Autos am meisten belastet wird."

Hinterreifen werden in Barcelona stärker belastet

Diese Analyse ergibt für die Strecke bei Barcelona interessante Erkenntnisse: "Der am meisten belastete Reifen ist links hinten. Wenn wir ihn mit 100 Prozent Belastung annehmen, dann erreicht der hintere rechte Reifen 86 Prozent davon. Links vorne sind es 62 und rechts vorne 42 Prozent. Der linke Vorderreifen muss also 150 Prozent der Belastung des rechten Vorderreifens ertragen, da der Kurs mit dem Uhrzeigersinn verläuft."

Doch die Strecke besitzt die Besonderheit, dass die Hinterreifen weit mehr belastet werden als die Vorderreifen. "Die Vorderreifen müssen nur 56 Prozent der Energie absorbieren, welche die Hinterreifen abbekommen. Dies ist ein Maß dafür, wie die Energie durch die Traktion und die Motorleistung erbracht wird."

Viel komplexer ist das Thema des Reifenverschleißes, der beschreibt, wie sehr ein Reifen darunter leidet, in ständigem Kontakt mit der Fahrbahn zu sein. "Was einen Reifen auf der Straße hält, ist mehr als nur Reibung", so Symonds. "Die Reifen sind relativ weich, sie können sich der Streckenoberfläche anpassen. Es gibt sogar einige Arten der Klebewirkung und zwischenmolekularen Anziehungskraft zwischen Reifen und Straße."

Laufleistung eines Reifens in Barcelona: 90 Kilometer

Ein Reifen kann jedoch auf einem Auto gut funktionieren, auf einem anderen schon nach einer halben Runde am Ende sein. "Verschiedene Autos oder verschiedene Einstellungen der Aufhängung an einem Auto können den Reifenverschleiß beeinflussen. Jeder Autobesitzer weiß, dass eine schlecht eingestellte Aushängung den Verschleiß erhöht. Aber in einem Rennauto sind diese Einstellungen auf die Gesamtleistung hin optimiert - dies kann also den Reifenverschleiß durchaus erhöhen."

Eine Grundregel ist jedoch für alle Autos gültig: "Je schneller man fährt, desto schneller verschleißt der Reifen - da gibt es keine Überraschung", so der Engländer. "Heutzutage erwartet man, dass Reifen auf einem Straßenauto mehr als 20.000 Kilometer halten. Auf einem Formel-1-Auto erwarten wir in Barcelona eine Laufleistung von zirka 90 Kilometern."

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