• 05.05.2004 09:51

  • von Marco Helgert

Regeländerungen: Die Entscheidungen im Detail

Mit einer überwältigenden Einstimmigkeit erklärten sich die Teams bereit, in naher Zukunft die Formel 1 neu zu gestalten

(Motorsport-Total.com) - Schneller als erwartet haben sich die Beteiligten der Formel 1 am Dienstag in Monaco geeinigt, die Regeln in der Königsklasse relativ kurzfristig umzuwerfen. "Es war ein sehr gutes Treffen. Wo ich eine hitzige Debatte erwartet hatte, gab es einfach keine. Das Treffen war sehr konstruktiv", so FIA-Präsident Max Mosley. "Wir sind alle Vorschläge durchgegangen und haben sie mit den Teams in einigen Details diskutiert. Dass diese Dinge schon eher als 2008 eingeführt werden sollten, darüber gab es eine große Einstimmigkeit."

Titel-Bild zur News: Max Mosley

Große Übereinstimmung, kaum Diskussionen - Max Mosley war erfreut

Einige der vorgeschlagenen Regeln werden daher schon 2006, andere erst 2008 Einzug halten. Überraschend schnell kam auch eine Einigung in der Motorenfrage zustande. "Ich denke, dass wir 2006 eine neue Motoren-Formel sehen werden", so Mosley. Ob die vorgeschlagenen 2,4-Liter-V8-Triebwerke das Licht der Welt erblicken werden, hängt von den Vorschlägen der Hersteller ab, welche in naher Zukunft folgen sollen. Auf jeden Fall sollen die Kosten bei den Motoren um 50 Prozent gesenkt werden.#w1#

"Ein Hersteller hat erklärt, dass wir derzeit eine Milliarde Euro pro Jahr ausgeben, um 14 der 20 Autos mit Motoren auszurüsten. Daher sollte es nicht so schwierig sein, die Kosten zu halbieren", so der FIA-Präsident. "Das wird einen großen Unterschied machen. Aber eine Milliarde Euro kann sich einfach niemand leisten, das ist einfach nicht tragbar.

Motorenhersteller werden eigene Vorschläge einbringen

"Die einzige Diskussion bei den Motoren drehte sich darum, ob es ökonomischer wäre, die Lebensdauer eines V10-Triebwerks zu verlängern, als auf die 2,4-Liter-Motoren zu wechseln. Dass Motoren mehrere Rennen halten sollen, ist voll akzeptiert, auch die Verringerung der Leistung. Selbst die standardisierte elektronische Steuereinheit (ECU) könnte vor 2008 Einzug halten. Aller anderen Vorschläge zu den Motoren werden wohl vor 2008 in Kraft treten."

Kleine Änderungen gab es auch an den Vorschlägen im Antriebsbereich. So sollen elektronische Differenziale weiter erlaubt bleiben. Da die Elektronik jedoch von der FIA geliefert werden würde, wäre dies kein Problem, da eine unerlaubte Traktionskontrolle so nicht mehr möglich ist. Auch die Getriebe werden wohl halbautomatisch bleiben. "Es wurde erklärt, dass wir wohl nie wieder zur alten H-Schaltung zurückkehren werden, das liegt hinter uns", so Mosley. "Aber es gab eine Übereinstimmung darüber, dass der kostengünstigste Weg gefunden werden sollte. Auch das Verbot der Traktionskontrolle und anderer elektronischer Fahrhilfen wird kommen."

Einheitsteile wird es auch an Bremsscheiben, -belägen und -zangen geben. Und das Gewichtslimit wird wohl nicht von 600 auf 550 Kilogramm fallen, sondern noch weit darunter liegen. "Die fehlende Elektronik und Technologie wird die Autos noch leichter machen, die Gewichtseinsparungen könnten also enorm ausfallen. Damit gehen jedoch auch einschneidende Veränderungen an der Aerodynamik und den Reifen einher."

Die Formel 1 könnte bald wieder mit Slicks fahren

Etwas überraschend kam für Beobachter auch die Einigkeit darüber, dass es in Zukunft kein Ersatzauto in der bisherigen Form mehr geben soll. Stattdessen soll in der Box, ähnlich der Formel 3000, ein Ersatzchassis bereitstehen, welches im Bedarfsfall aufgebaut wird. Die Einsatzautos wiederum sollen über Nacht im Parc Ferme verbleiben. Veränderungen an den Boliden sind möglich, jedoch kein Neuaufbau.

Für Furore könnte die Entscheidung sorgen, dass es künftig nur noch einen einzigen Reifenhersteller geben soll. "Es gab nur eine Diskussion darüber, was mit den derzeit gültigen Vertragen passiert, aber das ist lösbar", so Mosley. Einigkeit soll es jedoch darüber gegeben haben, dass nur ein Reifenhersteller viele Vorteile mit sich bringt. Die Reifentests würden gespart werden, jeder hätte die gleiche Grundlage und sicherheitstechnisch hätte man eine Eingriffsmöglichkeit, falls die Kurvengeschwindigkeiten zu stark ansteigen würden.

Gleichzeitig können sich die Formel-1-Fans Hoffnungen machen, dass die Boliden auch optisch wieder "richtige" Rennreifen bekommen. "Es könnte sogar sein, dass wir die Rillen (in den Reifen; d. Red.) aufgeben können und zur ganz normalen Slicks zurückkehren", so Mosley. "Die Reifen werden hinten breiter sein und vorne schmaler."

Das Qualifying-System der diesjährigen Saison steht seit dem ersten Rennen in Australien heftig in der Kritik. Mosley erinnerte die Teams daran, dass dieses System auf ihren Vorschlägen beruht. Nun wollen die Teams sich um eine Änderung bemühen und neue Vorschläge unterbreiten. Ein neuer Qualifikationsmodus könnte noch vor Ablauf der Saison 2004 in der Formel 1 Einzug halten.

Zwölf Teams sollen bald in der Formel 1 antreten

Um die Motorenhersteller dazu zu bewegen, mehr als nur ein Team auszurüsten, kamen auch ungewöhnliche Ideen auf den Tisch. So wurde eine Punktewertung der Motorenhersteller vorgeschlagen, wie sie auch in der CART-Serie üblich war. Sollten Chassis an andere Teams verkauft werden können, so sollte ein Chassishersteller auch für diese Autos Punkte bekommen. Eine Entscheidung in dieser Frage wird jedoch erst noch fallen.

Die Teams sträuben sich gegen einen freien Verkauf der Chassis, da dies die Gefahr in sich trägt, dass in absehbarer Zeit nur noch zwei oder drei Hersteller aktiv sind. Möglich wäre es daher, dass nur ein weiteres Team ausgerüstet werden darf. "Wir sollten dafür eine Lösung finden, und das wird auch passieren", so Mosley. "Wir wollen auf jeden Fall neue Teams ermutigen. Es gab auch eine Einigkeit darüber, dass zwölf Teams an der Formel 1 teilnehmen sollten."

Auch das Abstimmungsverhältnis in der Formel 1 wird geändert werden. Nach Ablauf des Concorde-Agreements werden die einstimmigen Abstimmungen der Vergangenheit angehören, eine einfache Mehrheit reicht dann aus. Stimmberechtigt sind jedoch nur die Teams, die in der Saison, für welche die Regeländerung gelten soll, in der Formel 1 eingeschrieben sind. Denkbar ist auch, dass bei Abstimmungen über Motorenfragen die Hersteller beteiligt werden.

"Ich denke, zusammengefasst ist es so, dass es, abgesehen von kleinen Details, eine überwältigende Zustimmung zu diesen revolutionären Vorschlägen gab", erklärte ein sichtlich erleichterter Mosley. Allein die Kostenreduzierung auf dem Motorensektor um 50 Prozent liegt nun in den Händen der Hersteller, die ihre Ideen nach internen Treffen bald publik machen dürften.

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