• 01.07.2012 13:19

  • von Stefan Ziegler

Wann ist der Druck am größten?

Qualifying, WM-Lauf oder Reparaturpause: Fahrer und Teamchefs der WTCC sind an einem Rennwochenende gleich mehrfach gefordert

(Motorsport-Total.com) - Rennfahrer stehen immer unter Beobachtung. Egal, wann sich die Piloten auf die Strecke begeben, sie werden auf Schritt und Tritt von den TV-Kameras verfolgt. Und jeder noch so kleine Fehler ist kurz darauf in Zeitlupe zu sehen. Mindestens genauso aufmerksam verfolgen auch die Teamchefs von ihren Kommandoständen, was ihre Fahrer im Einsatz zeigen. Der Druck fährt eben immer mit.

Titel-Bild zur News: Pepe Oriola

Die TV-Kamera ist immer dabei, wenn die WTCC-Fahrer auf die Strecke gehen

Aber wann sind die Fahrer und Teamchefs der WTCC eigentlich am meisten gefordert? Im Qualifying, wenn es erstmals an einem Rennwochenende richtig ernst wird? Im Rennen, wenn über 20 Autos auf die erste Kurve zufahren? Oder vielleicht in der 15-minütigen Reparaturpause, wenn die Mechaniker der Teams waidwunde Fahrzeuge wieder flottmachen? Die Antwort: Jeder empfindet es anders.

Für Aon-Teamchef Mike Earle ist es beispielsweise das Zeittraining, das ihm die meiste Anspannung verschafft. "Die Qualifikation ist ein 30-minütiger Adrenalin-Schub", meint der Brite. Der Freitag stehe in einem krassen Gegensatz dazu. Unmittelbar vor dem Start ins Rennwochenende gehe es noch sehr ruhig zu: "Dann sitzen wir zusammen und überlegen, welche Strategie wir verfolgen wollen."

Meist kommt es aber doch ganz anders und die Teams müssen improvisieren. Dann sind speziell die Fahrer gefordert, wie Engstler-Teamchef Kurt Treml erklärt. Und wieder wird die Qualifikation als die größte Herausforderung genannt. "Wir können die Ausgangslage noch so gut timen, doch es ist der Fahrer, der zwei Minuten lang Zeit hat, all dies umzusetzen", meint Treml. "Es gibt nur eine Chance."

Auf dieser einen schnellen Runde muss alles passen. "Dann ist es schon vorbei. Mehr gibt der Reifen nicht mehr her", sagt Treml und fügt hinzu: "Ich muss da eine Lanze für die Fahrer brechen. Sie sind da maximal belastet, um es auf den Punkt zu bringen. Das können die Wenigsten." Aufregend ist aber auch die Vorstart-Phase, wenn der Renn-Countdown läuft, merkt Aon-Teammanager Alan Cole an.

Und dann ist es auch am Kommandostand mit der Ruhe vorbei: "Etwa zehn Minuten vor dem Start jedes Rennens werde ich allmählich nervös. Als ich noch selbst Rennen fuhr, war das aber nicht so", meint Cole. Vielleicht liegt das daran, dass ihm als Teammanager über weite Strecken - bis auf den Funkkontakt - die Hände gebunden sind, wenn seine Piloten erst einmal in das Rennen gestartet sind.

Doch weil in der WTCC zwei Rennen absolviert werden, ist der Spuk nach einem Durchgang natürlich nicht vorbei. Oftmals kehren die Fahrzeuge nämlich mit Schäden in die Boxengasse zurück. Und dann sind die Mechaniker gefordert. "Das ist eine sehr stressige Situation. Die Jungs arbeiten sehr hart, um es zu schaffen. Das ist nicht einfach", sagt Tiago Monteiro, der das aus der Fahrerperspektive kennt.

"Manchmal vollbringen die Mechaniker auch kleine Wunder. Am Slovakiaring zum Beispiel: Zwölf Mann arbeiteten an meinem Auto, nachdem mich James Nash von hinten getroffen hatte. Meine Hinterachse war komplett hinüber. Noch während des Rennens bauten die Mechaniker dieses Teil komplett aus. Dann mussten sie für den Parc Fermé aufhören." Was blieb, war ein enges Zeitfenster.


Fotos: Das ETCC-Finale 2012


"Zum Schluss hatten sie nur noch 15 Minuten, um alles wieder zusammenzusetzen", berichtet Monteiro und merkt an: "Danach war das Auto wieder in Ordnung. Sie hatten klasse Arbeit geleistet. Leider stoppte mich dann aber ein Elektronikdefekt." Dagegen ist ein Fahrer machtlos. Genau wie in der Reparaturpause. "Ich kann da nicht viel tun", sagt Monteiro. "Ich kann eigentlich nur abwarten."