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  • 29.12.2010 14:43

  • von Stefan Ziegler

Rückblick 2010: SEAT

Die Leistung der SEAT-Fahrer im zehnten Teil des Saisonrückblicks: Wie sich die Ex-Werkspiloten und die WTCC-Neulinge 2010 präsentierten

(Motorsport-Total.com) - 22 Sprintrennen auf vier Kontinenten, 20 Stammfahrer in zehn Teams, vier Titelanwärter auf drei Marken und ein großer Sieger: Die WTCC-Saison 2010 begeisterte von März bis November mit spannenden WM-Läufen und vielen spektakulären Duellen. 'Motorsport-Total.com' blickt zurück auf ein Rennjahr, das Yvan Muller und Chevrolet als Titelträger sah. Heute: SEAT.

Titel-Bild zur News: Jordi Gené

Ein Jahr mit Höhen und Tiefen: SR-Fahrer Jordi Gené bei der Premiere in Zolder

Die Entscheidung kam spät, doch ihre Auswirkungen waren groß: Im Januar 2010 gab SEAT im Hinblick auf die bevorstehende Saison bekannt, kein Werksteam mehr in der WTCC an den Start zu schicken - die fünf Piloten standen zunächst also auf der Straße und musste um ihren Verbleib in der Tourenwagen-WM bangen. Wenige Wochen später gab es aber mehr Dieselautos als jemals zuvor.

Was war geschehen? Rickard Rydell verzichtete auf ein weiteres Rennjahr in der WTCC, doch seine früheren Teamkollegen Jordi Gené, Tiago Monteiro sowie Weltmeister Gabriele Tarquini und Tom Coronel kamen beim neugegründeten SR-Team unter, einer Zweigstelle von Sunred. Teamchef Joán Orus erweiterte seinen Rennstall um vier Fahrzeuge und fing die ehemaligen SEAT-Werksfahrer auf.

Auch ohne Werksteam ist der TDI siegfähig

Parallel dazu sicherte sich der Spanier die Dienste von Fredy Barth und Michel Nykjaer, die sich in den vergangenen Jahren bereits in diversen Markenpokalen und nationalen Rennserien in Szene gesetzt hatten. Einen weiteren Neuzugang konnte SEAT in Norbert Michelisz vermelden. Der Ungar stieg mit dem Zengõ-Team in die Tourenwagen-WM auf und erhöhte die Anzahl der TDIs auf sieben.

Zwar fehlte den SEAT-Piloten nun der Werksstatus, doch als "SEAT Customers Technology" mischte das Septett dennoch munter in den vorderen Punkterängen mit. 641 Zähler und Rang zwei in der Herstellerwertung sowie insgesamt acht Laufsiege durch Tarquini (5), Monteiro (2) und Michelisz (1) sprechen eine deutliche Sprache: Der SEAT León TDI zählte auch 2010 noch zu den Topautos.

Tiago Monteiro, Gabriele Tarquini

Gabriele Tarquini (li.) und Tiago Monteiro siegten 2010 beide mehrfach für SR Zoom

Die Titelverteidigung blieb den Spaniern zwar verwehrt, doch SEAT-Sportchef Jaime Puig wertet die Saison 2010 dennoch als großen Erfolg für seine Marke: "Ich denke, wir konnten unter Beweis stellen, dass unsere Privatteams mit diesem Material um die Spitze kämpfen können. Damit sind wir sehr zufrieden", sagt Puig gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Wie viel mehr kann man denn erwarten?"

Privatfahrer und doch keine Privatfahrer...

"Unsere Teams traten 2010 gegen Werksteams an und Gabriele, Tiago und Norbert gewannen Rennen. Damit dürfen unsere Rennställe durchaus zufrieden sein, zumal sich auch unsere Neulinge prima geschlagen haben", meint der SEAT-Sportchef. In der Tat: Michelisz, Nykjaer und Barth hatten das Geschehen in der Rookiewertung sicher im Griff und zeigten ihr großes Potenzial mehrfach auf.

Doch genau hier ist der Haken: Sämtliche TDI-Fahrer gingen zwar für Privatteams an den Start, waren aber keine Privatiers. Eine kuriose, aber verständliche Situation - WM-Promoter Marcello Lotti hatte schließlich einmal versprochen, keine Dieselautos in der Independents' Trophy zuzulassen. Demnach fristeten die sieben SEAT-Piloten in der Saison 2010 ein Dasein als Privatiers, ohne Privatiers zu sein.

Fredy Barth

Privatfahrer oder nicht? Der Schweizer Fredy Barth debütierte 2010 in der WTCC Zoom

"Wir sind eben Geister und bewegen uns in einer Art Zwischenwelt", witzelte Monteiro schon im Frühjahr. "Wie wir uns bezeichnen müssen, wissen wir gar nicht so genau. Man könnte es vielleicht so sagen: Wir sind Privatfahrer, die vom Hersteller unterstützt werden. Im Prinzip sind wir ein privates Team mit ehemaligen Werksfahrern, die inoffiziell von SEAT unterstützt werden", so der Portugiese.


Fotos: WTCC-Highlights 2010: SEAT


Der "alte" SEAT León TDI mischt noch immer mit

"Wir bringen noch immer das gleiche Auto, doch unsere technischen und wirtschaftlichen Ressourcen sind ganz andere", ergänzt SR-Teamkollege Tarquini. "Wir sind halt nicht mehr das SEAT-Team. Die Situation ist eine vollkommen andere. Es ist knifflig, weil wir nicht die Ressourcen des vergangenen Jahres haben" - Entwicklungsarbeit am León und Testfahrten fanden 2010 quasi überhaupt nicht statt.

Seine hervorragenden Eigenschaften hatte der SEAT León TDI aber nicht eingebüßt, nur weil plötzlich andere Teams für den Einsatz der Autos verantwortlich zeichneten - speziell auf den schnellen Kursen im Kalender der WTCC waren die spanischen Fahrzeuge noch immer eine Klasse für sich. Diesen Umstand nutzte vor allem Tarquini zu seinen Gunsten und hielt sich so lange Zeit im Titelkampf.

Norbert Michelisz

Auf den langen Geraden - wie hier in Macao - zeigt der TDI dem Rest das Heck Zoom

Nach fünf Saisonsiegen und etlichen Podien reichte es für den Italiener mit 276 Punkten zum zweiten Platz hinter Muller, Monteiro (177) klassierte sich auf Rang fünf. Coronel (136) und Michelisz (104) erreichten abschließend ebenfalls die Top 10 - Nykjaer, Gené und Barth reihten sich auf den Positionen elf bis 13 ein. Besser hätte das SEAT-Gesamtergebnis wohl kaum ausfallen können.

Das interne Teamwork macht sich bezahlt

Und das, obwohl Teamtaktik auf der Strecke nicht in der Form praktiziert wurde, wie es in den vergangenen Jahren der Fall gewesen war. Bei SR und Sunred arbeitete man vielmehr schon in der Boxengasse noch intensiver zusammen als bisher. "Bei uns sitzen alle Ingenieure an einem Tisch", erklärt Barth. "Wir haben ein Netzwerk und können auf alle Daten zugreifen - als große Mannschaft."

Darüber hinaus sparen die erfahrenen Piloten nicht mit Hinweisen und Tipps: "Wir tauschen uns regelmäßig aus", bestätigt Barth. "Gabriele ist zum Beispiel ein Schlitzohr durch und durch. Von so jemandem kann man nur lernen - auf allen Ebenen. Er hat unheimlich viel Erfahrung." Davon profitierten die SEAT-Neueinsteiger 2010 wesentlich - und konnten sich in der WTCC etablieren.

Gabriele Tarquini, Yvan Muller

Gabriele Tarquini (hinten) musste seinen WM-Titel 2010 an Yvan Muller abtreten Zoom

Ob sie allerdings im kommenden Jahr die Gelegenheit haben werden, genau darauf aufzubauen, ist noch nicht vollkommen klar. Nach aktuellem Stand der Dinge werden die SEAT-Rennställe 2011 wohl zunächst weiter mit dem Dieselmotor an den Start gehen und erst im Jahresverlauf auf den neuen 1,6-Liter-Turbomotor setzen. Und außer dem 16-jährigen Pepe Oriola ist bislang noch niemand gesetzt...¿pbvin|0|3365|wtcc|0|1pb¿

Der WTCC-Saisonrückblick 2010:

01. Das erste Saisondrittel
02. Das zweite Saisondrittel
03. Das dritte Saisondrittel
04. Die Privatierwertung
05. Die Rookiewertung
06. Fakten und Zahlen zur Saison
07. Team Wiechers
08. Team Engstler
09. BMW
10. Heute: SEAT
11. Chevrolet
12. Yvan Muller