• 21.12.2010 17:37

  • von Stefan Ziegler

Rückblick 2010: Das zweite Saisondrittel

Das Debüt in Zolder, die Achterbahnfahrt von Portimão, der Autostreit von Brands Hatch und die Wende im Titelkampf in Brünn: Teil 2 des Rückblicks

(Motorsport-Total.com) - 22 Sprintrennen auf vier Kontinenten, 20 Stammfahrer in zehn Teams, vier Titelanwärter auf drei Marken und ein großer Sieger: Die WTCC-Saison 2010 begeisterte von März bis November mit spannenden WM-Läufen und vielen spektakulären Duellen. 'Motorsport-Total.com' blickt zurück auf ein Rennjahr, das Yvan Muller und Chevrolet als Titelträger sah. Heute: Das zweite Saisondrittel.

Titel-Bild zur News: Robert Huff

Volle Kraft voraus im zweiten Drittel der Saison zur Tourenwagen-WM 2010

Nach drei der ursprünglich vier veranschlagten Rennevents - Mexiko wurde kurzfristig gestrichen - hatten sich bereits vier Piloten an der Tabellenspitze eingefunden, die auch in den folgenden Läufen die Hauptrolle spielen sollten: Yvan Muller (Chevrolet) führte vor dem Sommer mit 100 Punkten vor Gabriele Tarquini (SR/76 Zähler), Rob Huff (Chevrolet/76) und Andy Priaulx (BMW Team RBM/74).

Zolder (Belgien): Eine wenig spektakuläre Premiere

Mit dieser Ausgangslage reiste das Starterfeld der Tourenwagen-WM im Juni nach Belgien, wo der Circuit Zolder erstmals als Gastgeber für zwei Sprintrennen der WTCC fungierte. Das Wetter musste allerdings nachhelfen, um den Auftritt der Piloten abzurunden: In der Qualifikation war das richtige Timing gefragt, das im entscheidenden Q2 nur wenige Fahrer erwischten - plötzlich setzte Regen ein.

Während einige Piloten ihren frischen Reifensatz zu lange aufhoben, setzte Tarquini im Top-10-Finale alles auf eine Karte, fuhr früh hinaus und erntete den Lohn für seine risikoreiche Strategie: die Pole-Position von Belgien. Schon am Start musste sich der Italiener allerdings gegen seinen Stallgefährten Jordi Gené (SR) zur Wehr setzen, was im Positionswechsel der beiden SEAT-Piloten mündete.

Andy Priaulx

Andy Priaulx setzte sich im zweiten Lauf von Zolder knapp gegen die Rivalen durch Zoom

Gené raste vorneweg und sicherte sich den Sieg vor Tarquini, Muller und Alain Menu (Chevrolet), nur um nachträglich aus der Wertung genommen zu werden - technische Unregelmäßigkeiten. Dadurch verlor der Spanier seinen ersten Platz und viele wichtige Punkte, während die Rivalen profitierten. Ähnlich statisch gestaltete sich das zweite Rennen, das Priaulx von der Spitze aus souverän gewann.

Der britische BMW Pilot münzte die Pole-Position in einen lupenreinen Sieg um und bescherte seinem Teamchef Bart Mampaey bei dessen Heimspiel einen Besuch auf dem Podium. Im Hinterfeld ging es indes drunter und drüber: Harry Vaulkhard (Bamboo) verlor ein Rad und flog heftig ab, weitere Fahrer landeten ebenfalls im Aus. Echte Zweikämpfe waren auf den Topplätzen indes zumeist Mangelware.

Portimão (Portugal): Achterbahnfahrt an der Algarve

Dies sollte sich schon beim nächsten Event dramatisch verändern, denn im portugiesischen Portimão krachte es schon in der Qualifikation: Tiago Monteiro (SR), in Zolder als Dritter hinter Priaulx und Huff auf dem Siegertreppchen, geriet schon zu Beginn des Zeittrainings mit dem Sieger aus Belgien aneinander und beschädigte sich dabei sein Auto, weshalb es in der SR-Box ziemlich hektisch wurde.

Die Mechaniker schafften aber das beinahe Unmögliche und bugsierten Monteiro zurück auf die Strecke, wo der Lokalmatador prompt die schnellste Zeit hinknallte - Pole-Position vor heimischem Publikum! Das war aber nur die Ruhe vor dem Sturm, denn in den beiden Sprintrennen an der Algarve brannten die WTCC-Piloten ein wahres Feuerwerk an spannenden Duellen und Lackaustausch ab.

Start in Portimao 2010

Wehe, wenn sie losgelassen... - Portimão war 2010 definitiv eine Rennreise wert! Zoom

Das großzügig angelegte und herrlich in die Hügellandschaft Südportugals eingebettete Autódromo Internacional do Algarve lud die Fahrer geradezu zum Überholen ein, was im ersten Rennen zu einem aufregenden Vierkampf um den Sieg führte, den Monteiro hauchdünn gegen Muller, Tarquini und Augusto Farfus (BMW Team RBM) ins Ziel rettete. Für manche war dieser Lauf aber etwas zu hart.

Priaulx musste sein Fahrzeug nach einer Kollision an der Box abstellen, während bei Huff und Michel Nykjaer (Sunred) wieder einmal Reifenschäden auftraten. Auch Norbert Michelisz (Zengõ) hatte das Pech für sich gepachtet: Erst lag er in Lauf zwei in Führung, wurde dann durchgereicht und schied schließlich aus. Tarquini fuhr daher zu einem ungefährdeten Rennsieg vor Muller und Menu.

Brands Hatch (Großbritannien): Turkington glänzt gleich zweimal

Nur wenige Tage nach diesem Zieleinlauf wurde es politisch, denn das BMW Team RBM und einige Privatfahrer reisten mit einem älteren Modell des BMW 320si nach Brands Hatch und wollten sich den Gewichtsvorteil dieses Autos zunutze machen. Noch vor der Qualifikation schoben die Verantwortlichen diesem Treiben aber einen Riegel vor: Farfus und Priaulx mussten wieder umrüsten.

Entsprechend schwer taten sich die beiden, hatte die Konkurrenz doch bereits bei den vergangenen Events die bessere Geschwindigkeit an den Tag gelegt. Doch selbst der bis dato fehlerfrei agierende WM-Spitzenreiter Muller leistete sich in Großbritannien einen Ausrutscher: Einem kleinen Ausflug ins Kiesbett ließ der Franzose aber kurz darauf die Pole-Position folgen - Happyend für Chevrolet!

Colin Turkington

Gleich zweimal durfte Colin Turkington in Brands Hatch einen Pokal stemmen Zoom

Im ersten Rennen hätte die Cruze-Mannschaft erneut einen Dreifachsieg feiern könne, doch Menu ließ sich kurz vor Schluss auf Platz sieben zurückfallen und verschenkte seinen dritten Platz an Colin Turkington (WSR), der seit Portugal in der WTCC am Start war. Der nordirische Rennfahrer legte als amtierender BTCC-Titelträger seine ersten Rennmeter in diesem Jahr zurück und brillierte sofort.

Hinter Muller und Huff holte Turkington den dritten Platz, ehe er seinem furios fahrenden Landsmann Priaulx im zweiten Lauf als Zweiter ins Ziel folgte. Letzterer setzte seine Pole-Position für Rang acht einmal mehr perfekt um, profitierte aber auch von einer Kollision zwischen Farfus und Menu, seinen unmittelbaren Verfolgern. Diese fielen zurück und so nahm Tarquini noch an der Siegerehrung teil.

Brünn (Tschechien): Die großen Favoriten straucheln

Schienen Glück und Pech in der ersten Saisonhälfte noch recht ungleich verteilt zu sein, so änderte sich dies beim Tschechien-Event in Brünn schlagartig. Nicht zuletzt, weil die beiden britischen Titelanwärter Huff und Priaulx einmal mehr eine starke Rennleistung zeigten. Huff hatte schon in der Qualifikation eine Rekordrunde gezeigt und war tags darauf in Rennen eins überhaupt nicht zu halten.

Tarquini und Menu mussten sich in einem turbulenten Rennen mit den Positionen zwei und drei begnügen, doch Topfavorit Muller hatte es noch schlimmer erwischt: Beim Versuch, die in ein Duell verstrickten Michelisz und Turkington zu überholen, wurde der Franzose in Mitleidenschaft gezogen und abgeräumt. Sein Cruze erlitt heftige Beschädigungen - das Wochenende war damit gelaufen.

Yvan Muller

Yvan Muller im Kies: Der WM-Führende wurde unschuldig von anderen abgeräumt Zoom

Die Rivalen witterten daraufhin Morgenluft und ihre große Chance, den ersten und einzigen "Nuller" von Muller zu ihren Gunsten zu nutzen. Beim stehenden Start rauschten Turkington und Priaulx im Formationsflug an die Spitze des Feldes, wobei die interne Reihenfolge schon bald zugunsten des BMW Titelkandidaten verändert wurde. Der 50. BMW Sieg in der WTCC war nur noch Formsache.

Versüßt wurde das Jubiläum aus der Sicht der Münchener durch einen technischen Defekt bei Tarquini, der seinen qualmenden SEAT León TDI am Streckenrand abstellen musste. Muller mischte in Lauf zwei zwar wieder mit, die Top 10 verfehlte der Chevrolet-Pilot allerdings. Immerhin: Menu und Huff holten auf den Plätzen drei und vier wichtige Punkte. Die WM war aber nun wieder völlig offen...¿pbvin|0|2994|wtcc|0|1pb¿

Der WTCC-Saisonrückblick 2010:

01. Das erste Saisondrittel
02. Heute: Das zweite Saisondrittel
03. Das dritte Saisondrittel
04. Die Privatierwertung
05. Die Rookiewertung
06. Fakten und Zahlen zur Saison
07. Team Wiechers
08. Team Engstler
09. BMW
10. SEAT
11. Chevrolet
12. Yvan Muller